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Weltweit sind Durchfallerkrankungen
für 2,5 Mio. Todesfälle verantwortlich
(WHO 2008). Während im Jahr 2000
in Deutschland noch 127.867 Patien-
ten mit infektiösen Darmkrankheiten
stationär behandelt wurden, waren es
2011 bereits 282.199. Zählt man die
Patienten mit entsprechenden Neben-
diagnosen hinzu, waren es in 2011 so-
gar 520.795 Fälle. Dies ergab eine
Auswertung der Daten des Statisti-
schen Bundesamts und des Robert
Koch-Instituts sowie aktuelle Veröf-
fentlichungen (Der Gastroenterologe
4/2014). Am häufigsten sind demnach
Infektionen mit Clostridium difficile
(99.779 Fälle, Haupt- und Nebendia-
gnosen 2011), Noro- und Rotaviren.
Steiler Anstieg bei Senioren
Immer noch stellen Erkrankte unter
15 Jahren den Hauptanteil. Auffällig
ist jedoch, dass der Anstieg bei Älteren
über 65 Jahren besonders steil verläuft.
Von einer Clostridium-difficile-Infekti-
on sind heute in über 80 Prozent der
Fälle über 65-Jährige betroffen. Gera-
de diese Patienten erfordern in gastro-
enterologischen Fachabteilungen ei-
nen erheblichen Versorgungsaufwand.
Es muss dabei allerdings berücksich-
tigt werden, dass die verfügbaren Da-
ten eine exakte epidemiologische Ana-
lyse nicht zulassen, da sie aus unter-
schiedlichen Datenquellen stammen
und regional unterschiedliche Erfas-
sungs- sowie Meldekriterien zur An-
wendung kommen. Diese stellen je-
doch die einzig verfügbare Quelle dar,
um die Entwicklung der Infektions-
zahlen in Deutschland zu verfolgen.
Seit der Jahrtausendwende sind für
diese Infektionen steigende Fallzahlen
zu beobachten. Mit Ausnahme der
Campylobacter-Infektionen, die zu ei-
nem großen Anteil ambulant behan-
delt werden können, nimmt besonders
der Anteil stationärer Fälle zu. Zahlen-
mäßig häufig sind außerdem Salmo-
nellosen, auch wenn deren Inzidenz
tendenziell eher rückläufig ist.
Vormarsch von Clostridium-Infekten
Eine Sonderstellung nehmen Clostri-
dium-difficile-Infektionen ein. Allein
im Bereich der verschlüsselten Haupt-
diagnosen stieg ihre Zahl von 1268 im
Jahr 2000 auf 28.187 im Jahr 2011.
Die tatsächliche epidemiologische Be-
deutung wird deutlich, wenn man die
ab 2005 verfügbaren Nebendiagnosen
hinzurechnet. So wurden laut der Da-
ten der Diagnosis-Related-Groups
(DRG)-Statistik des Statistischen
Bundesamts im Jahr 2011 insgesamt
99.779 Patienten in deutschen Kran-
kenhäusern wegen einer Clostridium-
difficile-assoziierten Diarrhö behan-
delt. Das Robert Koch-Institut berich-
tet über eine Verdopplung schwer ver-
laufender Clostridium-difficile-Infek-
tionen von 2008 bis 2012 und einer
Zunahme der Inzidenz um 23 Prozent.
Aufgrund der komplexen Erfassungs-
regelung ist von einer deutlichen Un-
tererfassung auszugehen. Auch der in-
ternationale Vergleich bestätigt diese
Entwicklung.
Bei den Norovirusinfektionen der
letzten Jahre sind hohen Schwankun-
gen zu beobachten. Sie zeigten zuletzt
2007 und 2010 einen deutlichen An-
stieg. Da Noroviren, ähnlich wie Influ-
enzaviren, ein hohes Mutationspoten-
zial besitzen und hierdurch auch die
im Rahmen einer durchgemachten In-
fektion erworbene Immunität nach
kurzer Zeit verloren geht, kann trotz
schwankender Zahlen nicht von einer
Abnahme ausgegangen werden. Die
Zahl der stationär erfassten Rotavi-
rusinfektionen stieg 2005 und 2006
deutlich an. Zeitgleich mit der Einfüh-
rung der Impfung ist ab 2008 ein
leichter Rückgang zu erkennen, jedoch
bleibt die Rotavirusinfektion zahlen-
mäßig eine der häufigsten Ursachen
für infektiöse Diarrhöen.
Infektionen mit Yersinien- und E.-
coli-Spezies sind seltener. Von 2010
bis 2012 wurden kontinuierlich weni-
ger Yersiniosen gemeldet (7195 vs.
2706 Fälle/Jahr). Im gleichen Zeit-
raum hatten die gemeldeten E.-coli-
Infektionen, mit Ausnahme der Jahre
2007, 2009 und 2010, eine steigende
Inzidenz (5075 vs. 7068 Fälle/Jahr).
Parallel zu den endemischen Ausbrü-
chen, wie z. B dem EHEC/HUS-Aus-
bruch 2011, zeigte auch die Gesamt-
zahl der E.-coli-Infektionen 2011 ei-
nen Anstieg um 42 Prozent. Sicherlich
ist von einem veränderten Meldever-
halten durch erhöhte Aufmerksamkeit
auszugehen. Dies impliziert, dass die
tatsächlichen Zahlen auch hier eher
höher einzuschätzen sind.
Mortalität steigt
Die Zahl der Sterbefälle im Zusam-
menhang mit allen unter den ICD-
10-Codes A00–A09 erfassten Patien-
ten stieg seit 2000 von 401 auf 4152 in
2011. Zwar werden die Mortalitäts-
zahlen nicht für die 4-stelligen ICD-
Diagnosen aufgeschlüsselt, es fällt aber
auf, dass ein Großteil der Sterbefälle
unter der ICD-10-Diagnose A04 be-
richtet wird, die Clostridium-difficile-
Infektionen einschließt.
Magen-Darm-Infekte nehmen rapide zu
Infektionen des Magen-
Darm-Trakts nehmen welt-
weit zu. In Deutschland
haben sich die Erkran-
kungsfälle in den letzten
zehn Jahren verdoppelt.
Von PD Dr. P. L. Jansen et al.
und mehr Fälle einer
Clostridium-
difficile-Infektion
betrifft die
Patientengruppe über 65 Jahre.
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