Scheitert die GOÄNovelle am Wi
derstand der SPDgeführten Län
der? Entsprechende Befürchtungen
hegen zumindest der Spitzenver
band Fachärzte Deutschlands (Spi
Fa) sowie der Verband Privatärztli
cher Verrechnungsstellen (PVS).
Die GOÄReform scheine auf der
Prioritätenliste von Bundesgesund
heitsminister Hermann Gröhe trotz
gegenteiliger Beteuerungen nicht ganz
oben zu stehen, so SpiFa und PVS.
Dabei sei eine GOÄNovelle drin
gend geboten, weil die im Wesentli
chen aus dem Jahr 1982 stammende
Gebührenordnung schon lange zu
Auslegungsschwierigkeiten zwischen
Kostenerstattern und Leistungser
bringern führe. Der medizinische
Fortschritt werde nur mangelhaft in
der GOÄ berücksichtigt. Ärzteschaft
und Private Krankenversicherer seien
ihrer Verantwortung gerecht gewor
den und hätten in den vergangenen
zwei Jahren erhebliche Vorarbeiten ge
leistet. Dabei seien sie auf ihren Seiten
bis an die Grenze des Zumutbaren
gegangen, um das Ziel einer moder
nen Gebührenordnung nicht zu ge
fährden. Jetzt, wo der Entwurf fast
fertig auf dem Tisch liege, darf sie
nicht an durchschaubaren ideologi
schen Schachzügen zugunsten einer
Vereinheitlichung der Systeme schei
tern, heißt es.
(chb)
Fachärzte und
PVS befürchten
Verzögerungen
GOÄNOVELLE
Jüngst hat Angela Merkels Minister
runde den Kabinettsentwurf zum Ge
setz zur Bekämpfung von Korruption
im Gesundheitswesen kurz Korrup
tionsgesetz beraten und beschlossen.
Der Kabinettsentwurf unterscheidet
sich zwar in einigen wesentlichen
Punkten vom Referentenentwurf von
Anfang Februar. Doch aus Sicht der
Ärzteschaft reicht das noch nicht.
Ein von der Allianz Deutscher Ärzte
verbände beauftragtes juristisches Gut
achten hatte gezeigt, wo die Knackpunk
te liegen (wir berichteten in Ausgabe 7,
Seite 4). Einer der wichtigsten: die soge
nannte Berufsrechtsalternative. Danach
sollen bereits Verstöße gegen Berufsaus
übungspflichten mögliches korruptives
Verhalten begründen. Das heißt, dass
auch Verstöße gegen Berufsordnungen
der Ärztekammern strafbegründende
Wirkung haben können und die Ärzte
kammern berechtigt sind Strafantrag zu
stellen. Dies ist nach Auffassung der bei
den Gutachter, den Juristen Professor
Bernd Müssig und Rechtsanwalt Dr.
Daniel Neuhofer, aus verfassungsrechtli
chen Gründen unzulässig.
KV darf nun auch Strafantrag stellen
Ebenfalls noch im Gesetz verankert ist,
dass gesetzliche und private Kranken
versicherer das Recht übertragen be
kommen, Strafanträge gegen ihre Mit
glieder zu stellen. Neu ist zudem, dass
die KVen nunmehr selbiges Recht er
halten. Die Gutachter werteten schon
das Strafantragsrecht der Versicherer als
äußerst kritisch. Denn dies begründe
ein sehr hohes Konfliktpotenzial. So
könne nicht ausgeschlossen werden,
dass sich Kostenträger zur Lösung
wirtschaftlicher Konfliktfragen straf
rechtlicher Mittel bedienen und Straf
anträge gegen Leistungserbringer stellen
und sei es nur, um aus Sicht des Straf
antragstellers begehrenswerte, aber an
sonsten ihm verborgene Informationen
aus Ermittlungsakten zutage zu fördern,
hieß es.
Da wirkt die Nachbesserung in Sa
chen Kooperation wie ein Tropfen auf
den heißen Stein: Der Gesetzgeber hat
nämlich lediglich die gesundheitspo
litisch grundsätzlich gewollte berufli
che Zusammenarbeit von Ärzten in
die Begründung des Gesetzentwurfes
aufgenommen. Damit will er explizit
die Kritik aus der Ärzteschaft und von
Juristen, die nach der Veröffentlichung
des Referentenentwurfs laut geworden
war, würdigen.
Ausdrücklich nennt der Entwurf
nun die vor und nachstationäre Be
handlung im Krankenhaus (Paragraf
115a SGB V), das ambulante Operie
ren im Krankenhaus (115b SGB V),
die ambulante spezialfachärztliche
Versorgung (116b SGB V) und sekto
renübergreifende Versorgungsformen
wie die integrierte Versorgung (140a
ff. SGB V). Die Gewährung ange
messener Entgelte für die in diesem
Rahmen erbrachten heilberuflichen
Leistungen und dementsprechend die
Verschaffung entsprechender Ver
dienstmöglichkeiten sind zulässig,
haben die Autoren des Kabinettsent
wurfs formuliert.
Auch die bloße Teilnahme an einer
vergüteten Anwendungsbeobachtung
könne den Straftatbestand der Kor
ruption nicht erfüllen, heißt es an an
derer Stelle des Textes. Anwendungs
beobachtungen seien forschungs und
gesundheitspolitisch wünschenswert,
sofern ihre Ergebnisse öffentlich zu
gänglich gemacht würden. Als mögli
che Vorteilsannahme werden dagegen
Einladungen zu Kongressen, die
Übernahme der Kosten von Fortbil
dungsveranstaltungen oder das Ein
räumen von Vermögens und Gewinn
beteiligungen genannt.
Transparenzkodex bereits etabliert
Seit Beginn dieses Jahres schon han
deln die Unternehmen des Verbands
forschender Pharmahersteller (vfa)
europaweit nach einem Transparenz
kodex. Systematisch erfassen die Un
ternehmen ihre Kooperationen mit
Ärzten und anderen Beteiligten im
Gesundheitswesen und werden diese
bis Mitte nächsten Jahres auf ihren In
ternetseiten veröffentlichen.
Mit dem Gesetz will die große Koali
tion den Korruptionsparagrafen des
Strafgesetzbuches auf freiberufliche Ärz
te ausweiten. Auslöser des Gesetzge
bungsverfahrens war ein Urteil des Bun
desgerichtshofes vom März 2012, mit
dem die Bundesrichter die Anwendbar
keit der geltenden strafrechtlichen Kor
ruptionstatbestände für niedergelassene
Vertragsärzte verneinten.
(af/reh)
Korruptionsgesetz erlaubt jetzt
gewollte Ärztekooperationen
Der Gesetzgeber hat den
Entwurf zum Korruptionsge
setz noch einmal nachge
bessert. Die Spielregeln für
gewollte Ärztekooperationen
werden nun immerhin be
nannt. Nach wie vor können
jedoch Verstöße gegen
Berufsausübungspflichten
korruptives Verhalten be
gründen.
Künftig sind auch niedergelassene Ärzte im Visier: Das Strafgesetzbuch wird entsprechend geändert.
© JENS BÜTTNER / DPA
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Die bundesweite
Fallzahl wird sich
voraussichtlich im
niedrigen
dreistelligen
Bereich bewegen.
Aus dem Kabinettsentwurf
des
Gesetzes zur Bekämpfung von
Korruption im Gesundheitswesen.
Bezug ist das jährlich angenommene
Aufkommen von Verdachtsfällen.
8
September 2015
BDI aktuell
Berufspolitik
Glaubt man dem neuesten Ärzteatlas
des Wissenschaftlichen Instituts (Wi
dO) der AOK, dann hat Deutschland
Ärzte im Überfluss. Rein rechnerisch
soll die Bundesrepublik mit mehr als
2300 Hausärzten und nahezu 4200
Fachinternisten überversorgt sein.
Daran stimmt nur, dass wir etwas
mehr Ärzte zählen als in den Vorjah
ren. Die WidOStatistik fußt nämlich
auf der sogenannten Bedarfsplanung,
die nichts abbildet als den vor Jahren
einmal erhobenen IstStand der ver
tragsärztlichen Versorgung. Eine sol
che Bedarfsplanung ist ein Witz, kri
tisiert BDIPräsident Dr. Wolfgang
Wesiack, und zwar ein schlechter.
Tatsächlich bestehen schon jetzt
erhebliche Lücken in der flächende
ckenden vertragsärztlichen Versor
gung. Die Bevölkerung wird älter,
aber auch die Ärzteschaft. Je älter die
Bevölkerung, desto höher die Nach
frage nach ärztlichen Leistungen. Bis
zum Jahr 2020 werden voraussichtlich
23 Prozent der niedergelassenen Ärzte
ihre Praxen aufgeben. Eine ausrei
chende Zahl von Nachfolgern steht
nicht zur Verfügung. Besonders drin
gend gesucht werden Hausärzte. Oh
ne die Fachärzte für Innere Medizin,
die im hausärztlichen Versorgungsbe
reich niedergelassen sind, wäre diese
Versorgung noch schlechter.
Die Politik ist aufgefordert, auch
unter diesem Aspekt mehr für die
Ausbildung zu tun und die Anzahl
der Studienplätze für Humanmedi
zin zu erhöhen, fordert der BDI.
Solange sich daran nichts ändert,
sind Statistiken wie der Ärzteatlas
des WidO nichts als Augenwische
rei, sagt BDIChef Wesiack.
(eb)
Der WidOÄrzteatlas im Internet:
tinyurl.com/nul8oov
Mehr Ärzte und
doch noch zu
wenige!
BEDARFSPLANUNG
Der unbeteiligte Vertragsarzt betrachtet
die derzeitige Personaldiskussion in der
Kassenärztlichen Bundesvereinigung
(KBV) mit einigem Erstaunen. Die aus
der Institution selbst kommenden In
formationen sind widersprüchlich.
Nachrichtenmagazine wie Focus und
Spiegel sind so scheint es noch am
besten informiert. Die Körperschaft
Kassenärztliche Vereinigung mit KBV
und LänderKVen hat in unserem Ge
sundheitswesen eine zentrale Bedeu
tung. Ihr hat man immerhin den Sicher
stellungsauftrag für die gesamte ambu
lante Versorgung übertragen. Sie ver
waltet Millionenbeträge an ärztlichem
Honorar und ist ein wichtiger Bestand
teil übergeordneter ordnungspolitischer
Gremien, wie z.B. des GBA.
Man kann deshalb verlangen, dass in
einem so wichtigen Gremium, das ho
heitliche Aufgaben wahrzunehmen hat,
die Regularien einer sachgerechten Ver
waltung eingehalten werden. Insofern
sind alle Bemühungen, eventuelle Fehl
entscheidungen aufzudecken, berech
tigt. Dazu gibt es, wie in jeder Verwal
tungseinheit, Ausschüsse und Gremien,
die dies zunächst übernehmen können.
Es besteht nach Außen der Eindruck,
dass diese internen Gremien von hoher
Stelle der KBV nicht einbezogen wur
den, bevor man die Aufsichtsbehörde, in
diesem Fall das Bundesgesundheitsmi
nisterium, informiert hat. Es besteht zu
dem der Verdacht, dass gezielt sensible
personalpolitische Entscheidungen an
die Presse weitergereicht werden, um in
diesem Falle insbesondere den ehemali
gen KBVVorsitzenden Dr. Andreas
Köhler, und neuerdings auch den Vorsit
zenden der Vertreterversammlung,
HansJochen Weidhaas, zu beschädigen.
Man sollte sich jedweder Wertung
enthalten, bevor die geäußerten Vor
würfe nicht endgültig geklärt sind.
Solche Indiskretionen gegenüber der
Presse fördern eine Vorverurteilung
der Mandatsträger. Man kann nur an
die Vertreterversammlung appellieren,
wieder geordnet die Regularien einzu
halten und sich mit den Vorwürfen
sachlich auseinanderzusetzen. Bei Per
sonaldiskussionen dieser Art besteht
übrigens immer der Verdacht, dass
politische Auseinandersetzungen die
eigentliche Triebfeder sind. Manche
Vorstandsvorsitzende der Länder
KVen scheinen die KBV für weitge
hend überflüssig zu halten und möch
ten wohl ihre Politik allein auf Län
derEbene umsetzen. Dies dürfte aber
nicht so einfach sein: Im Sozialgesetz
buch sind die Aufgaben der KBV fest
umrissen. Der Gesetzgeber wird die
sen ordnungspolitischen Ansatz zwi
schen Bund und Ländern bei der
Struktur einer Kassenärztlichen Verei
nigung kaum ändern.
(HFS)
Geht es bei den derzeitigen
Personaldiskussionen in der
KBV tatsächlich nur darum,
Transparenz zu schaffen?
Verwirrung in der Selbstverwaltung