Eine asymptomatische Verringe-
rung der Herzfunktion geht bei den
vielen Patienten mit klinisch mani-
fester Herzinsuffizienz den eigentli-
chen Symptomen voraus. Wie hoch
das Progressionsrisiko genau ist, da-
rüber gibt eine Metaanalyse Aus-
kunft. Forscher aus den USA haben
insgesamt 13 Publikationen ausge-
wertet, die Infos zur Entwicklung
einer symptomatischen Herzinsuffi-
zienz auf dem Boden einer asymp-
tomatischen ventrikulären Funkti-
onsstörung enthielten (Heart Failu-
re 2015; online 9. Dezember). Die
Publikationen liefern Daten zu über
25000 initial asymptomatischen
Teilnehmern, die im Mittel knapp
acht Jahre lang begleitet wurden.
Erwartungsgemäß war das Risi-
ko einer symptomatischen Herz-
insuffizienz bei jenen Menschen am
größten, die eine eingeschränkte
linksventrikuläre Funktion hatten.
Pro 100 Personenjahre entwickelten
bei reduzierter Ejektionsfraktion 8,4
Personen eine symptomatische
Herzinsuffizienz. Etwas günstiger
war die Prognose für Patienten mit
asymptomatischer
diastolischer
Herzinsuffizienz. Hier wurden nur
2,8 Patienten pro 100 Personenjah-
re symptomatisch. Das war aber
immer noch zwei- bis dreimal so
viel wie in den Vergleichspopulatio-
nen der Probanden ganz ohne vent-
rikuläre Funktionsstörungen. In
dieser Gruppe lag die Quote der
Patienten, die eine symptomatische
Herzinsuffizienz entwickeln, bei
1,04 pro 100 Personenjahre.
Nach Adjustierung für eine Viel-
zahl an Störgrößen war das Risiko,
eine symptomatische Herzinsuffizi-
enz zu entwickeln, bei Personen mit
systolischer Funktionsstörung 4,6
Mal und bei Probanden mit diasto-
lischer Funktionsstörung 1,7 Mal
so hoch wie bei Herzgesunden. Die
Autoren plädieren dafür, besonders
die asymptomatische linksventriku-
läre systolische Dysfunktion stärker
als bisher als ein Fenster für Scree-
ning oder präventiv ausgerichtete
Therapien anzusehen.
(gvg)
Ejektionsfraktion
als Indikator für
Herzschwäche
Forscher haben das Pro-
gressionsrisiko von asym-
ptomatischen Herzfunkti-
onsstörungen ermittelt.
METAANALYSE
In der Zeitschrift Clinical Research in
Cardiology wurde Ende Januar 2016
die Krankenhausmortalität aller deut-
schen Patienten veröffentlicht, die
einen Aortenklappenersatz erhielten,
gleichgültig, ob das über Katheter-
techniken (TAVI) oder chirurgisch
erfolgte.
Dabei wurden Daten von 20340
Patienten verglichen und die Mortali-
tät nach dem Euroscore (ES) in Risi-
kostufen eingeteilt. Die Vergleichszah-
len betreffen den transfemoralen Zu-
gang (TV-AVI) und die chirurgische
Intervention (SVAR). Der transapicale
Zugang (TA-AVI) wurde nicht risiko-
gewichtet verglichen. Dabei schneidet
dieses Verfahren mit einer Mortalität
über alle Patienten von 3,1 Prozent
deutlich schlechter ab. Dabei dürfte es
sich aber um eine ausgesprochen ne-
gative Patientenselektion bezüglich des
Risikos handeln.
Die Mortalität bei niedriger Morbi-
dität (ES unter 10 Prozent) liegt bei
der TV-AVI und bei chirurgischer In-
tervention praktisch auf gleicher Höhe.
Der Unterschied von 2,4 Prozent bei
TAVI und zu 2,0 Prozent beim chirur-
gischen Eingriff ist nicht signifikant.
Deutlicher und statistisch belegbar
werden die Unterschiede bei einem ES
von 10 bis 20 Prozent. Hier steigt die
Mortalität bei der TAVI auf 3,5 und
bei der chirurgischen Intervention auf
5,3 Prozent. Bei weiterer Erhöhung
der Morbidität mit einem ES von 20
bis 30 Prozent liegt die TAVI bei 5,5
und die chirurgische Intervention bei
12,2 Prozent. Bei Hochrisikopatienten
mit einem Score von über 30 Prozent
liegen die Werte etwa identisch. Die
Mortalität liegt bei der TAVI bei 6,5
Prozent, bei den Chirurgen bei 12,9
Prozent. Nach diesen Zahlen muss
festgehalten werden, dass der transfe-
morale Zugang offensichtlich deutlich
risikoärmer ist, je höher das Morbidi-
tätsrisiko ist. Zumindest bei Patienten
mit mittlerem und hohem Risiko sollte
der transfemorale Aortenklappenersatz
bevorzugt werden.
(HFS)
Die transfemorale TAVI ist
für Patienten mit mittlerem
und hohem Morbiditätsrisi-
ko sicherer als ein chirurgi-
scher Klappenersatz.
TAVI auf dem Vormarsch
Krankenhausmortalität von Patienten nach Aortenklappenersatz
ES < 10%
10%– 20% 20%– 30% > 30%
< 10% über alles
TV-AVI
2,4%*
3,5%
5,5%
6,5%
1,9%*
SVAR
2,0%*
5,3%
12,2%
12,9%
1,8%*
TA-AVI
−
−
−
−
3,1%
Quelle: Clin Res Cardiol 2016, online 30 Januar
*nicht signifikant
Grafik: BDI aktuell
Der „Herzbericht 2015“ liefert wieder
beeindruckende Zahlen, „über die vie-
le andere Länder froh wären“, betonte
der Präsident der Deutschen Gesell-
schaft für Kardiologie Professor Karl-
Heinz Kuck aus Hamburg bei der Prä-
sentation in Berlin. Er verwies unter
anderem darauf, dass in der Zeit zwi-
schen 1990 und 2013 die Sterblichkeit
von Patienten mit akutem Myokardin-
farkt um 40 Prozent zurückgegangen
sei. Dazu haben nicht zuletzt enorme
Verbesserungen auf dem Gebiet der
katheterbasierten revaskularisierenden
Akuttherapie bei Myokardinfarkt bei-
getragen.
Die Gesamtsterblichkeit aller kar-
diovaskulären Erkrankungen hat sich
in dieser Zeit um 18 Prozent verrin-
gert. Zwei Erkrankungen fallen aller-
dings mit gegenläufigen Trends aus
dem Rahmen. Sowohl bei Herzklap-
penerkrankungen als auch bei Herz-
rhythmusstörungen sei seit geraumer
Zeit ein Anstieg der Sterbeziffern zu
verzeichnen, berichtete Kuck – der al-
lerdings Zweifel hegt, ob die erhobe-
nen Daten tatsächlich die reale Ent-
wicklung widerspiegeln: „Das macht
für mich überhaupt keinen Sinn“.
Erfolge mit TAVI
Denn gerade bei der Behandlung von
Herzklappenerkrankungen seien Fort-
schritte gemacht worden, die eigent-
lich positive Veränderungen bei der
Mortalität erwarten lassen. Mit der
Transkatheter Aortenklappen-Implan-
tation (TAVI) ist inzwischen eine per-
kutane Therapieoption verfügbar, die
erstmals auch eine Behandlung von in-
operablen Hochrisikopatienten mit
schwerer Aortenstenose ermöglicht.
Für diese Therapie sei in kontrollier-
ten Studien eine substanzielle Reduk-
tion der Sterblichkeit dokumentiert
worden, erinnerte Kuck. Er präsentier-
te zudem neue Daten, wonach die
Krankenhaussterblichkeit nach TAVI-
Behandlungen in Deutschland stetig
abgenommen hat.
Aber warum zeichnet der Herzbe-
richt dann ein gegenteiliges Bild? Da-
rüber kann derzeit nur spekuliert wer-
den. Kuck vermutet stark, dass es sich
eher um ein „Problem der Kodierung“
als um eine reale Zunahme der Morta-
lität bei Herzklappenerkrankungen
und kardialen Arrhythmien handelt.
Nach seiner Ansicht werden Klappen-
erkrankungen und Arrhythmien wie
Vorhofflimmern heute stärker in Zu-
sammenhang mit einer erhöhten Mor-
talität wahrgenommen. Diese verän-
derte Wahrnehmung könnte sich in
der Zuordnung der Diagnosen auf den
Totenscheinen niedergeschlagen ha-
ben.
Zuverlässige Daten nötig
Kuck sieht deshalb die dringliche Not-
wendigkeit, Datenerfassung und -qua-
lität künftig konsequent zu verbessern:
„Wir müssen zuverlässige Daten vorle-
gen“. Dies sei nicht zuletzt deshalb
nötig, um etwa wichtigen Entschei-
dungsträgern eine vertrauenswürdige
Grundlage für richtiges Handeln zu
verschaffen.
Kuck sieht dabei auch die eigene
Fachgesellschaft in der Pflicht, selbst
für bessere Rahmenbedingungen etwa
in Form von nationalen Registern für
bestimmte kardiovaskuläre Erkrankun-
gen zu sorgen, um „im europäischen
Wettbewerb mithalten zu können“. Als
Vorbild sieht der DGK-Präsident hier
skandinavische Länder wie Dänemark
und Schweden, in denen landesweite
Register längst etabliert sind und als
umfassende Datenquelle für vielfältige
wissenschaftliche Analysen genutzt
werden.
Diese Aufgabe will man vonseiten
der DGK nun unter anderem auf dem
Feld der Katheterablation bei Herz-
rhythmusstörungen angehen. Laut
Herzbericht war die Zahl dieser Be-
handlungen 2014 mit 68052 um 11,5
Prozent höher als im Vorjahr. In
Deutschland gebe es keine Daten etwa
zur Mortalität nach solchen Eingriffen,
monierte Kuck. Das werde sich än-
dern. Auch die Zertifizierung von Zen-
tren, die Ablationen durchführen, soll
eingeführt werden.
Der „Herzbericht 2015“
zeugt erneut von der hohen
Leistungsfähigkeit der
kardiovaskulären Medizin in
Deutschland. Er rückt aber
auch neue Aufgaben in den
Blickpunkt - so etwa bei
der Datenbeschaffung und
Datenqualität.
Herzbericht 2015: Erfolge, aber
auch neue Aufgaben
Von Peter Overbeck
Der Herzbericht ist die wichtigste Sektoren-übergreifende Analyse der kardiologischen Versorgung in Deutschland.
© TPSDESIGN1/FOTOLIA.COM
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40%
um so viel ist die Sterblichkeit
von
Herzinfarkt-Patienten zurück
gegangen. Bei Herzklappenerkran-
kungen und Herzrhythmusstörun-
gen ist hingegen seit geraumer Zeit
ein Anstieg der Sterbeziffern zu
verzeichnen.
10
BDI aktuell
März 2016
Medizin