Bis Richtlinien des Gemeinsamen
Bundesausschusses (GBA) ihre Wir
kung entfalten, dauert es mitunter ei
nige Zeit. Bei der sektorübergreifen
den Qualitätssicherung wird es für
Ärzte und Kliniken nun aber langsam
ernst. Denn die Änderung der Richtli
nie zur einrichtungsund sektorüber
greifenden Qualitätssicherung vom Fe
bruar dieses Jahres (in Teil 1 Paragraf
26 und Teil 2) erfordert, dass die Leis
tungserbringer spezielle Daten zur
Qualitätssicherung erheben und stellt
Sanktionen für fehlende Dokumentati
on in Aussicht.
Dabei erhielt der GBA bereits im
Rahmen des Wettbewerbsstärkungsge
setzes den gesetzlichen Auftrag (Para
grafen 137, 137a SGB V), einrichtungs
übergreifende, an der Ergebnisqualität
ausgerichtete Maßnahmen zur sektor
übergreifenden Qualitätssicherung zu
beschließen. 2010 lag dann auch tat
sächlich die Richtlinie über einrich
tungsund sektorübergreifende Maß
nahmen zur Qualitätssicherung kurz
QesueRL vor. Damit schuf der GBA
die Voraussetzungen für eine sektor
übergreifende Qualitätssicherung. In
der Richtlinie werden die Strukturen
und verfahrenstechnischen Grundlagen
für eine sektorübergreifende Betrach
tung der medizinischen Behandlungs
qualität festgelegt. Und es wird die
Möglichkeit eröffnet, die Qualität der
Leistungen zu vergleichen, die gleicher
maßen im Krankenhaus und in der ver
tragsärztlichen Praxis erbracht werden
(sektorgleiche Verfahren). Zudem soll
auch die Erfassung von Behandlungser
gebnissen möglich sein, an denen so
wohl das Krankenhaus als auch nieder
gelassene Ärzte maßgeblichen Anteil
haben (sektorüberschreitende Verfah
ren) oder bei denen die Qualität einer
im Krankenhaus erbrachten Leistung
durch die Messung in einer vertrags
ärztlichen Praxis (oder umgekehrt)
überprüft wird (sektorüberschreitendes
followupVerfahren).
Auch Praxisbegehungen sind geregelt
Die Richtlinie regelt die Grundlagen
der Aufbauorganisation, die Datenflüs
se, das Verfahren zur Auffindung quali
tativ auffälliger Ergebnisse sowie sich
daraus ergebende mögliche Vorgehens
weisen, wie etwa Praxisbegehungen. Auf
der Grundlage der beschlossenen
Richtlinie soll es möglich sein, die Be
handlungsqualität über den stationären
Aufenthalt von Patientinnen und Pati
enten hinaus zu erfassen.
Die Richtlinie ist in zwei Teile ge
gliedert. Einen allgemeinen Teil, der
für alle Verfahren gelten soll (Teil 1)
und einen besonderen Teil (Teil 2) in
dem die verfahrensspezifischen Be
stimmungen für sektorübergreifende,
themenspezifische Qualitätssiche
rungsverfahren festgelegt werden.
2010 hatte der GBA zunächst nur Teil
1 der Richtlinie beschlossen und dem
AQUAInstitut (Institut für angewandte
Qualitätsförderung und Forschung im
Gesundheitswesen) die Erarbeitung der
Bestimmungen für sektorübergreifende,
themenspezifische Qualitätssicherungs
verfahren übertragen.
Mit der nun vorliegenden Ände
rung der Richtlinie werden erstmalig
themenspezifische Bestimmungen
vorgelegt und zwar für das sektor
übergreifende Qualitätssicherungsver
fahren perkutane Koronarintervention
(PCI) und Koronarangiographie.
Das Verfahren 1: Perkutane Koro
narintervention (PCI) und Koronar
angiographie ist in vier Abschnitte (A
bis D) mit insgesamt 18 Paragrafen
gegliedert und enthält zwei Anlagen.
In Abschnitt A Allgemeines sind
u. a. Koronarangiographien und per
kutane Koronarinterventionen (In
dexeingriff) bei gesetzlich versicher
ten Patienten ab 18 Jahren, Messung
der Indikationsstellung, der Durch
führung und der Komplikationen und
Ziele (Verbesserung der Indikations
stellung, Förderung der leitlinienge
rechten Durchführung, Verringerung
der Komplikationsrate) definiert. Pa
ragraf 2 enthält dabei Eckpunkte,
wie die Beurteilung von ambulant und
stationär erbrachten Indexeingriffen.
Der GBA soll das Erreichen der Ziele
zum 30.06.2023 bewerten und über
den Fortgang entscheiden.
In Abschnitt B sind Erhebung,
Weiterleitung, Prüfung und Auswer
tung der Daten geregelt. Die entspre
chenden Daten sind in der Anlage II
aufgeführt. Die Daten werden bei den
Leistungserbringern, den Krankenkas
sen und zu einem späteren Zeitpunkt
auch bei den Patienten erhoben.
Wichtig ist, dass die Datenerhe
bung bei den Leistungserbringern be
reits am 1. Januar 2016 beginnen soll.
Für eine bundesweit einheitliche und
softwarebasierte Dokumentation
durch die Leistungserbringer und ein
heitlicher Regeln für die Datenbereit
stellung durch die Kassen soll das In
stitut für Qualitätssicherung und
Transparenz im Gesundheitswesen
(IQTIG) Vorgaben erarbeiten.
Es drohen Vergütungsabschläge
In Abschnitt C sind die Durchführung
von Maßnahmen und Zuständigkeiten
geregelt. Die Landesarbeitsgemein
schaften sollen Fachkommissionen
einrichten. Hierbei sind Länderüber
greifende Kommissionen möglich, ins
besondere bei geringer Anzahl leis
tungserbringender Einrichtungen pro
Land. Stimmberechtigte Mitglieder
der Fachkommissionen sind mindes
tens je zwei Vertreter der Vertragsärzte
und der zugelassenen Krankenhäuser,
von denen mindestens je einer Kar
diologe sein muss sowie ein Vertreter
der Krankenkassen mit der Facharzt
bezeichnung Internist. Weiter ist vor
gesehen, dass das Institut ein sektor
übergreifendes Expertengremium auf
Bundesebene einrichtet.
Nicht außer Acht lassen sollten Ärzte
und Kliniken Abschnitt D. Denn unter
dem Punkt Fehlende Dokumentation
der Datensätze wird bei Nichterfüllen
der Dokumentationspflichten auf Sank
tionen wie Vergütungsabschläge nach
Teil 1 Paragraf 17 Absatz 4 hingewie
sen. Ausdrücklich wird aber festgestellt,
dass für das Erfassungsjahr 2016 keine
Vergütungsabschläge erhoben werden.
Mit der Richtlinie zur
sektorübergreifenden Quali
tätssicherung soll die
Behandlungsqualität über
den stationären Aufenthalt
hinaus erfasst werden. Nun
geht das erste Verfahren in
den Regelbetrieb. Ab 2016
sollen Ärzte und Kliniken
Daten liefern.
GBARichtlinie wird mit Leben gefüllt
Von Sabine Marschall
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Das Verfahren soll
Patienten Informa
tionen über die
Qualität der
durchgeführten
Leistungen geben,
um sie bei ihrer
Entscheidung zu
unterstützen, ob
und in welcher
Einrichtung sie sich
diesem Eingriff
unterziehen.
aus der Begründung
des GBA
zur RichtlinienÄnderung
Transparenz über die Sektorgrenzen hinaus: Für perkutane Koronarinterventionen soll dies nun Realität werden.
© CHRISTIAN JUNG / FOTOLIA.COM
Berufspolitik
BDI aktuell
September 2015
7
Auf der Agenda der Bundesregierung
steht neben vielen weiteren gesetzlichen
Vorgaben in der Gesundheitspolitik
auch eine Neuordnung der Ausund
Weiterbildung der Psychotherapeuten.
Die gesetzliche Vorlage befindet sich zur
Zeit in Arbeit, erste Entwürfe sind an
die Öffentlichkeit gedrungen. Der Vor
sitzende des Spitzenverbandes der
Fachärzte in Deutschland (SpiFa), Dr.
Dirk Heinrich, sah sich aufgrund dieser
Information gezwungen, den Präsiden
ten der Bundesärztekammer (BÄK)
Professor Frank Ulrich Montgomery
über den Vorgang zu informieren. Da er
befürchtet, dass die ärztliche Versorgung
von dieser Neuordnung betroffen ist.
Die Psychotherapeuten selbst sind in
der zweiten ärztlichen Körperschaft, der
KV, ohnehin Mitglied, sodass in diesem
Falle allein die BÄK gefragt ist, da hier
die Ärzte unabhängig von den Psycho
therapeuten organisiert sind.
Wie positioniert sich die BÄK?
Man darf gespannt sein, ob und wie die
BÄK auf das Anschreiben reagiert. Es
besteht die Befürchtung, dass es zu ei
ner Befugniserweiterung der Psychothe
rapeuten kommt, die in die ärztliche
Kompetenz eingreift. Dies soll auch Re
gularien wie stationäre Einweisung und
Krankschreibung betreffen. Tatsächlich
steigt die Zahl der nicht ärztlichen Psy
chotherapeuten im Vergleich zu den
Ärzten, die eine psychotherapeutische
Anerkennung besitzen oder zu psycho
somatisch tätigen Ärzten kontinuierlich
an. Der SpiFa erwartet, dass die ganz
heitliche Versorgung der Patienten, die
Organ und Psyche gleichzeitig einbe
zieht, weiterhin eine originäre ärztliche
Aufgabe bleibt. Wir drucken das Schrei
ben im Folgenden in Auszügen ab:
Sehr geehrter Herr Professor Montgo
mery,
der SpiFa wendet sich an Sie als Ver
tretung der deutschen Ärzteschaft in
einer Angelegenheit, welche die Exis
tenz der Medizin in ihrer heutigen
Form und das künftige Berufsbild des
Arztes grundsätzlich betrifft. Seitens
des Gesundheitsministeriums ist eine
Novellierung des Psychotherapeuten
gesetzes geplant.
Nach bisher bekannt gewordenen In
formationen scheint die Bezeichnung
Novellierung jedoch irreführend. Ge
plant sind viel weitergehendere Eingriffe
in das Gesundheitswesen der Bundesre
publik Deutschland ...
Vorgesehen ist die Schaffung eines
neuen Gesundheitsberufs neben und
künftig sicherlich auch in weiten Teilen
anstelle des Arztes. Konkret vorgesehen
ist neben dem Medizinstudium die Ein
führung eines neuen grundständigen
Psychotherapiestudiums mit unmit
telbar anschließendem Staatsexamen
und Approbation, bemerkenswerterwei
se ohne den Erwerb der speziellen psy
chotherapeutischen Fachkunde inner
halb des Studiums! ...
Unter Umgehung des Medizinstudi
ums soll hier neben dem Arzt ein neuer
allgemein heilkundlicher Gesundheits
beruf geschaffen werden, ein neuer
QuasiArzt mit Zuständigkeit für den
gesamten kommunikativen, psychoso
zialen und basalen medizinischen Be
reich im Gesundheitswesen, und das
ohne den Erwerb der entsprechenden
grundlegenden medizinischen Kennt
nisse und Erfahrungen im vorhergehen
den Studium! Das heißt, dass hier ein
heilkundlicher Gesundheitsberuf ge
schaffen werden soll, der sich bezüglich
der medizinischen Qualifikation deut
lich unter dem Niveau von Kranken
schwestern/pflegern bewegen dürfte.
Ärzteschaft wurde nicht beteiligt
Die Medizin als umfassende Human
wissenschaft und unteilbare Heilkun
de für den ganzen Menschen ist durch
dieses Gesetzesvorhaben in ihren
Grundlagen gefährdet. Es droht die
Übernahme des gesamten kommuni
kativen, psychosozialen und basalme
dizinischen Bereichs durch den neuen
allgemein heilkundlichen Beruf des
Psychotherapeuten und die Ab
drängung der Ärzteschaft in den aus
schließlich technischen Sektor.
Betroffen von diesen Planungen ist
insbesondere das gesamte Tätigkeitsfeld
der praktischen Ärzte, Fachärzte für All
gemeinmedizin und Fachärzte mit vie
len Patienten in der Grundversorgung ...
Es ist besorgniserregend, dass sämtli
che bisherigen Planungen zu diesem
Gesetz, das für die Bevölkerung weitrei
chende Konsequenzen hat, ohne Betei
ligung der Ärzteschaft erfolgt sind.
Selbst wenn man die Angelegenheit
als ausschließlich psychotherapeutische
betrachten möchte, erscheint die fehlen
de Beteiligung der Ärzteschaft und der
Bundesärztekammer als deren Vertre
tung inakzeptabel ...
Aufgrund der besonderen Dring
lichkeit mit dem voraussichtlich noch
in diesem Jahr anstehenden Referen
tenentwurf ... möchten wir folgende
Fragen an die BÄK richten:
Welche Maßnahmen
zum Schutz der
Medizin als unteilbarer Humanwissen
schaft und Heilkunde für den ganzen
Menschen hat die BÄK bisher ergriffen?
Welche Zukunft
und Tätigkeitsfel
der sieht die BÄK angesichts der ge
planten Umwälzung im Gesundheits
wesen für nicht überwiegend appara
tivtechnisch tätige Ärzte? ...
Was hat
die BÄK gegen den Aus
schluss der Ärzte von der Transitions
kommission zur Novellierung des Psy
chotherapeutengesetzes unternommen?
Wir freuen uns über einen zeitnahen
Austausch ... und verbleiben mit
freundlichen Grüßen
Dr. med. Dirk Heinrich, Vorsitzender
Die geplante Novelle des
Psychotherapeutengesetzes
soll einen neuen Gesund
heitsberuf schaffen. Und
das wohl nicht nur neben,
sondern in weiten Teilen
auch anstelle des Arztes.
Psychotherapeutengesetz gefährdet Grundversorger