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Ältere COPD­Patienten sind offen­
bar einem erhöhten Risiko für einen
plötzlichen Herztod ausgesetzt –
und zwar nicht nur Risikopatienten
nach PCI, koronarem Bypass oder
Herzinfarkt, wie frühere Studien
bereits gezeigt haben, sondern jeder
ältere Patient, der an dieser chroni­
schen Lungenerkrankung leidet.
Zu dieser Erkenntnis kommen
belgische und niederländische Wis­
senschaftler, die in der Rotterdam­
Studie mit insgesamt 13471 Teil­
nehmern (im Mittel 64 Jahre alt) ei­
ne Assoziation zwischen COPD
und dem plötzlichen Herztod fest­
gestellt haben (European Heart
Journal 2015, online 28. April).
Jene 1615 Personen mit einer
COPD­Diagnose hatten ein um
rund 30 Prozent höheres Risiko, ei­
nen plötzlichen Herztod zu erlei­
den, als Teilnehmer ohne diese
Lungenerkrankung. Diese Gefähr­
dung kristallisierte sich aber erst ab
einer etwa fünfjährigen Erkran­
kungsdauer heraus: Dann nämlich
stieg das Risiko für einen plötzli­
chen Herztod um das Doppelte; in
den Jahren zuvor ließ sich dagegen
keine signifikante Risikoerhöhung
feststellen.
Einem mehr als dreifach erhöh­
ten Risiko waren COPD­Patienten
ausgesetzt, die regelmäßig Exazer­
bationen hatten; vor allem dann,
wenn sich Anzeichen einer erhöh­
ten systemischen Inflammation
nachweisen ließen (hoch­sensitives
CRP (hsCRP) 3 mg/L).
Das Risiko für einen plötzlichen
Herztod werde also von der Schwe­
re und Dauer der Lungenerkran­
kung beeinflusst, schreiben die Stu­
dienautoren. Dabei scheinen meh­
rere Mechanismen mit hineinzu­
spielen. Zum Beispiel kann eine
COPD­bedingte Lungenüberblä­
hung ein Remodelling der Atemwe­
ge und damit eine pulmonale Hy­
pertonie verursachen, die wiederum
kardiale Arrhythmien und in der
Folge einen plötzlichen Herztod
auslösen kann. Die prospektive Stu­
die mache jedenfalls deutlich, dass
die Assoziation zum plötzlichen
Herztod bei allen COPD­Patienten
und nicht nur bei Risikopatienten
bestehe, folgern die Forscher. Als
Konsequenz müsse man für
COPD­Patienten effektive Strate­
gien entwickeln, mit denen sich die­
ses Risiko reduzieren lasse.
(vsc)
COPD: Ältere
vom plötzlichen
Herztod bedroht
Für ältere COPD­Patien­
ten könnten präventive
Maßnahmen gegen plötz­
lichen Herztod ab einer
gewissen Erkrankungs­
dauer Sinn machen.
PNEUMOLOGIE
Über 800 Medikamente und Biosubs­
tanzen sind dafür bekannt, dass sie zu
Lungenschäden führen können. „Es
ist schwierig, die exakte Häufigkeit
von medikamentös induzierten Lun­
genschäden abzuschätzen, da die klini­
schen, radiologischen oder auch histo­
morphologischen Veränderungen rela­
tiv unspezifisch sind“, schreibt Profes­
sor Iris Bittmann vom Pathologischen
Institut des Agaplesion Diakonieklini­
kums Rotenburg Wümme (Der Pneu­
mologe 2015; 12:19­25). Häufig seien
Symptome wie Husten, Fieber, Dys­
pnoe und Hypoxämie. Im Lungen­
funktionstest zeige sich eine restriktive
Funktionsstörung. Die Diagnose sollte
beinhalten:
Klinischer Verdacht und Medika­
mentenanamnese,
radiomorphologische Befunde in
der hochauflösenden CT (HRCT),
Ausschluss einer anderen Ursache,
insbesondere Infektion,
bereits dokumentierte Fälle einer
Lungenschädigung für das Medika­
ment mit plausiblen radiologischen
und/oder histomorphologischen Be­
funden.
Auch wenn die morphologischen
Veränderungen nicht spezifisch sind,
können histomorphologische Verände­
rungen bei der Klärung der Lungen­
schädigung helfen. Bittmann empfiehlt
eine bronchoalveoläre Lavage (BAL)
durchzuführen.
Diffuser Alveolarschaden (DAD)
Liegt ein DAD vor, ist der Patient oft
in zu schlechter Verfassung, um eine
Biopsie durchführen zu können. Die
Diagnose erfolgt in der Regel über
Bildgebung. Auslösende Medikamente
sind u.a. Amiodaron, Amitryptilin,
Azathioprin, BCNU (Bis­Chlorethyl­
Nitroso­Urea), Bleomyzin, Busulfan,
CCNU (Chlorethyl­Cyclohexyl­Nitro­
so­Urea), Kokain, Kolchizin, Zyklo­
phosphamide, Goldsalze, Nitrofurato­
in, Mitomyzin, Penizillamine.
Alveoläre Hämorrhagien
Unter anderem folgende Medikamen­
te können alveoläre Hämorrhagien
auslösen: Amphoterizin B, Kokain,
Kodein, Haloperidol, Salbutamol. Die
BAL ist hämorrhagisch.
Organisierende Pneumonie (OP)
Die Ursachen einer OP sind vielfältig.
So kann sie auch im Rahmen einer
rheumatischen Erkrankung auftreten.
„In diesen Fällen stellt sich die Frage,
ob die Kollagenose Ursache der OP ist
oder die für sie eingesetzte Medikati­
on“, schreibt Bittmann. Morpholo­
gisch zeige sich eine pfropfartige intra­
alveoläre Myofibroblastenproliferation
mit einem in der Regel leichten beglei­
tenden entzündlichen Infiltrat, das
durch Lymphozyten dominiert wird,
so die Pathologin. Die BAL zeige kein
spezifisches Bild, es könne sich aber
eine Lymphozytose und eine Vermeh­
rung von Neutrophilen und Eosino­
philen finden.
Auslösende Medikamente: Amioda­
ron, Bleomyzin, Zyklophosphamide,
Mitomyzin, Methotrexat, Phenytoin,
Sulfasalazin und Ipilimumab.
Eosinophile Pneumonie
Meist tritt die eosinophile Pneumonie
bei jungen Patienten auf, die Minozy­
klin aufgrund einer Acne vulgaris ein­
nehmen. Die Diagnose der akuten Eo­
sinophilenpneumonie erfolgt über Eo­
sinophilie im Blut, BAL und Lungen­
gewebe. Die BAL ist essenziell, auf ei­
ne Biopsie kann auch verzichtet wer­
den. Außer Minozyklinen können In­
fliximab, Azetaminophen, Ampizillin,
Bleomyzin, Carbamazepin, Chlorpro­
pamide, Kokain, Nitrofuratoin und
Phenytoin die Erkrankung auslösen.
Chronische interstitielle Pneumonien
„Eine geringe interstitielle Entzün­
dung mit einem Bild ähnlich einer zel­
lulären nichtspezifischen interstitiellen
Pneumonie ist ein relativ häufiges Bild
einer Medikamentennebenwirkung“,
so Bittmann. Die Veränderung gehe
häufig mit Dyspnoe und Hypoxämie
einher. Das Lungenparenchym zeige
ein lymphozytäres Infiltrat, die BAL
eine Lymphozytendominanz. Ge­
mischte Muster mit Lymphozyten,
Neutrophilen und Eosinophilen sind
aber ebenfalls beschrieben. Auslösen­
de Medikamente: Amiodaron, ACE­
Hemmer, Aurothiopropanolsulfat, Be­
tablocker, Ergotamin, Methotrexat,
Nitrofurantoin und Phenytoin.
Eine desquamative interstitielle
Pneumonie mit Akkumulation von al­
veolären Makrophagen ist für Medika­
mente wie Nitrofurantoin oder selte­
ner für
g
­Interferone beschrieben.
Typisch für eine Amiodaron­Pneu­
monitis ist ein interstitielles Ödem mit
lymphozytärem Infiltrat und schaum­
zelligen Makrophagen. Begleitend zu
einer OP kann es, abhängig von der
Dauer der Schädigung, auch zum fi­
brotischen Lungenumbau kommen.
Bilder ähnlich einer exogen allergi­
schen Alveolitis (EAA) können zum
Beispiel durch Biologika hervorgeru­
fen werden, sodass differenzialdiagnos­
tisch daran gedacht werden sollte.
Auslösende Medikamente sind bei­
spielsweise Amiodaron, Aurothiopro­
panolsulfat, Betablocker, Ergotamin,
Nitrofurantoin, Phenytoin, Infliximab
und Trastuzumab.
Eine fortgeschrittene pulmonale Fi­
brose mit dem Bild einer gewöhnli­
chen interstitiellen Pneumonie kann
aus einer vorhergehenden Schädigung,
zum Beispiel vom Typ eines diffusen
Alveolarschadens nach Chemotherapie
auftreten. Auslösende Medikamente:
Amiodarone, Bleomyzin, Zyklophos­
phamid, Sulfasalazin, Methotrexat.
Medikamentös induzierte
Lungenschäden im Überblick
Eine Vielzahl von Medika­
menten kann zu Lungen­
schäden führen. Dies gilt es
als mögliche Differenzial­
diagnose im Auge zu behal­
ten. Die meisten Schäden
werden klinisch diagnosti­
ziert, eine Lungenbiopsie
ist selten notwendig.
Von Katharina Grzegorek
Die durch Medikamente induzierten Lungenveränderungen können unterschiedlich ausfallen.
© RAINBOW33 / FOTOLIA.COM
800
Medikamente und Biosubstanzen
sind dafür bekannt, dass sie zu
Lungenschäden führen können.
Die Website
bietet Informationen über medika­
mentös induzierte Lungenschäden.
US­Ärzte warnen davor, einem Nor­
malbefund im Lungenfunktionstest bei
(Ex­)Rauchern zu viel Bedeutung bei­
zumessen: „Die Auswirkungen des
Rauchens auf die Lunge werden er­
heblich unterschätzt, wenn man sich
allein auf die Spirometrie verlässt“,
schreiben Elizabeth A. Regan, Natio­
nal Jewish Health, Denver, und ihre
Kollegen (JAMA Intern Med 2015;
online 22. Juni). Auch bei normalen
Ergebnissen seien häufig tabakbeding­
te Atemwegsschäden festzustellen.
Die Ärzte haben 4388 Raucher und
Exraucher aus der prospektiven Beob­
achtungsstudie COPDGene unter­
sucht, die laut Spirometrie keine
COPD hatten (GOLD 0). 23,5 Pro­
zent von ihnen litten an einer signifi­
kanten Dyspnoe, und 4,3 Prozent hat­
ten im vorausgegangenen Jahr mindes­
tens eine schwere respiratorische Ex­
azerbation durchgemacht.
Die Raten lagen damit ebenso hoch
wie bei den 794 (Ex­)Rauchern mit
leichter COPD (GOLD­Stadium 1)
(Dyspnoe 22,7 Prozent, Exazerbation
4,9 Prozent). Die chronische Bronchi­
tis hatte in der Gruppe GOLD 0 eine
Prävalenz von 12,6 Prozent, in GOLD
1 von 15,9 Prozent. Von den 108 Nie­
rauchern hatten 3,7 Prozent eine Dys­
pnoe und niemand eine respiratorische
Exazerbation oder chronischer Bron­
chitis. Auch im Sechs­Minuten­Geh­
test und bei der Einschätzung der Le­
bensqualität gemäß dem St George’s
Respiratory Questionnaire schnitten
Raucher in GOLD 0 schlechter ab als
Nieraucher und ähnlich schlecht wie
GOLD­1­Patienten.
Im CT ergab die quantitative Aus­
wertung bei GOLD­0­Patienten eine
stärkere Wandverdickung der Atemwe­
ge als bei Nierauchern; im Hinblick
auf Emphyseme oder Gas Trapping
waren die Gruppen identisch. Die vi­
suelle Auswertung der CT­Bilder för­
derte jedoch auch hier Unterschiede
zutage. Damit hatten insgesamt 54,1
Prozent der (Ex­)Raucher ohne spiro­
metrischen COPD­Nachweis mindes­
tens einen klinisch oder radiologisch
erkennbaren Lungenschaden. In der
Gruppe der Nieraucher traf dies auf
24,1 Prozent zu, in der GOLD­1­
Gruppe auf 73,7 Prozent.
(bs)
Nach einer Studie hat jeder
zweite Raucher trotz norma­
len Spriometrie­Befundes
klinische oder radiologische
Zeichen einer COPD.
Spirometrie: Normalbefund bei Rauchern kann täuschen
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September 2015
BDI aktuell
Medizin
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