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Leider wird kein Unterschied gemacht

© Jens Braune del Angel

Die „Dritte Stellungnahme und Empfehlung der Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung: Grundlegende Reform der Krankenhausvergütung“ wurde kürzlich vorgelegt. Sie beinhaltet neue Regeln zur Krankenhausfinanzierung und führt auch die Finanzierung von Vorhaltekosten ein. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Bezahlung nicht nur einer erbrachten medizinisch notwendigen Behandlung folgt, sondern an vielerlei bürokratische Kriterien der Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität gebunden ist. Diese Qualitätskriterien sollen vom Medizinischen Dienst (MD) überprüft werden, der als real existierende Institution damit wieder eine Aufgabe zugewiesen bekommen hat.


Wie vom BDI schon früher hervorgehoben, ist ein entscheidendes Kriterium für Behandlungen allerdings die Indikationsqualität. Die Indikation darf nicht aus wirtschaftlichem Interesse ein zweifelhafter und von Gewinnstreben getriggerter Einstieg in eine nicht unbedingt erforderliche Behandlung sein: Dieses Risiko wird durch die Finanzierung von Vorhaltung zumindest gemindert. Ob dieser Ansatz faktisch auch greift, ist erst im Verlauf zu beurteilen.
Für Patienten ist es nicht so relevant, ob sie für einen elektiven Eingriff 10 Minuten länger anreisen müssen. Wenn sie aber bei einem akuten Myokardinfarkt andererseits 20 Minuten länger benötigen, um ein mit entsprechend vorgegebenen Mindestmengen gesegnetes Zentrum zu erreichen, vergrößert sich der Infarkt bis dahin definitiv weiter. Es müsste in der Versorgung demnach zwischen zeitkritischen und elektiven Behandlungsnotwendigkeiten unterschieden werden – was in dem Papier nicht der Fall ist.

Dies kann auch nicht durch die in der Stellungnahme genannten und Zeit (ver-)brauchenden Verlegungs-, Rückverlegungs- und Interaktionsmöglichkeiten bei solchen zeitkritischen Erkrankungen ausgeglichen werden. Patienten mit akutem Herzinfarkt oder Schlaganfall bleibt nach der Reform nur zu wünschen, dass sie in der Nähe eines ausreichend hoch eingestuften Krankenhauses leben.


Prof. Dr. med. Hans Martin Hoffmeister,
Vorstandsmitglied des BDI, Sprecher der Sektionen und Arbeitsgemeinschaften, BDI-Ehrenpräsident

erschienen in BDIaktuell 2/2023