BDI aktuell 11_2015 - page 12

Das DANBIO­Register ist ein lan­
desweites Biologika­Register in Dä­
nemark, das bei vielen Patienten
auch Informationen zum Raucher­
status enthält. Für eine beim
EULAR 2015 vorgestellte Auswer­
tung wurden 1576 Patienten mit
ankylosierender Spondylitis (AS)
und bekanntem Raucherstatus aus­
gewählt, die erstmals mit einem
Biologikum (Adalimumab, Inflixi­
mab oder Etanercept) therapiert
worden waren. 43 Prozent dieser
Patienten waren aktive Raucher, 41
Prozent hatten nie geraucht, und 16
Prozent waren Ex­Raucher.
Über im Median zwei Jahre wur­
de die Krankheitsaktivität anhand
des Standardparameters BASDAI
(Bath Ankylosing Spondylitis Di­
sease Activity Index) gemessen. Da­
bei zeigte sich eine klare Korrelati­
on zwischen Raucherstatus und
Ansprechraten. Bei 58 Prozent der
Nichtraucher hatte sich nach sechs
Monaten der BASDAI um mindes­
tens die Hälfte oder aber um min­
destens 20 mm auf der Analogskala
verbessert. Bei den Rauchern war
das nur bei 42 Prozent der Fall ­
und auch in der allerdings kleinen
Gruppe der Ex­Raucher nur bei 43
Prozent. Wurden beide Geschlech­
ter getrennt ausgewertet, wurde das
statistische Signifikanzniveau so­
wohl bei Männern als auch bei
Frauen erreicht. Bei Frauen war der
Unterschied ausgeprägter: Nur 31
Prozent der Raucherinnen mit AS
erreichten unter Anti­TNF­ eine
BASDAI­Verbesserung um 50 Pro­
zent beziehungsweise 20 mm. In
der nach Substanzen getrennten
Auswertung zeigten sich dagegen
keine größeren Unterschiede zwi­
schen den drei Präparaten.
Über die Ursache für das
schlechtere Ansprechen kann im
Rahmen einer derartigen Analyse ja
nur spekuliert werden. Die Compli­
ance bei Rauchern war signifikant
schlechter. Dies könnte den Unter­
schied erklären. Denkbar ist auch,
dass die Compliance schlechter
war, weil die Wirkung als zu gering
empfunden wurde. Dann wäre das
Rauchen ursächlich für die schlech­
tere Wirkung.
(gvg)
Nicht ratsam:
TNF­­Blocker
plus Rauchen
Patienten mit ankylosie­
render Spondylitis spre­
chen deutlich schlechter
auf TNF­­Hemmer an,
wenn sie rauchen.
DÄNISCHES REGISTER
Wir haben versucht, die richtige Ba­
lance zwischen Effektivität, Sicherheit
und Kosten zu finden.“ So lautete das
Fazit, das Professor Laure Gossec vom
Pitié Salpêtrière Hospital der Universi­
tät Paris beim Kongress der European
League Against Rheumatism (EU­
LAR) in Rom zu den neuen Empfeh­
lungen zur Psoriasis­Arthritis der Ge­
sellschaft zog. Die übergreifenden
Therapieprinzipien der bisherigen
Empfehlungen von 2012 bleiben dabei
weitgehend unverändert: Prinzipielle
Behandlungsziele sind weiterhin die
Verbesserung der Lebensqualität sowie
die Verhinderung struktureller Schä­
den an den Gelenken. Der entschei­
dende Weg dorthin ist die Kontrolle
der Entzündung. Klinisches Ziel ist die
Remission oder, wenn nicht erreich­
bar, eine möglichst geringe Krank­
heitsaktivität.
Expliziter als bisher wird nun auch
bei der PsA darauf hingewiesen, dass
kardiovaskuläre Komorbiditäten zu
behandeln sind. „Die Prävalenz
kardiovaskulärer Erkrankungen bei
PsA ist hoch. Es gibt da kaum Unter­
schiede zur Rheumatoiden Arthritis“,
so die Leiterin der EULAR Task Force
PsA.
MTX bleibt erste Wahl
In den zehn konkreten Therapieemp­
fehlungen werden jetzt neben NSAR,
Glukokortikoiden, konventionellen
synthetischen DMARD (csDMARD)
und TNF­alfa­Blockern weitere biolo­
gische DMARD (bDMARD) berück­
sichtigt, nämlich IL­12/IL­23­Antago­
nisten und IL­17­Antagonisten. Eben­
falls Berücksichtigung finden orale
PDE­4­Hemmer, für die die EULAR
den neuen Oberbegriff der „targeted
synthetic DMARD“ (tsDMARD) kre­
iert hat.
Bei NSAR und Glukokortikoiden
bleibt alles beim Alten. NSAR können
zur Linderung von Symptomen einge­
setzt werden, mit hoher Evidenz (Ib)
und Empfehlungsstärke (A). Gluko­
kortikoid­Injektionen sind erlaubt,
allerdings mit deutlich schwächerer
Evidenz und Empfehlungsstärke (3b,
C). Systemische Glukokortikoide ste­
hen hintan, weil sie das Risiko eines
Relaps der Hautbefunde bergen.
Die krankheitsmodifizierende The­
rapie der ersten Wahl sind csDMARD.
Diese sollten früh im Krankheitsver­
lauf eingesetzt werden, wobei MTX
insbesondere bei Patienten, die auch
Hautbefunde aufweisen, der Vorzug
gegeben werden sollte. Insgesamt sei
die Evidenz für MTX nicht optimal,
so Gossec. Die Zahl der Studien sei
sehr übersichtlich, aber die gute und
langjährige klinische Erfahrung bei
vielen Patienten führe letztlich doch zu
der weiterhin herausgehobenen Stel­
lung.
Bei Patienten, die auf mindestens
ein csDMARD nicht oder inadäquat
angesprochen haben, sind Biologika
indiziert (Ib, B). Hierbei sollten laut
EULAR „normalerweise“ TNF­alfa­
Inhibitoren eingesetzt werden. Diese
Reihenfolge ist nicht durch Studien
untermauert, sondern basiert auf
Expertenkonsensus. Die langjährige
Erfahrung mit TNF­alfa­Präparaten
gab den Ausschlag. Die neueren
TNF­alfa­Inhibitoren seien hinsicht­
lich ihrer Effektivität den älteren als
gleichwertig anzusehen, so Gossec.
Neue Therapien meist in Drittlinie
Bei Patienten, bei denen TNF­alfa­
Hemmer nicht eingesetzt werden kön­
nen, kann der Arzt bereits in der
Zweitlinientherapie auf IL­12/IL­23­
Hemmer oder IL­17­Hemmer zurück­
greifen. Die Daten dafür lieferten in
erster Linie die PSUMMIT­Studien
für Ustekinumab und die FUTURE­
Studien für das (bei PsA noch nicht
zugelassene) Secukinumab. Es gebe
seitens der EULAR keine Empfeh­
lung, welche der beiden TNF­alfa­Al­
ternativen bevorzugt eingesetzt werden
sollte, so Gossec. Beide seien effektiv
in Bezug auf Gelenke, Dactylitis und
Enthesitis. Und bei beiden zeige sich
über 24 Wochen Behandlungen keine
radiologische Progression.
Den PDE4­Hemmer Apremilast
sieht die EULAR nur dann in der
Zweitlinientherapie, wenn Biologika
gleich welcher Art nicht eingesetzt
werden können (Ib, B). Die Empfeh­
lung basiert auf den PALACE­Studi­
en, wo Apremilast seine klinische und
radiologische Effektivität bei PsA un­
ter Beweis gestellt hat. Dass Biologika
gegenüber PDE4­Hemmern bevorzugt
werden, wird mit der geringeren Effek­
tivität im Hinblick auf den Standard­
Score ACR20 begründet.
Zwei Ausnahmen von der Regel,
dass csDMARD generell als erstes
gegeben werden sollten, macht die
EULAR. Die eine Ausnahme sind Pa­
tienten mit aktiver Daktylitis und/oder
Enthesitis. Hier können bDMARD
auch in der Erstlinientherapie einge­
setzt werden, wobei kein Unterschied
zwischen TNF­alfa­Hemmern und
IL12/23­oder IL­17­Hemmern ge­
macht wird.
Die zweite Ausnahme sind Patien­
ten mit axialer Symptomatik. Hier
werden in Analogie zur ankylosieren­
den Spondylitis klar die TNF­alfa­
Hemmer favorisiert.
Nach drei Jahren hat die
EULAR ihre Empfehlungen
zur Psoriasis­Arthritis (PsA)
aktualisiert. Viele neue
Präparate sind darin ent­
halten. Doch traditionelle
DMARD und TNF­alfa­
Blocker dominieren.
Psoriasis­Arthritis: Neue Leitlinie
erweitert Therapieempfehlungen
Von Philipp Grätzel von Grätz
Multiple Arthritis in den Fingern: Wichtiges Therapieziel ist die Verhinderung strukturel­
ler Schäden.
© STOCKDEVIL/FOTOLIA.COM
Wir haben ver­
sucht, die richtige
Balance zwischen
Effektivität und
Kosten zu finden.
Professor Laure Gossec
vom Pitié Salpêtrière Hospital der
Universität Paris
Der HLA­DRB1­Haplotyp ist schon
seit mehr als zwei Jahrzehnten als Sus­
zeptibilitätsmarker für Rheumatoide
Arthritis (RA) bekannt. Der Nachweis
der auch als Shared­Epitope­Allele be­
zeichneten genetischen Marker inner­
halb dieses Gens wird per HLA­
DRB1­Typisierung zur Frühdiagnose
genutzt. Es wird geschätzt, dass zwi­
schen 80 und 90 Prozent der weißen
Patienten mit RA homozygot oder he­
terozygot für diesen Marker sind. Un­
klar war bisher, ob sich daran auch die
Prognose und das Therapieansprechen
ablesen lassen.
Um das zu klären, werteten briti­
sche Rheumatologen um Dr. Sebas­
tien Viatte von der Universität von
Manchester mehrere Kohortenstudien
mit den Befunden von insgesamt fast
7000 Patienten aus (JAMA 2015;
313/16: 1645­1656). Sie konzentrier­
ten sich auf bestimmte Aminosäureab­
schnitte des in der Zellmembran von
antigenpräsentierenden Zellen veran­
kerten HLA­DRB1­Proteins, von de­
nen bekannt ist, dass sie mit der er­
höhten Suszeptibilität für RA assozi­
iert sind. Darunter war die Aminosäu­
re Valin in Position 11 der Aminosäu­
rekette. Diese Aminosäure hatte den
Berechnungen zufolge die stärkste As­
soziation mit dem anhand radiologi­
scher Befunde beurteilten Stadium der
RA. Fünf Jahre nach Studienbeginn
hatten 74 Prozent der homozygoten
Patienten ausgeprägte Knochenerosio­
nen an Hand­und Fußgelenken. Bei
in diesem Allel Heterozygoten lag der
Anteil bei 61 Prozent und bei Patien­
ten ohne diesen genetischen Marker
bei 48 Prozent. Valin in Position 11
des HLA­Moleküls schätzen die
Rheumatologen als den bis heute
stärksten Marker für radiologisch er­
kennbare Veränderungen der Autoim­
munerkrankung ein.
Bei Merkmalsträgern mit entzündli­
cher Polyarthritis war zudem im Ver­
gleich zu Studienteilnehmern ohne
dieses genetische Merkmal die Morta­
lität erhöht. Sie lag bei 2,5 Prozent pro
Jahr (324 von 1116 Patienten über 13
208 Personenjahre), in der Vergleichs­
gruppe der Patienten ohne das Merk­
mal bei 1,5 Prozent (319 von 1398 Pa­
tienten über 17 196 Jahre). Das ent­
spricht einer Hazard Ratio von 1,16
(95 Prozent­Konfidenzintervall zwi­
schen 1,03 und 1,31).
Die Wahrscheinlichkeit für Patien­
ten mit dem Merkmal, innerhalb von
zwölf Jahren zu sterben, war somit ge­
genüber der Vergleichsgruppe um 16
Prozent erhöht. Schließlich sprachen
Patienten mit Valin in Position 11 des
HLA­Moleküls besser auf die Behand­
lung mit TNF­Hemmern an, und
zwar beurteilt anhand der EULAR­
Kriterien (Odds Ratio: 1,14; 95 Pro­
zent­Konfidenzintervall zwischen 1,01
und 1,30; p = 0,04). Die Rate eines
moderaten/guten Ansprechens betrug
bei Patienten ohne das Merkmal 78
Prozent, bei für dieses Merkmal hete­
rozygoten Patienten 81 Prozent und
bei homozygoten Patienten 86 Pro­
zent.
Die in der Studie gewonnenen Er­
kenntnisse ebnen den Weg für weitere
Untersuchungen, um etwa zu klären,
wie sich Informationen aus der HLA­
DRB1­Typisierung für Diagnostik und
Therapie von Patienten mit RA besser
nutzen lassen.
(ple)
Bei RA ist der genetische
Marker HLA­DRB1 offenbar
sowohl mit der Schwere der
Erkrankung und der krank­
heitsspezifischen Mortalität
assoziiert.
RA: Genmarker mit erhöhter Mortalität assoziiert
12
November 2015
BDI aktuell
Medizin
1...,2,3,4,5,6,7,8,9,10,11 13,14,15,16,17,18,19,20,21,22,...24
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