der Frage, welche Reichweite die
naturwissenschaftliche Methodik
hat, insbesondere, was die Erfor-
schung und das Verstehen des Geisti-
gen betrifft (Rothschuh 1965, Gross
1998, Uexküll u. Wesiack 1988).
Wo überhaupt liegen die Grenzen
unserer wissenschaftlichen Erkennt-
nis, bis wie weit können wir erken-
nen? Und ab wann können wir nur
mehr glauben? Wie steht es um das
Spirituelle in der Medizin, vor allem
bei Kranken in der letzten Lebens-
phase? Diese Punkte, insbesondere,
wenn es um die geistige bzw. spiritu-
elle Dimension des Menschen geht,
könnten von allgemeinem Interesse
der Medizin sein. Es ist ja nicht
ausgeschlossen, dass die Philosophie
der Medizin Anstöße zum Nachden-
ken gibt. Dies wäre überprüfenswert,
da die Medizin in Deutschland –
glaubt man den Medien – eine
immer geringere gesellschaftliche
Akzeptanz erfährt. Ein grundlegen-
des Nachdenken über den Kurs der
Medizin als Wissenschaft und als
Praxis – über das Tagesgeschäft
hinaus – erscheint daher sinnvoll.
Wenigstens einmal im Jahr über die
Medizin grundlegend nachzudenken
würde sich lohnen, denn wir könn-
ten von einer solchen „reflexiven
Medizin“ neue Orientierungen
bekommen, die an verlorenen Tradi-
tionen der Medizin anknüpfen könn-
ten.
Folgerungen – Medizin im
kritischen Dialog
Ein öffentliches und diskursives
Nachdenken über die Medizin, ohne
vordergründige Verteidigung des
aktuellen Handelns, wird nicht prak-
tiziert und könnte daher Impulse
setzen. Dazu könnten eingeladene
Betrachtungen von Geisteswissen-
schaftlern dienen, die das Geschehen
im Medizinsystem hinterfragen, etwa
im Sinne einer „Kritik an der reinen
Medizin“. Solche Beiträge müssten
dann von Medizinern reflektierend-
diskursiv und nicht reflexhaft-
defensiv kommentiert werden, mit
anschließender breiter Diskussion.
Es könnten sich dabei Anregungen
ergeben, die zu einer Neuorientie-
rung vielleicht nur wiederzuentde-
ckender alter Ausrichtungen der
Medizin führen könnten.
Prof. Dr. Dr. Dr. Felix Tretter
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Nr. 12 • Dezember 2013
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