KBV-Vorstand Dr. Andreas Gassen will
noch einmal das Ruder in der Körper-
schaft herumreißen.
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BERUFSPOLITIK
Herzbericht 2015:
Deutliche Erfolge, aber auch
neue Aufgaben
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MEDIZIN
„Kommen dann Dokumentations-
pflichten für Klinikclowns?“
DR. ECKART VON HIRSCHHAUSEN
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DIE INHALTE VON BDI AKTUELL FINDEN SIE AUF
Der ursprüngliche Termin für das In-
krafttreten des Antikorruptionsgeset-
zes, der 1. April 2016, kann wohl
nicht gehalten werden. Zurzeit findet
nämlich noch die Beratung zu der
gesetzlichen Vorlage im Justizaus-
schuss des Bundestages statt, wie
Professor Frank Ulrich Montgomery,
Präsident der Bundesärztekammer
(BÄK), Anfang Februar in Berlin be-
richtete. Anders als bei den Gesund-
heitspolitikern scheint man sich hier
etwas gründlicher mit der Materie
auseinanderzusetzen. Es gibt eben
noch Klärungsbedarf.
Auf der Fortbildungsveranstaltung
„Medizin und Recht“ für Ärzte und
Juristen nutzte der BÄK-Präsident
nicht nur die Gelegenheit, über den
aktuellen Sachstand der parlamenta-
rischen Beratung, sondern auch über
die Historie des Antikorruptionsge-
setzes zu berichten. Ihm ist dabei ei-
ne hervorragende Zusammenfassung
gelungen, die von einer sachkundigen
Diskussion gefolgt war.
Montgomery beklagte, das es zwar
eine konsequent formulierte Berufs-
ordnung für Ärzte gibt, dass es aber
mangels ordnungspolitischer Instru-
mente an ihrer Umsetzung hapert. Die
Berufsordnung stellt klar, dass jede
ärztliche Entscheidung am Patienten
ohne ökonomischen Einfluss getroffen
werden muss, dass man z.B. als Arzt
für eine Überweisung keinen geldwer-
ten Vorteil annehmen darf und dass
Fortbildungen auch von außen ge-
sponsert werden dürfen, aber immer
transparent und angemessen.
Nur ein stumpfes Schwert
All dies sei zwar eindeutig geregelt,
die Kammern hätten aber oft wegen
fehlender Informationen gar nicht
auf Verstöße reagieren können. Die
Berufsordnung sei deshalb ein
stumpfes Schwert.
Der BÄK-Präsident erinnerte an
den Ausgangspunkt der Gesetzesdis-
kussion – den sogenannten Ratio-
pharm-Skandal, der 2005 in den
Medien hochkochte. EDV-gestützt
erhielten behandelnde Ärzte Rabatte,
wenn sie Präparate des Unterneh-
mens verordneten. Zusätzlich soll die
Firma aber auch Rechnungen über
zum Teil nicht gehaltene Vorträge
bezahlt haben. Ein niedergelassener
Arzt wurde vom Landgericht Ham-
burg tatsächlich wegen Bestechlich-
keit zu einer Geldstrafe verurteilt
(Az.: 618 KLs 10/09) – mit der Be-
gründung einer sogenannten Amts-
trägerhaftung. Das Gericht behan-
delte den angeklagten Arzt wie einen
Krankenkassenangestellten.
Der betroffene Arzt legte beim Bun-
desgerichtshof Berufung ein, wo der
große Senat ein überraschendes Urteil
sprach. Die Verurteilung des Arztes
wurde aufgehoben, weil er eben kein
Amtsträger der gesetzlichen Kranken-
versicherung (GKV) sei. Das Gericht
hat festgestellt, dass der freiberuflich tä-
tige Arzt nicht mit einem Angestellten-
verhältnis vergleichbar ist und sah fol-
gerichtig keine gesetzliche Grundlage
für eine Verurteilung, mahnte aber eine
Neuregelung im Strafrecht beim Ge-
setzgeber an (Az.: GSSt 2/11).
Dieser bemerkte schnell, dass die
Frage nicht über ein allein auf Ärzte
ausgerichtetes Gesetz gelöst werden
kann. Betroffen von der Korruption ist
das gesamte Gesundheitswesen. So fal-
len zurzeit wesentlich mehr Korrup-
tionsfälle in den Pflegediensten als bei
den Ärzten an. Auch muss nach den
stattgehabten Erfahrungen die Rege-
lung die Pharmaindustrie einbezogen
werden. Letztere hat sich in Folge des
damaligen Skandals übrigens einen ei-
genen Verhaltenskodex als Kontrollme-
chanismus auferlegt.
Der erste Entwurf des Antikorrupti-
onsgesetzes wurde deshalb heftig kriti-
siert, weil das ärztliche Berufsrecht
Grundlage eines Straftatbestandes wer-
den sollte (wir berichteten). Eine Ärz-
tekammer ist eben nicht berechtigt und
darf auch in Zukunft nicht in die Rolle
kommen Strafrecht zu ersetzen und
Gefängnisstrafen auszulösen. Außer-
dem gilt das Berufsrecht nur für Ärzte.
Auch die Bundesärztekammer hält
dies für mehr als problematisch und
fordert eine Korrektur der Vorlage.
Grundsätzlich steht Montgomery aber
für eine gesetzliche Regelung mit kla-
ren Vorgaben, weil das auch für die
Ärzte Rechtssicherheit schaffe und die
überwiegend ehrliche Ärzteschaft vor
den Betrügern geschützt würde.
Neben der Ablehnung, dass Berufs-
recht zum Strafrecht wird, fordert die
BÄK, dass das Antikorruptionsgesetz
die vom SGB V ausdrücklich gewollten
Kooperationen nicht kriminalisieren
darf. Auch benötigt man Bagatellrege-
lungen, damit ein Arzt wegen eines von
der Pharmafirma zur Verfügung ge-
stellten Kugelschreibers nicht straffällig
wird. Bis dahin scheint der Justizaus-
schuss kompromissbereit zu sein.
Das Strafmaß von ein bis drei Jah-
ren Gefängnis hält man aber immer
noch nicht für zu hoch. Ganz grotesk
ist die Bestimmung, dass bei banden-
mäßigem Betrug die Strafe noch bis
auf fünf Jahre erhöht wird. Dabei stellt
sich die berechtigte Frage, ob z.B.
schon eine Gemeinschaftspraxis die ju-
ristischen Kriterien einer Bande erfüllt,
wenn die einzelnen Mitglieder straffäl-
lig werden.
Sorge um Missbrauch
Strittig ist der Umgang mit einem
Strafantragsverfahren einerseits und ei-
nem Offizialdelikt andererseits. Beim
Strafantragsverfahren muss der Antrag
bei der Staatsanwaltschaft gestellt wer-
den, sonst kann sie nicht tätig werden.
Beim Offizialdelikt kann sie auch dann
eingreifen, wenn allgemein der Ver-
dacht auf ein Vergehen besteht oder ei-
ne Anzeige eingegangen ist. Zwar ist im
jetzigen Entwurf primär das Strafan-
tragsverfahren z.B. für die ärztlichen
Körperschaften aber auch für die
Krankenkassen vorgesehen. Bei schwe-
ren Fällen soll aber zusätzlich das Offi-
zialdelikt gültig sein.
In der Diskussion auf der Fortbil-
dungsveranstaltung wiesen Strafrecht-
ler begründet darauf hin, dass damit
das Antragsverfahren quasi ausgehebelt
wird. Ein wichtiger juristischer Ein-
wand für die Beratungen im Justizmi-
nisterium. Kritisiert wurde auch, dass
speziell die Kassen strafantragsberech-
tigt sind, weil sie als ökonomisch inte-
ressierte Player im Gesundheitswesen
via Staatsanwaltschaft ihre wirtschaftli-
chen Interessen verfolgen könnten. So
würde ein Strafantrag, den der Staats-
anwalt verfolgen muss, schon durch
Praxisdurchsuchungen
irreparable
Kollateralschäden auslösen, von denen
sich der beschuldigte Arzt in der Öf-
fentlichkeit nicht mehr erholen wird.
Hier wird wirtschaftlicher Missbrauch
der Strafverfolgungsbehörden durch
Krankenkassen befürchtet.
Dennoch: Am Ende der Diskussion
war etwas Hoffnung zu spüren, dass
mithilfe der Bundesärztekammer der
Gesetzgeber mehr Vernunft walten
lässt, als nach dem ersten Entwurf des
Gesetzes zu vermuten war.
SIEHE AUCH SEITE 9
Justizausschuss lässt hoffen
Beim Antikorruptions-
gesetz könnte es doch
noch die für Ärzte ent-
scheidenden Nachbesse-
rungen geben – etwa in
Sachen Berufsrechtsver-
weis. Der Justizausschuss,
der das Gesetz derzeit
berät, zeigt sich durchaus
kompromissbereit.
Von Dr. Hans-Friedrich Spies
Berufsrechtliche Normen dürfen nach Ansicht vieler Rechtsexperten nicht von
strafrechtlichen Sanktionen flankiert werden.
© LEX VAN LIESHOUT / DPA
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Es fehlen klare
Tatbestandsmerk-
male, eine Art
Leporello für die
Kitteltasche.
Prof. Frank Ulrich Montgomery
Präsident der Bundesärztekammer
2016 finden beim Berufsver-
band der Internisten (BDI)
satzungsgemäß die Neuwah-
len zum Vorstand statt. Die
Geschäftsstelle des BDI
möchte ihre Mitglieder daher
darum bitten, ihren Wahlvor-
schlag für den BDI-Vorstand
frühzeitig einzureichen. Ge-
wählt wird der neue Vorstand
im Rahmen des Internisten-
kongresses in Mannheim
von der BDI-Delegiertenver-
sammlung. Diese findet am
Samstag, den 9. April 2016
statt. Und wird auch über die
aktuelle berufspolitische La-
ge der Internisten informie-
ren.
SEITEN 5 UND 8
Vorstandswahl:
Geben Sie Ihren
Vorschlag ab
BEKANNTMACHUNG
In ihrer ersten Tarifrunde für den
neuen Gehaltstarifvertrag trennten
sich MFA- und Ärzteseite am 10.
Februar ohne Einigung. Ein Plus
von 1,6 Prozent linear auf alle Ge-
hälter bietet die Tarifpartei der Ärz-
te, die Arbeitsgemeinschaft zur Re-
gelung der Arbeitsbedingungen der
Arzthelferinnen /MFA (AAA), den
Fachangestellten. Dies sei der Wert,
mit dem man für 2016 als halbwegs
sichere Steigerungsrate für die ärztli-
chen Honorare rechnen könne, so
Rosemarie Bristrup von der AAA.
Die MFA-Seite will in die nächste
Runde hingegen mit einer 6,5-Pro-
zent-Forderung gehen.
(reh)
Ärzte bieten
Plus von
1,6 Prozent
MFA-TARIFVERTRAG
Der BDI begrüßt die Stellungnah-
me von KBV und Länder-KVen an
die Bundesärztekammer. Darin wird
die BÄK aufgefordert, die Vorschlä-
ge der Berufsverbände vom Sonder-
ärztetag Ende Januar 2016 aufzu-
greifen, bei der Novellierung den
Paragrafenteil der GOÄ zu korrigie-
ren und Änderungen der Berufsord-
nung vorzunehmen. Der BDI be-
fürchtet allerdings, dass bei der Bei-
hilfe und der PKV wenig Bereit-
schaft zu Verhandlungen besteht
und appelliert deshalb an das Bun-
desgesundheitsministerium,
die
Kostenträger zu Nachverhandlun-
gen aufzufordern.
(eb)
SEITE 4
Gröhe sollte
alle an einen
Tisch bringen
GOÄ-NACHVERHANDLUNG
aktuell
MITGLIEDERZEITUNG BERUFSVERBAND DEUTSCHER INTERNISTEN BDI E.V.
PVST 58132 NR. 3, MÄRZ 2016