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September 2014
BDI aktuell
Medizin
Eine Anzahl von Studien belegt, dass
die tiefe Hirnstimulation im Nucleus
subthalamicus (STN-THS) bei Pati-
enten mit Morbus Parkinson im fort-
geschrittenen Stadium, welche unter
Wirkfluktuationen und Dyskinesien
leiden, wirksamer ist als eine optimier-
te Medikamentenbehandlung. Damit
kommt das Verfahren aber meist erst
dann zur Anwendung, wenn Lebens-
qualität und Sozialleben der Betroffe-
nen bereits schwer beeinträchtigt sind.
In der randomisierten, kontrollier-
ten Multicenter-Studie EARLYSTIM
wurde untersucht, ob STN-THS in
früheren Stadien der Parkinson-Er-
krankung, am Ende des sogenannten
Medikamenten-„Honeymoon“, moto-
rische Krankheitssymptome und die
Lebensqualität stärker verbessern kann
als eine individuell optimierte Pharma-
kotherapie. Die Hypothese: Neurosti-
mulation ist bereits zu einem früheren
Zeitpunkt im Krankheitsverlauf einer
Medikamentenbehandlung überlegen.
Ziel der Studie war der Vergleich zwi-
schen der gesundheitsspezifischen Le-
bensqualität von Patienten, welche
entweder STN-THS plus beste medi-
kamentöse Therapie oder nur eine op-
timierte Medikamentenbehandlung er-
hielten.
Verbesserung um 26 Prozent
Hierfür wurden 251 Patienten mit ei-
ner durchschnittlichen Krankheitsdau-
er von siebeneinhalb (mindestens je-
doch vier) Jahren und frühen ( drei
Jahren bestehenden) L-Dopa induzier-
ten motorischen Komplikationen in
zwei Gruppen randomisiert: 124 Pati-
enten wurden operativ mittels THS
behandelt (Stimulationsgruppe, SG),
127 Patienten wurden nur medika-
mentös behandelt (beste medikamen-
töse Therapiegruppe, BMTG).
Die Zielvariablen wurden zum Aus-
gangszeitpunkt, nach fünf, zwölf und
24 Monaten mittels Parkinson’s Di-
sease Questionnaire (PDQ-39) bezie-
hungsweise Unified Parkinson’s Disea-
se Rating Scale (UPDRS II–IV) er-
fasst. Der primäre Endpunkt war die
durchschnittliche Veränderung der ge-
sundheitsspezifischen Lebensqualität
zum Ausgangszeitpunkt und nach zwei
Jahren, ermittelt durch den summari-
schen Index des PDQ-39.
Der Unterschied zwischen den bei-
den Gruppen war signifikant: In der
SG zeigte sich eine Verbesserung um
26 Prozent, in der BMTG verschlech-
terte sich der PDQ-39-Wert dagegen
um 1 Prozent. Die sekundären End-
punkte bezogen sich auf motorische
Funktionen. Hier wurden die Aktivitä-
ten des täglichen Lebens, motorische
Komplikationen und behandlungsin-
duzierte Komplikationen wie Dyskine-
sien und Wirkfluktuationen (erfasst
durch die UPRDS-Skalen II–IV) so-
wie Zeiten mit guter Beweglichkeit
und ohne störende Dyskinesien (mit-
tels Patiententagebuch) ermittelt.
Kaum bleibende Nebenwirkungen
Die Kombination aus medikamentöser
Therapie und Neurostimulation war
der alleinigen medikamentösen Thera-
pie in Bezug auf den Schweregrad der
motorischen Symptome (p 0,001)
und die Zeitdauer mit guter Beweg-
lichkeit ohne Dyskinesien im Tages-
verlauf überlegen (p = 0,01). So ver-
besserte sich zum Beispiel der
UPDRS-III Score für den medika-
mentösen Off-Status um 53 Prozent in
der SG, während der Score in der
BMTG unverändert blieb. Dieser Ef-
fekt war auch im medikamentösen
On-Zustand noch signifikant.
Zu schweren Nebenwirkungen kam
es bei 54,8 Prozent der Patienten in
der SG und bei 44,1 Prozent in der
BMTG, die Art der Nebenwirkungen
unterschied sich jedoch. In der SG
standen operative Komplikationen im
Vordergrund, während in der BMTG
therapieassoziierte
Komplikationen
der dopaminergen Behandlung, wie
Psychosen oder Stürze vorrangig auf-
traten. Bemerkenswert war, dass nur
eine Patientin aus der Stimulations-
gruppe über bleibende Therapiene-
benwirkungen klagte.
„Entgegen bisheriger Empfehlun-
gen könnte die Neurostimulation be-
reits in früheren Krankheitsstadien ei-
ne therapeutische Option sein“, so das
Resümee der Autoren. Die hier rando-
misierten Patienten zählen ihren An-
gaben nach zur jüngsten Population
mit dem frühesten Krankheitsstadium
von Parkinson, die bisher in kontrol-
lierten THS-Studien untersucht wur-
de (New Engl J Med 2013; 368:
610–22, Parkinsonism Relat Disord.
2013; 19: 56–61).
Nach den Ergebnissen aus
der EARLYSTIM-Studie
kann die tiefe Hirnstimula-
tion auch bei Parkinson-
Patienten mit kurzer
Erkrankungsdauer die
Lebensqualität verbessern.
Tiefe Hirnstimulation schon bei
frühem Parkinson hilfreich
Von Dr. Anna Dalal Sawalhe
Neurostimulation könnte schon in frühen Parkinson-Stadien eine therapeutische Option
sein.
© AKTION MEDITECH
besserte sich die
gesundheitsspezifische Lebensqualität
in der
Stimulationsgruppe innerhalb von zwei Jahren, während diese in
der allein mit Medikamenten behandelten Gruppe geringfügig
abnahm (PDQ-39-Index -1%).
Die
Creutzfeldt-Jacob-Krankheit
(CJD) verläuft typischerweise als
schnelle progressive Demenz, die in
akinetischen Mutismus übergeht
und tödlich endet. Die primäre Ma-
nifestation kann sich aber sehr un-
terschiedlich darstellen: Unter initi-
aler CJD-Symptomatik finden sich
21 Prozent kognitive, 20 Prozent
Verhaltens-, 9 Prozent sensorische
und 9 Prozent motorische Abnor-
mitäten.
Auf dem 8. Weltkongress der
Neurologen (CONy) wurde der
Fall eines 77-jährigen Mannes prä-
sentiert, der sehr wahrscheinlich an
CJD litt, aber initial eine Hemipare-
se entwickelte. Das führte fälschlich
zu der Diagnose akuter ischämi-
scher Schlaganfall, der sich zu-
nächst durch diffusionsgewichtete
Kernspintomografie (DWI) zu be-
stätigen schien.
Der Patient wurde mit Dysarth-
rie, linksseitiger Hemiparese und
mit einer Anamnese von Gefäß-Ar-
teriosklerose und multipler Koro-
narerkrankung vorgestellt und zeig-
te im ersten DWI ein fokal starkes
Signal in der rechten Insula, die als
akute Ischämie gedeutet wurde.
Über die folgenden zwei Wochen
blieben die neurologischen Sympto-
me stabil, die Hemiparese und das
Reaktionsvermögen verschlimmer-
ten sich. Die folgenden seriellen
DWI zeigten starke Signale im ge-
samten zerebralen Cortex, CSF-
Checks lieferten normale Werte,
aber das CSF 14-3-3-Protein war
positiv. Das EEG zeigte diffuse ver-
zögerte Wellen mit partieller Perio-
dizität. In Woche 13 erlitt der Pati-
ent einen Herzstillstand.
(kwo)
Creutzfeldt-
Jacob als Insult
fehlgedeutet
Gerade bei älteren Pati-
enten mit typischen Sym-
ptomen liegt die Diagno-
se Schlaganfall nahe...
TSE
Mit einer Hautbiopsie lässt sich offen-
bar Morbus Parkinson nachweisen.
Parkinson-typische Alpha-Synuclein-
Ablagerungen wurden inzwischen
nicht nur im Gehirn, sondern auch in
vielen anderen Organen entdeckt, et-
wa in den Nervenfasern im Darm oder
in der Haut.
Ergebnisse von Dr. Rocco Liguori
et al. aus Bologna deuten nun darauf,
dass bei vielen Parkinsonpatienten die
periphere Faserdichte verändert ist
und sich bei praktisch allen Patienten
Alpha-Synuclein-Ablagerungen in der
Haut nachweisen lassen. Die Forscher
hatten für ihre Studie 21 Parkinsonpa-
tienten untersucht: Diese sprachen gut
auf L-Dopa an und die Diagnose wur-
de durch kardiale SPECT-Szintigrafie
unterstützt.
Small-Fiber-Neuropathie in den Beinen
Zusätzlich untersuchten sie eine Kon-
trollgruppe mit 30 gesunden sowie 20
Teilnehmern mit Parkinsonismus, bei
denen keine Alpha-Synucleinopathie
vermutet wurde (Mutationen im
Parkin-Gen, Tauopathien oder vasku-
läres Parkinsonsyndrom). Per Dop-
pel-Immunfluoreszenzfärbung schau-
ten sich die Forscher die Dichte der
Nervenfasern in Hautproben von
Oberschenkel, Nacken und Beinen an,
zum anderen suchten sie in den Fa-
sern nach phosphorylierten Alpha-
Synuclein-Agglomeraten. Es fanden
sich vor allem in den Beinen Zeichen
von Small-Fiber-Neuropathie.
Bei Patienten mit idiopathischem
M. Parkinson war die Dichte solcher
Nervenfasern deutlich geringer als bei
den Kontrollen. Zudem zeigten sich in
vielen der Fasern bei Parkinsonpatien-
ten Alpha-Synuclein-Ablagerungen –
je mehr, umso geringer war die Faser-
dichte. Die Neuropathie scheint also
mit dem Ausmaß der Ablagerungen zu
korrelieren. Große Nervenfasern wa-
ren jedoch nicht betroffen.
Alle Hautproben vom Nacken positiv
Die Ablagerungen wurden jedoch nur
bei einem Fünftel der Parkinsonpati-
enten in den Beinen entdeckt, waren
aber bei allen Betroffenen in den Na-
ckenproben präsent. Dagegen ließ sich
Alpha-Synuclein in keiner einzigen
Probe aus den beiden Kontrollgrup-
pen nachweisen. Der Nachweis des
Proteins in peripheren Nervenfasern
scheint also sehr spezifisch für idiopa-
thischen M. Parkinson zu sein, umge-
kehrt lässt sich bei negativen Nacken-
proben die Krankheit mit hoher Wahr-
scheinlichkeit ausschließen.
Hautbiopsie weist Parkinson nach
Die bei Morbus Parkinson
typischen Lewy-Körperchen
sind auch in peripheren
Nervenfasern nachweisbar.
Ein erhöhter Harnsäurespiegel kann
möglicherweise als unabhängiger
Risikofaktor für erektile Dysfunkti-
on (ED) gelten. Zu diesem Ergeb-
nis kam eine iranische Fall-Kon-
troll-Studie, bei der die Steigerung
des Harnsäurewertes von 1 mg/dl
im Serum mit einer Verdopplung
des ED-Risikos einherging (J Sex
Med 2014). Sepehr Salem von der
Universität Teheran et al. hatten
251 durchschnittlich 45-jährige
Männern mit neu diagnostizierter
ED sowie 252 altersentsprechende
Kontrollprobanden ohne ED einge-
schlossen Neben Parametern wie
BMI, Blutdruck, Fettstoffwechsel
und Grad der erektilen Dysfunktion
wurde jeweils der Harnsäurewert
bestimmt. Unter Berücksichtigung
aller anderen Risikofaktoren wie
BMI, Hypertonie, Diabetes, Dysli-
pidämie, Triglyzeridwerten und
Raucherstatus errechneten die For-
scher für Harnsäurewerte über 5,6
mg/dl im Vergleich zu Harnsäure-
werten unter 4,5 mg/dl ein fast
sechsmal so hohes ED-Risiko. Zu-
dem gab es einen signifikanten Zu-
sammenhang zwischen Harnsäure-
wert und Schweregrad der ED.
(st)
Risikofaktor
für erektile
Dysfunktion?
HOHER HARNSÄUREWERT
1...,2,3,4,5,6,7,8,9,10,11 13,14,15,16,17,18,19,20,21,22,...24
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