BDI aktuell 9_2015 - page 1

Erste Hilfe vor Eintreffen der Ret­
tungskräfte verdoppelt Überlebens­
chance bei Herzstillstand
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MEDIZIN
„Ich könnte das gut ohne aushalten,
aber dann nähme mein Gewicht zu.“
SAGT HAUSARZT UND MARATHON­REKORDMANN CHRISTIAN HOTTAS
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Findet bei der ASV tatsächlich ein
fairer Wettbewerb zwischen Klinik und
Niedergelassenen statt?
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BERUFSPOLITIK
aktuell
MITGLIEDERZEITUNG BERUFSVERBAND DEUTSCHER INTERNISTEN BDI E.V.
PVST 58132 NR. 9, SEPTEMBER 2015
DIE INHALTE VON BDI AKTUELL FINDEN SIE AUF
Die Zeichen verdichten sich, dass
HIV­Infizierten der frühe Start ei­
ner antiretroviralen Therapie eher
nützt, als schadet. Schon plant et­
wa die WHO Anpassungen ihrer
Leitlinien. So war in der Studie
START (NEJM 2015; online 20.
Juli) die Wahrscheinlichkeit Aids­
assoziierter Symptome um 57
Prozent verringert, wenn die The­
rapie noch während eines guten
Immunstatus begonnen wird, im
Vergleich zu einem späten Thera­
piebeginn.
(ple)
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HIV­Therapie
schon früh statt
möglichst spät
EXPERTEN DENKEN UM
250 Millionen Euro werden
Vertragsärzte und ­psychothe­
rapeuten im kommenden Jahr
mehr erhalten, weil der Be­
handlungsbedarf ihrer Patien­
ten gestiegen ist. Das ist ein
erstes Ergebnis der Honorar­
verhandlungen zwischen
KBV und GKV­Spitzenver­
band. Schwierig gestalten sich
hingegen die Verhandlungen
zum Orientierungswert, die
Stellgröße, von der sich die
Preise für die ärztliche Leis­
tung ableiten. Die Kassen
hatten hier zum Ärgernis der
Ärzteseite kurzfristig ein neu­
es Prognos­Gutachten auf
den Tisch gelegt.
(fst/eb)
Morbidität sorgt
für Plus von
250 Millionen
HONORAR 2016
Seit Kurzem ist die Novelle der
Musterberufsordnung Ärzte in
Kraft. Damit erhalten vor allem
Teilberufsausübungsgemeinschaf­
ten mehr Spielraum, ohne gleich
unter den Verdacht der verbote­
nen Zuweisung zu fallen. Die Än­
derungen gelten damit zwar nicht
automatisch auch im Berufsrecht
der Landeskammern. Eine Umfra­
ge unter Ärztekammern zeigt je­
doch: Am neuen Kooperations­
passus kommen die Kammern
kaum vorbei. Nachgebessert wird
aber auch in Sachen Patienten­
rechte.
(reh)
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Künftig mehr
Spielraum für
Kooperationen
BERUFSORDNUNG
Der Gesetzgeber hat im Versorgungs­
stärkungsgesetz die grundsätzliche
Kritik an der Bedarfsplanungsrichtli­
nie wahrgenommen, aber dennoch
sein Gesetzesvorhaben nur geringfü­
gig verändert. Er fordert die Selbst­
verwaltung auf, bis Ende 2016 die
Grundlagen der ambulanten Versor­
gung fundierter, das heißt rechtssi­
cherer, zu gestalten. Trotzdem führt
er die Soll­Bestimmung bei der Wie­
derbesetzung von frei werdenden
Arztstellen ein und nimmt damit be­
wusst in Kauf, dass auf der derzeiti­
gen unzureichenden Bedarfsplanung
rechtsgültige Beschlüsse in den Zu­
lassungsausschüssen gefällt werden,
die für die Betroffenen weitrechende
Folgen haben können – gleichgültig,
ob man eine Praxis abgibt oder über­
nimmt. Rechtssicherheit sieht anders
aus. Klagen gegen die Beschlüsse der
Selbstverwaltung sind unter diesen
Bedingungen vorprogrammiert.
Man kann nur hoffen, dass bei der
jetzt geforderten Überarbeitung auch
die Auswirkungen auf andere Sekto­
ren, z.B. die stationäre Versorgung, mit
bedacht werden. Viele Vertragsanäs­
thesisten arbeiten in Kliniken, Patho­
logen versorgen die ambulante und die
stationäre Schiene gleichermaßen, ra­
diologische Großpraxen bilden Kran­
kenhausabteilungen mit ab. All diese
Fachgebiete sind „überversorgt“. Bei
konsequenter Umsetzung der Soll­Be­
stimmung droht ein Versorgungseng­
pass im Krankenhaus, wenn die Wie­
derbesetzung verweigert wird. Dies ist
nur ein Beispiel für die Auswirkung ei­
ner rigorosen Umsetzung der Soll­Be­
stimmung an nur einer Schnittstelle
der ambulanten Versorgung. Die
Schwierigkeiten sind mehr als umfas­
send, will man eine versorgungsge­
rechte Planung definieren.
Die Bertelsmannstiftung und das
IGES­Institut beschäftigen sich mit
diesem Thema, in dem sie sozioökono­
mische Daten einführen, um zu über­
prüfen, ob die Verteilung mancher
Fachgebiete übers Land stimmig ist.
Auch die KBV macht sich federfüh­
rend in der Selbstverwaltung an die Ar­
beit und berücksichtigt unter anderem
Morbiditätsentwicklungen und demo­
graphische Daten, aber auch nur, um
zu überprüfen, ob die Ärzteverteilung
sachgerecht ist. Wie viel Ärzte wir aber
wirklich in Deutschland brauchen,
weiß niemand. Geschweige denn,
wenn nach Fachgebieten differenziert
werden soll. Welchen Versorgungsbe­
darf muss eine GKV absichern? – Dies
ist die Frage, die dahinter steckt.
Selbst wenn man sich auf das Ver­
teilungsmuster einigt, bleibt die ent­
scheidende Frage offen: Welches Ba­
sisjahr soll für die Arztzahl bei der
Neuverteilung unterlegt werden?
Fängt man mit 2001 an oder ist
2010 richtig oder aktuell 2015? Hier
rächt sich, dass in Deutschland das
Wort „Versorgungsforschung“ sehr
klein geschrieben wird. Nur im stati­
onären Bereich gibt es mit der gesi­
cherten Entlassdiagnose im DRG­
System Versorgungsdaten. Ambulant
müssen häufig Verdachtsdiagnosen
angegeben werden. Auch haben sich
die Vertragsärzte seit Jahren gewei­
gert, verbindlich flächendeckend und
sachgerecht zu dokumentieren.
Man muss kein Prophet sein: bis
Ende 2016 haben wir allenfalls kor­
rigierte Verteilungszahlen, aber kei­
nen absoluten Versorgungsbedarf.
Gesetzgeber und Selbstverwaltung
müssen erkennen, dass damit die
Stellschrauben der Regulierung nur
gering angezogen werden dürfen,
wenn man ein Versorgungschaos ver­
hindern will.
SIEHE AUCH SEITEN 4 UND 8
Bedarfsplanung setzt nicht nur
ambulanter Versorgung zu
Die verschärfte Aufkaufre­
gel von Praxissitzen in
überversorgten Regionen
könnte zu drastischen
Versorgungsengpässen an
der Schnittstelle ambu­
lant/stationär führen. Die
Frage ist: Kann die vorge­
schriebene Reform der
Bedarfsplanung dies noch
abfedern?
Von Dr. Hans­Friedrich Spies
Ab einem Versorgungsgrad von 140 Prozent soll die Aufkaufregel für Vertragsarztsitze greifen.
© ARTO / FOTOLIA.COM
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Fachinternisten
sind nach dem
Versorgungsatlas des Zi bundes­
weit von der sogenannten Auf­
kaufregel durch die KVen betrof­
fen. Nach dem Ärzteatlas des
WidO soll Deutschland sogar mit
nahezu 4200 Fachinternisten
überversorgt sein.
Dieser Ausgabe liegt eine Beilage der
FomF GmbH, Hofheim, bei.
Auch spezialisierte Vertragsärzte
kommen nicht um den Bereitschafts­
dienst herum. Denn eine Kassenärzt­
liche Vereinigung (KV) kann grund­
sätzlich alle zugelassenen Vertrags­
ärzte zum Bereitschaftsdienst ver­
pflichten, urteilte nun das Bundesso­
zialgericht (BSG). Mit Druck bis hin
zum Zulassungsentzug können die
KVen dafür sorgen, dass Ärzte sich
entsprechend fortbilden.
Konkret wies das BSG (Az..: B 6
KA 41/14 R) einen Facharzt für Psy­
chotherapeutische Medizin aus Nie­
dersachsen ab, der bis 2007 13 Jahre
lang vom Bereitschaftsdienst und den
dafür notwendigen Fortbildungen be­
freit war. Er bekommt jetzt eine Über­
gangsfrist für seine Fortbildung von
gut einem Jahr. Weigert er sich, darf
die KV ihn nicht einteilen, kann aber
disziplinarischen Druck ausüben. Bei
einer dauerhaften Fortbildungs­Ver­
weigerung „entfällt die Eignung für
die Teilnahme an der vertragsärztli­
chen Versorgung insgesamt“, betonte
der BSG­Vertragsarztsenat. Nach ei­
ner Neuordnung des Bereitschafts­
dienstes aus 2006 sollen in Nieder­
sachsen alle approbierten Vertragsärz­
te am Bereitschaftsdienst teilnehmen.
Ende 2007 teilte die KV dem ärztli­
chen Psychotherapeuten mit, er müsse
künftig am Notdienst teilnehmen und
zunächst die erforderlichen Fortbil­
dungen nachholen. Dagegen wehrte
sich der Arzt.
(mwo)
Bundessozialgericht: Alle
Vertragsärzte sind zur Teil­
nahme am Bereitschafts­
dienst verpflichtet.
Verweigerern droht Zulassungsentzug
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