BDI aktuell 11_2015 - page 4

Der Bewertungsausschuss war zum
Erlass von Vorgaben zur Quotierung
laborärztlicher Leistungen durch die
KVen ermächtigt. So lautet das ein­
deutige Urteil des Bundessozialge­
richts (Az.: B 6 KA 33/14 R und B 6
KA 34/14 R). Damit dürfen die
KVen Laborleistungen nur quotiert
vergüten. Das schließe auch die Sach­
leistungen mit ein. Sie hätten zwar
nicht den RLV unterlegen, seien aber
Teil der Gesamtvergütung.
(mwo)
BSG bestätigt
Quotierung
LABORLEISTUNGEN
Die Bund­Länder­Kommission hat
das Krankenhausstrukturgesetz noch­
mals überarbeitet und in die wohl end­
gültige Fassung gebracht. Man will die
Pflege stärken, indem den Kranken­
häusern zusätzliche Mittel zur Verfü­
gung gestellt werden. Dabei wird man
nicht müde, zu betonen, dass es sich
nicht um ein weiteres Kostendämp­
fungsgesetz handelt, sondern dass so­
gar zusätzliche Finanzmittel einge­
bracht werden, um die Defizite zu be­
seitigen. Dies betonen sowohl die
Bundesregierung als auch die Länder
einmütig.
Man verspricht den Krankenhäu­
sern 800 Millionen Euro. Davon ent­
fallen 500 Millionen auf eine Aufsto­
ckung der Pflege in den Häusern. Man
hat auch in der Bundesregierung ent­
deckt, dass das Prinzip Kostenkalkula­
tion der DRG so seine Tücken hat,
vor allem, wenn die Krankenhäuser
gezwungen sind, zu sparen. Die somit
eingeleitete Rationierung ging in der
Vergangenheit vor allem zulasten der
Personaldecke, die mit 60 bis 70 Pro­
zent den größten Brocken der Kran­
kenhauskosten ausmacht.
Extramittel auch für die Hygiene
Um zu verhindern, dass die Versor­
gung durch Personalmangel weiter lei­
det, fließt zweckgebunden zusätzliches
Geld ins System. Dazu passen auch
die zusätzlichen 125 Millionen Euro,
die über Tarifabschlüsse bei den Pfle­
gekräften verursacht sind. Nebenbei
legt man für die aufwendigen Hygie­
nevorschriften noch 100 Millionen
Euro drauf.
Bei kritischer Analyse fällt auf, dass
man von einigen Grundsätzen der seit­
herigen Krankenhausfinanzierung ab­
weicht. DRGs basieren auf einer Ist­
Kosten­Analyse und sind diagnosebe­
zogen definiert. Dabei dürfen bewusst
sparsame Krankenhäuser Gewinne
machen und teure werden gezwungen
zu sparen. Dieses Prinzip, das sich auf
die Gesamtkosten einschließlich Per­
sonal und Material bezieht, wird
durchbrochen. Der wichtigste Teil in
der Kalkulation, das Personal, wird
ordnungspolitisch reglementiert. Das
zugunsten der DRGs aufgegebene
Selbstkostendeckungsprinzip lässt grü­
ßen. Gespart werden kann in Zukunft
in den Krankenhäusern dann nur
noch an den Materialkosten.
Kliniken weiter im Sparzwang
Nicht vergessen darf man, dass ein
Teil des Geldes wieder dadurch einge­
sammelt wird, indem man straffere
Vorgaben für die Auswahl der an der
DRG­Kalkulation teilnehmenden
Krankenhäuser einführt (wir berichte­
ten).
Großzügig hat die Bund­Länder­
Arbeitsgruppe das eigentliche Problem
der Krankenhausfinanzierung in
Deutschland links liegen gelassen. Die
Länder haben darauf geachtet, dass sie
weiter ihrer gesetzlichen Verpflichtung
einer ausreichenden Investitionsförde­
rung der Krankenhäuser nicht nach­
kommen müssen. Dies ist der eigentli­
che Grund, weshalb in der Vergangen­
heit DRGs zur Kosteneinsparung her­
halten mussten. Jetzt dürfen die Kran­
kenkassen noch zusätzlich 800 Millio­
nen Euro einbringen. Auch in Zukunft
müssen die Krankenhäuser an der Ver­
sorgung weiter sparen, um nötige In­
vestitionen zu finanzieren, die eigent­
lich von den Länderhaushalten bezahlt
werden müssten.
Die Krankenkassen finanzieren wei­
ter die Investitionen der Kliniken und
entlasten damit die Länder­Haushalte.
Merkwürdig ist nur, dass sie dies hin­
nehmen ohne zu murren, sehen sie
sich doch sonst immer als Walter der
Versichertenbeiträge.
Die Eckpunkte
der Bund­Länder­
Arbeitsgruppe zum Änderungsbedarf des
Entwurfs des Krankenhausstrukturgeset­
zes im Web:
Geschickte Gesetzesände­
rung: Die Bund­Länder­
Kommission will den
Kliniken zwar nun mehr
Geld fürs Personal zugeste­
hen. Dafür entziehen sich
die Länder aber ihrer
Verpflichtung zur Investi­
tionsförderung.
Krankenhausgesetz: Kassen
subventionieren Bundesländer
Von Dr. Hans­Friedrich Spies
Die Kassen und damit letztlich die Beitragszahler sollen die Millionen für die Klinikreform liefern.
© B. WYLEZICH/FOTOLIA.COM
Der noble Festsaal direkt am Branden­
burger Tor in Berlin war nicht wirklich
gut gefüllt, der Gesundheitsminister
war nicht unter den Gratulanten, et­
was verloren wirkend harrte Professor
Karl Lauterbach (SPD) als ranghöchs­
ter Gesundheitspolitiker aus dem Bun­
destag nur bis zur Halbzeit der Veran­
staltung aus.
Nicht einmal alle Vorsitzenden der
Kassenärztlichen Vereinigungen waren
da, Mitstreiter aus der Selbstverwaltung
wie Ärztepräsident Professor Frank Ul­
rich Montgomery und der Hauptge­
schäftsführer der Deutschen Kranken­
hausgesellschaft Georg Baum verzichte­
ten auf den anschließenden Plausch am
Buffet. Der 60. Geburtstag der KBV
am 30. September war kein rauschen­
des Fest.
Minister Hermann Gröhe hatte sei­
nen Staatssekretär geschickt, um den
Funktionären der von Krisen und Affä­
ren geschüttelten Körperschaft die Le­
viten zu lesen. „Man bleibt jung, so
man neue Gewohnheiten annehmen
und Widerspruch ertragen kann“, sagte
Lutz Stroppe gleich zu Beginn seines
Vortrags. An Hinweisen auf seiner An­
sicht nach alte und schlechte Gewohn­
heiten sparte er im Folgenden nicht.
Und immer zeigte er wie nebenbei auch
die Instrumente, die der Aufsichtsbe­
hörde zu Gebote stehen. „Nehmen Sie
Ihre Freiheit, aber auch Ihre Verantwor­
tung für Ärzte und Patienten wahr!“,
rief Stroppe den Geburtstagsgästen zu.
Nur wenn die ärztliche Selbstverwal­
tung dies erfülle, stimme der Satz, dass
es ein Fehler sei, über eine Auflösung
der KBV nachzudenken.
Die Selbstverwaltung sei eine Verant­
wortungsgemeinschaft, in der jeder sei­
ne Aufgabe habe, sagte Stroppe. Die
müsse jeder verlässlich erfüllen. Sei dies
nicht mehr Fall, müsse man auch über
Alternativen nachdenken. „Wir vertrau­
en der Selbstverwaltung. Und wir trau­
en Ihnen etwas zu.“ Das Vertrauen sei
aber nicht grenzenlos: „Vertrauen ist
gut, Kontrolle ist besser!“, zitierte der
CDU­Politiker Lenin. Da ging ein Rau­
nen durch den Saal.
Mehrmals verwies Stroppe darauf,
was die Regierung jetzt von den nie­
dergelassenen Ärzten erwartet. Der
Gesetzgeber habe den Ärzten große
Freiheiten gegeben, sagte Stroppe.
Eng damit verbunden sei aber, dass
der Sicherstellungsauftrag eingehalten
werden müsse, flächendeckend und
auch im ländlichen Raum. „Wir wol­
len alle, dass der Sicherstellungsauf­
trag von den KVen und der KBV in
voller Weise wahrgenommen wird.“
Dafür bedürfe es des Zusammenspiels
der Akteure. Das Ministerium und die
Politik erwarteten zwar keine Verbrü­
derung der Ärzte mit anderen Akteu­
ren der Selbstverwaltung. „Aber: Fair­
ness und ein vertrauensvolles Mitei­
nander ist eine Erwartung, die wir an
alle Bereiche der Ärzteschaft haben“,
so Stroppe.
(af)
Die Kassenärztliche
Bundesvereinigung feierte
kürzlich ihr 60­jähriges
Bestehen. Festliche Stim­
mung wollte dabei aller­
dings kaum aufkommen.
60 Jahre KBV – die Party fiel aus
4
November 2015
BDI aktuell
Berufspolitik
Die KBV gibt in der Öffentlichkeit
ein ausgesprochen schlechtes Bild ab.
Im Vordergrund steht dabei die Ver­
treterversammlung mit ihren Aktivi­
täten. Man stellt Abwahlanträge für
Vorstandsmitglieder und Vorsitzende
der Vertreterversammlung. Solche
Anträge finden breite Zustimmung.
Dennoch wird die notwendige quali­
fizierte Stimmenmehrheit für Ab­
wahlanträge nicht erreicht.
Aber auch der Vorstand mit Dr.
Andreas Gassen und Regina Feld­
mann hat so seine Schwierigkeiten.
Zuerst versucht man, den 1. Vorsit­
zenden Gassen zum Rücktritt zu
zwingen, inzwischen ist diese Diskus­
sion zu Ende. Gassen steht nicht
mehr in der direkten Schusslinie.
Dafür aber sein Vorgänger Dr. And­
reas Köhler. Ihm werden erhebliche
Versäumnisse, vorwiegend bei der
Gestaltung des eigenen Dienstvertra­
ges, nachgesagt. Bei der Aufklärung
lassen die Institutionen der KV jed­
wedes Fingerspitzengefühl vermissen
und sind mit dieser Aufgabe offen­
sichtlich überfordert. Regina Feld­
mann, die 2. KBV­Vorsitzende, hat
mit der Demontage der eigenen
Körperschaft begonnen, in dem sie
sich direkt in der Sache Köhler an
das Aufsichtsministerium gewandt
und um Hilfe bei der Aufklärung ge­
beten hat. Dies scheint ohne interne
Beratung innerhalb der KV­Gremien
geschehen zu sein. In einem Inter­
view mit dem Ärztlichen Nachrich­
tendienst erklärt sie dies mit einer
Unschärfe der Vorgaben im Sozialge­
setzbuch. Es sei unklar, wer für die
Vorstandsvergütung in der KBV ver­
antwortlich ist. Ohne diese Frage in­
tern abzustimmen, hat sie sich selbst
für zuständig erklärt und flux das
Ministerium angeschrieben.
Damit aber nicht genug: Einzelne
Mitglieder der Vertreterversammlung
stellen gegen das ehemalige Vor­
standsmitglied Strafanzeige bei der
Staatsanwaltschaft, in der Hoffnung,
dass die KV­internen Vorgänge dort
besser aufgeklärt werden können als
in den eigenen Gremien, denen man
offensichtlich mehr als misstraut. Die
Folgen der Aktion sind bekannt. So
demonstriert man am besten die
Handlungsunfähigkeit der eigenen
Körperschaft. Man wird sich als Poli­
tiker überlegen müssen, ob man eine
derart geführte Körperschaft noch
mit der öffentlich­rechtlichen Aufga­
be wie einem Sicherstellungsauftrag
für die ambulante Versorgung beauf­
tragen kann. Politiker aller Parteien
sind ins Grübeln gekommen.
DER CHEFREDAKTEUR MEINT
Glaubwürdigkeit
bröckelt
Von Dr. Hans­Friedrich
Spies
Schreiben Sie dem Autor unter:
berufspolitik@bdi­aktuell.de
Das Krankenhausstrukturgesetz
wird den Webfehler der unzurei­
chenden Krankenhausfinanzierung
wieder nicht beseitigen, kritisiert
der Berufsverband Deutscher Inter­
nisten (BDI) die nun vorgelegten
Änderungen. Seit Jahren kommen
die Bundesländer ihren gesetzlichen
Pflichten nicht nach, für ausrei­
chende Investitionsmittel im Rah­
men der dualen Finanzierung zu
sorgen; die laufenden Kosten tragen
die Krankenkassen über die DRG’s.
Die Kliniken müssen somit die
Defizite der Länder bei der Investiti­
onsförderung zusätzlich ausgleichen.
„Der dadurch ausgelöste Rationali­
sierungsdruck geht letztlich nicht nur
zu Lasten des Krankenhausperso­
nals, an dem überwiegend gespart
werden muss, um die notwendigen
Investitionen tätigen zu können, son­
dern auch zu Lasten der Beitragszah­
ler der Krankenkassen“, stellt BDI­
Präsident Dr. Wolfgang Wesiack fest.
Die Bundesregierung habe diesen
Qualitätsmangel erkannt. Aber an­
statt die nötigen Investitionen bei
den Ländern einzufordern, drehe sie
an der DRG­Systematik.
BDI: Webfehler wird nicht beseitigt
1,2,3 5,6,7,8,9,10,11,12,13,14,...24
Powered by FlippingBook