12
September 2015
BDI aktuell
Medizin
Ein Verlust der bakteriellen Symbi
onten begünstigt die Entstehung
von Allergien, teilt das Helmholtz
Zentrum München mit.
Das Team um Dr. Caspar Ohn
macht vom Zentrum Allergie und
Umwelt (ZAUM) der TU Mün
chen und des Helmholtz Zentrums
München und Gérard Eberl, Leiter
der Microenvironment and Immu
nity Unit am Institut Pasteur, hat
nun gezeigt, dass symbiotische
Darmbakterien das Immunsystem
beeinflussen und dadurch allergi
sche Reaktionen blockieren (Sci
ence 2015; online am 9. Juli).
Die Anwesenheit von Bakterien
oder Pilzen verursacht ja eine Ant
wort von Typ3Zellen des Immun
systems. Diese koordinieren dann
die Phagozytose und das Abtöten
der Mikroben. Ist ein Erreger aber
zu groß, um von den Typ3Zellen
bekämpft zu werden, ist eine andere
Gruppe von Zellen für die Beseiti
gung verantwortlich: die Typ2
Zellen. Diese speziellen Immunzel
len sind aber auch für allergische
Reaktionen verantwortlich.
Die Forscher zeigten, dass Typ
3Zellen, die bei einem mikrobiel
len Kontakt aktiviert werden, direkt
auf Typ2Zellen einwirken und ih
re Aktivität blockieren. Somit sind
Typ2Zellen nicht mehr in der La
ge, allergische Immunantworten
auszulösen. Durch ihren Einfluss
auf die Typ3Zellen blockiert die
Mikrobiota also indirekt die Typ
2Immunantwort, so die Forscher.
Die Ergebnisse erklären, wie ein
Ungleichgewicht in der Mikrobiota
eine überschießende Typ 2Immun
antwort auslöst, die normalerweise
für die Abwehr großer Parasiten
eingesetzt wird aber eben auch zu
allergischen Antworten führen
kann.
(eb)
Mikrobiota:
Einfluss auf
Immunzellen
Mikroben blockieren spe
zifisch jene Immunzellen,
die für die Auslösung von
Allergien ursächlich sind.
ALLERGIEN
Arsen belastet häufig Reis und
Reisprodukte. Daher empfiehlt die
Deutsche Gesellschaft für Gastro
enterologie, Verdauungs und Stoff
wechselkrankheiten (DGVS) Pati
enten, die etwa aufgrund einer Zöli
akie auf Weizen, Roggen und Gers
te verzichten, ihren Speiseplan nicht
allein auf der Basis von Reis zu ge
stalten. Auch das Bundesinstitut für
Risikobewertung (BfR) berichtete
über die Belastung von Reisproduk
ten mit Arsenverbindungen. Dem
nach könne Reis ernährungsabhän
gig erheblich zur Gesamtaufnah
me anorganischer Arsenverbindun
gen beitragen, heißt es in einer
Mitteilung der DGVS. Es ist
wahrscheinlich, dass Menschen, die
Arsenbelasteten Reis regelmäßig
als Grundnahrungsmittel essen, ein
erhöhtes Risiko für bestimmte
Krebserkrankungen, wie etwa Lun
genkrebs, haben, wird DGVS
Sprecher Professor Christian Traut
wein von der Uniklinik RWTH Aa
chen zitiert.
(eb)
Reisprodukte
häufig mit
Arsen belastet
ZÖLIAKIE
Allgemeinärzte und hausärztlich tätige
Internisten haben oft mit Diabetespa
tienten zu tun, die nicht compliant
sind. Also mit Patienten, die trotz viel
fältiger Schulungsangebote und Aus
schöpfung aller modernen Therapie
prinzipien eine katastrophale Stoff
wechsellage behalten. Dieser Zustand
ist für alle Beteiligten nicht schön. Da
ten der Krankenkassen zufolge werden
etwa 60 Prozent der Hochrisikopatien
ten nur vom Hausarzt behandelt.
Somit finden nur wenige Problem
patienten den Weg in eine Schwer
punktpraxis oder ein Diabeteszent
rum. Oft werden dann die behandeln
den Ärzte dafür verantwortlich ge
macht, wenn diese Patienten mit
Komplikationen schwerer Folgekrank
heiten des Diabetes stationär behan
delt werden müssen.
Drei Kategorien von Gründen
In einer Studie aus den USA hat man
im vergangenen Jahr versucht heraus
zufinden, welche Gründe dazu führen,
dass Menschen sich der medizinischen
Versorgung entziehen (J Gen Intern
Med 2014;30:2907). In dieser Analy
se wurden die Daten von 1369 Teil
nehmern eines Kollektivs aus dem
Health Information National Trends
Survey ausgewertet. Sie hatten bei der
Befragung angegeben, dass sie einen
Arztbesuch vermeiden würden, auch
wenn er vermutlich nötig sei. Bei der
qualitativen Analyse der selbstformu
lierten Antworten fanden sich drei Ka
tegorien von Gründen:
Mehr als ein Drittel der Teilnehmer
äußerte generelle Skepsis gegenüber
der Medizin. Dazu gehörten Kommu
nikationsprobleme, mangelndes Ver
trauen, wenig Einfühlungsvermögen,
auch Angst vor schlechten Nachrich
ten, Abneigung gegenüber Medika
menten und Misstrauen gegenüber
den Empfehlungen von Ärzten. Als
weitere Hinderungsgründe wurden
lange Wartezeiten genannt sowie
Schuldgefühle im Hinblick auf das ei
gene ungesunde Verhalten.
Eine zweite Gruppe von 12,2 Pro
zent vertraute eher auf Selbstheilungs
kräfte und hatte deshalb eine Vermei
dungshaltung. Dazu gehörte auch das
Ignorieren und Vernachlässigen von
Symptomen.
Von der dritten Gruppe wurden üb
liche allgemeine Hinderungsgründe
genannt: keine Zeit, zu unangenehm,
ein zu weiter Weg zum Arzt, aber auch
hohe Kosten und eine fehlende Kran
kenversicherung.
Die Befragung lässt sich zwar nur
eingeschränkt auf Deutschland über
tragen. Die meisten Verweigerungsar
gumente dürften sich hierzulande
wie überall auf der Welt aber nicht
unterscheiden. Wir wissen, dass sich
jeder zweite Patient bei einer Langzeit
therapie nicht an die empfohlenen
Maßnahmen hält. Die ArztPatien
tenKommunikation ist daher der
Drehund Angelpunkt für eine gute
Compliance und steht wissenschaftlich
im Fokus des Interesses.
Ärzte nicht an den Pranger stellen!
Schulungsmodelle der biopsychosozia
len Medizin sollen die Grundlage für
eine professionelle ArztPatienten
Kommunikation vermitteln, mit dem
Ziel, Compliance und Adhärenz zu
verbessern. Dies bedeutet, Verständnis
für körperlichseelische und soziale
Zusammenhänge als Ursache von
Krankheitsverhalten zu entwickeln.
Die aktuellen DiabetesTherapie
leitlinien beinhalten inzwischen bio
psychosoziale Aspekte, indem sie den
Wunsch der Patienten, ihre physischen
und intellektuellen Fähigkeiten und
weitere Umgebungsfaktoren beim Fin
den eines sinnvollen Therapieziels be
rücksichtigen. Die Versorgung hat sich
dadurch sehr verbessert. Es bleibt aber
dabei: Trotz optimaler Voraussetzun
gen und Angebote professioneller
Therapeutenteams gelingt es nicht, die
Eigenverantwortung aller Patienten so
zu stimulieren, dass die Therapie kon
sequent erfolgt.
Auch zukünftige und vielleicht
noch weiter verbesserte Angebote für
Menschen mit Diabetes und anderen
chronischen Krankheiten werden dies
wohl nicht ändern. Gesundheitspoliti
ker und besonders Krankenkassenver
treter sollten das berücksichtigen, und
nicht die Behandler und speziell die
Ärzte an den Pranger stellen.
Quelle: JaurschHancke C (2015) Versor
gung bei Diabetes mellitus heute und in
Zukunft: Letztlich entscheidend ist der
Faktor Patient. Info Diabetologie 9:1. Der
Abdruck erfolgte mit freundlicher Geneh
migung der Autorin.
Versorgung bei Diabetes: Der
Faktor Patient ist entscheidend
Viele Diabetespatienten
sind nicht compliant und
verweigern trotz schlech
ter Stoffwechsellage den
Besuch beim Spezialisten.
Können Techniken der
biopsychosozialen Medizin
die Patientenversorgung
der Zukunft verbessern?
Von Dr. Cornelia JaurschHancke
Die ArztPatientenKommunikation ist Dreh und Angelpunkt für eine gute Compliance
© ALEXANDER RATHS/FOTOLIA.COM
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60%
der Hochrisikopatienten
werden
nach Daten der Krankenkassen
nur vom Hausarzt behandelt.
Bei bis zu 15 Prozent der Patienten
mit Rheumatoider Arthritis (RA) mit
mehrjähriger Krankheitsdauer wird ein
Befall der Halswirbelsäulen(HWS)
Gelenke beobachtet. Da die HWS
nach den Händen und Füßen bei der
RA am häufigsten betroffen ist, be
zeichnet man sie auch als fünfte Extre
mität, schreibt Dr. Stefan Egger, nie
dergelassener Rheumatologe aus Wien
in der Zeitschrift Manuelle Medizin
(Mauelle Medizin 2015; 53:139141).
Die Entzündung führe zur Lockerung
von Gelenkkapsel und Bandapparat.
Formiert sich zusätzlich aggressives
entzündliches Gewebe (Pannus), ist ei
ne erosive Zerstörung von Knorpel
und Knochen die Folge.
Gefürchtet sei die bei fortgeschrit
tenen Zerstörungen auftretende distale
Gleitbewegung des Atlas und damit
ein relatives Höhertreten des Dens
axis. Die Medulla oblongata kann so
durch die Densspitze im Foramen ma
gnum komprimiert werden (pseudoba
siläre Impression). Schreitet die Er
krankung an der HWS weiter fort, tre
ten entzündliche Veränderungen und
Destruktionen auch an Facetten und
Uncovertebralgelenken der tiefer lie
genden HWSSegmente auf. Es resul
tieren Gefügelockerungen, die zur ver
mehrten Gleitbeweglichkeit der verte
bralen Segmente und zur subaxialen
Instabilität führen. Durch Einengung
des Spinalkanals kann es zur direkten
Kompression des zervikalen Rücken
marks kommen.
Erschwerend für die Diagnostik des
rheumatischen HWSBefalls ist, dass
sich oft keine typische Schmerzcharak
teristik erkennen lässt. Am häufigsten
nennen die Patienten uncharakteristi
sche HinterkopfNackenSchmerzen.
Hinzu kommt, dass die Entzündung
und ihre Folgeerscheinungen über lan
ge Zeit keine Beschwerden machen.
Andererseits müssen vorhandene Be
schwerden nicht mit einem Fortschrei
ten struktureller Schäden Hand in
Hand gehen, so Egger. In der Diag
nose sei man also auf die Bildgebung,
meist in Form von MRT angewiesen.
Als möglicher früher Hinweis auf zer
vikale Myelopathie habe sich die Frage
nach Gangunsicherheit, zuerst oft im
Dunkeln, und Missempfindungen in
den Armen und Beinen bewährt.
(grz)
Die Diagnose eines Befalls
der Halswirbelsäule bei
Rheumatoider Arthritis (RA)
ist nicht einfach. Oft gibt
es keine typische Schmerz
charakteristik.
RA: An die Halswirbelsäule denken!