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KARLSRUHE.
Ein Arzt, der sich gegen
eine unwahre Bewertung auf einem
Ärztebewertungsportal zur Wehr set-
zen will, hat gegen den Betreiber des
Bewertungsportals keinen Anspruch
auf Herausgabe der Anmeldedaten des
Nutzers, der die Bewertung verfasst
hat. So hat es im Juli der Bundesge-
richtshof (BGH) entschieden.
Geklagt hatte ein Arzt aus Schwä-
bisch Gmünd, der sich durch unwahre
Behauptungen auf dem Ärztebewer-
tungsportal
in seinem
Persönlichkeitsrecht verletzt sah.
Unter anderem wurde über ihn die
unwahre Behauptung aufgestellt, er
habe Patientenakten in den Behand-
lungsräumen in Wäschekörben gela-
gert oder die Patienten hätten drei
Stunden im Wartezimmer ausharren
müssen.
Der betroffene Arzt klagte gegen
Sanego auf Unterlassung der Verbrei-
tung dieser Bewertungen sowie auf
Herausgabe der Anmeldedaten des
Bewertenden, um direkt gegen diesen
vorgehen zu können.
Zivilrechtlicher Auskunftsanspruch?
Das Landgericht und das Oberlandes-
gericht Stuttgart gaben dem Arzt
Recht und verurteilten die als haf-
tungsbeschränkte Unternehmergesell-
schaft firmierende Sanego dazu, es zu
unterlassen, die beanstandeten Be-
hauptungen zu verbreiten. Außerdem
müsse Sanego dem Arzt die Anmelde-
daten des Verfassers der Bewertung
mitteilen. Paragraf 13 Abs. 6 Satz 1
des Telemediengesetzes (TMG), wo-
nach ein Diensteanbieter die Nutzung
von Internetdiensten anonym zu er-
möglichen habe, schließe einen zivil-
rechtlichen Auskunftsanspruch nicht
aus.
Der Bundesgerichtshof jedoch wies
nun den Auskunftsanspruch des Arz-
tes zurück und bestätigte nur dessen
Unterlassungsanspruch. Laut einer
ersten Mitteilung des Gerichts stützen
die Richter ihre Entscheidung auf Pa-
ragraf 12 Absatz 2 Telemediengesetz.
Demnach ist der Betreiber eines Inter-
netportals ohne eine gesetzliche Er-
mächtigungsgrundlage nicht befugt,
die Anmeldedaten eines Nutzers ohne
dessen Einwilligung wegen einer Per-
sönlichkeitsrechtsverletzung an den
Betroffenen zu übermitteln.
Herausgabe in Ausnahmefällen
Es ist zwar bedauerlich, dass unter
dem Deckmantel der Anonymität des
Internets weiterhin unwahre Behaup-
tungen aufgestellt werden dürfen. In
rechtlicher Hinsicht ist das Urteil des
Bundesgerichtshofes aber nachvoll-
ziehbar. Paragraf 14 Absatz 2 Teleme-
diengesetz regelt, in welchen Fällen
ein Diensteanbieter berechtigt ist, die
Anmeldedaten eines Nutzers ohne
dessen Einwilligung herauszugeben:
Dazu zählen unter anderem Zwecke
der Strafverfolgung oder die Gefahren-
abwehr durch die Polizei. Eine Persön-
lichkeitsrechtsverletzung durch den
Nutzer hat der Gesetzgeber dagegen
nicht vorgesehen.
Wie sich Ärzte wehren können
Dennoch sind Ärzte anonym veröf-
fentlichten Bewertungen nicht schutz-
los ausgeliefert. Meinungsäußerungen,
die unter dem Schutz der Meinungs-
freiheit stehen, muss der Arzt akzeptie-
ren, unwahre Tatsachenbehauptungen
jedoch nicht. Insofern hat der Bundes-
gerichtshof auch den Unterlassungsan-
spruch des Arztes bestätigt.
Ärzte, die sich an anonymen Be-
wertungen im Internet stören, sollten
also zuerst den Betreiber des Bewer-
tungsportals kontaktieren, um ihn dar-
auf hinzuweisen, dass die Bewertung
unwahre Tatsachenbehauptungen ent-
hält.
Der Betreiber ist dann verpflichtet,
den Nutzer, der die Bewertung abge-
geben hat, zu kontaktieren und sich
die Tatsachen belegen zu lassen. Ge-
lingt das dem Nutzer nicht, muss die
Tatsachenbehauptung gelöscht wer-
den.
Strafanzeige gegen Unbekannt
Will der Arzt an die Daten des Nut-
zers gelangen, hilft ihm nur eine Straf-
anzeige gegen Unbekannt wegen übler
Nachrede beziehungsweise Verleum-
dung. Wie oben bereits erwähnt, er-
laubt Paragraf 14 Absatz 2 Telemedi-
engesetz dem Betreiber, auf Anord-
nung der zuständigen Stellen Auskunft
über Anmeldedaten zu erteilen, so
weit dies für Zwecke der Strafverfol-
gung erforderlich ist. Die Strafverfol-
gungsbehörden geben diese Daten
zwar nicht direkt an den Betroffenen
heraus. Ein beauftragter Rechtsanwalt
kann sie jedoch im Wege der Akten-
einsicht in Erfahrung bringen.
Trotz des jüngsten Urteils des Bun-
desgerichtshofs in Sachen Arztbewer-
tung kann jedem Arzt nur geraten wer-
den, sich weiterhin gegen unwahre Be-
hauptungen zur Wehr zu setzen.
Urteil des Bundesgerichtshofes:
Az.: VI ZR 345/13
Ein Arzt, der wissen will,
wer online Unsinn über ihn
verbreitet, hat Pech gehabt:
Ein Diensteanbieter muss
im Fall verletzter Persön-
lichkeitsrechte keine
Nutzerdaten herausrücken.
Aber: Mit einer Strafanzeige
können Betroffene den
Schleier der Anonymität
doch noch lüften.
BGH: Arztbewertung bleibt anonym
Daumen rauf oder runter: Mit ihrer anonymen Bewertung im Web können Patienten, aber auch Konkurrenten über Wohl und Wehe
einer Praxis entscheiden.
© [M] ARZT: RA2 STUDIO / FOTOLIA.COM | BUTTONS: PICO / FOTOLIA.COM | HINTERGRUND: ILL
Trotz des jüngsten
BGH-Urteils in
Sachen Arztbewer-
tung kann jedem
Arzt nur geraten
werden, sich
weiterhin gegen
unwahre
Behauptungen zur
Wehr zu setzen.
Nico Gottwald
Rechtsanwalt in der Kanzlei
Ratajczak & Partner in Sindelfingen
(
)
Von Nico Gottwald
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