Medizin
Nr. 12 • Dezember 2013
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Kurzmitteilungen
Hormontherapie in den Wechseljahren: Nachbeobachtung der WHI-Studien
Trotz unklaren Risiko-Nutzen-Verhältnisses bei der Prävention chronischer Erkran-
kungen werden nach wie vor Hormonersatztherapien während der Menopause
verschrieben. Manson et al. präsentieren nun die 13-Jahres-Nachbeobachtungs-
daten der beiden Studien der Women‘s Health Initiative (WHI, 2002 und 2004).
Dabei erhielten Frauen mit intaktem Uterus 0,625 mg/d Östrogen plus 2,5 mg/d
Progesteron (n=8506) vs. Placebo (n=8102) für im Median 5,6 Jahre und Frauen
nach Hysterektomie nur Östrogen (n=5310) vs. Placebo (n=5429) für im Median
7,2 Jahre. Bis zum 30.9.2010 gab es in der Östrogen/Progesteron-Gruppe
196 Fälle koronarer Herzerkrankungen vs. 159 in der Placebo-Gruppe (Hazard
Ratio [HR] 1,18; 95%-Konfidenzintervall [KI] 0,95–1,45) und 205 vs. 155 Fälle von
Brustkrebserkrankungen (HR 1,24; 95%-KI 1,01–1,53). In der Östrogen-Gruppe
erlitten 204 Teilnehmer koronare Herzerkrankungen vs. 222 Fälle unter Placebo
(HR 0,94; 95%-KI 0,78–1,14) und 104 vs. 135 erkrankten an Brustkrebs (HR 0,79;
95%-KI 0,61–1,02). Laut den Autoren sei daher eine Hormontherapie zur Präven-
tion chronischer Krankheiten nicht zu empfehlen, sondern lediglich für Frauen zur
gezielten Symptomlinderung geeignet, deren Symptome auf das Fehlen der ent-
sprechenden Hormone zurückzuführen sind.
fas
JAMA 2013; 310: 1353–1368
Metastasierendes Nierenzellkarzinom: Pazopanib vs. Sunitinib
Im Rahmen einer Phase-III-Studie untersuchten Motzer et al. die Wirksamkeit und
Sicherheit von Pazopanib und Sunitinib als Erstlinien-Therapie des metastasieren-
den Nierenzellkarzinoms. 1110 Patienten wurden 1:1 zu einer kontinuierlichen
Pazopanib-Therapie (800 mg/d) oder zu 6-Wochen-Zyklen einer Sunitinib-Thera-
pie (50 mg/d für 4 Wochen, gefolgt von 2 Wochen ohne Medikation) randomi-
siert. Pazopanib war Sunitinib bezüglich des progressionsfreien Überlebens nicht
überlegen (Hazard Ratio [HR] für Krankheitsprogression oder Tod jeder Ursache:
1,05; 95%-Konfidenzintervall [KI] 0,90–1,22). Das Gesamtüberleben war gleich
(HR für Tod unter Pazopanib: 0,91; 95%-KI 0,76–1,08). Unter Sunitinib kam es
häufiger zu Fatigue (63% vs. 55%), Hand-Fuß-Syndrom (50% vs. 29%) und Throm-
bozytopenie (78% vs. 41%), während unter Pazopanib häufiger Alanin-Amino-
transferase-Level erhöht waren (60% vs. 43%). Laut den Autoren seien damit
Pazopanib und Sunitinib gleich wirksam, jedoch wäre bezüglich der Sicherheit und
dem Profil für Lebensqualität Pazopanib zu favorisieren.
fas
N Engl J Med 2013; 369: 722–731
Nahezu jeder Erwachsene, bei dem
im Kindesalter ein Malignom erfolg-
reich behandelt wurde, leidet unter
Spätfolgen. Zu diesem Ergebnis
kommt die Arbeitsgruppe nach der
Auswertung von Langzeitdaten von
insgesamt 1713 Patienten im Alter
von im Mittel 32 Jahren, bei denen
die Diagnose mindestens 10 Jahre
zurücklag (im Median 25 Jahre). Bei
allen Teilnehmern erfolgte eine
gründliche körperliche Untersu-
chung mit 12-Kanal-EKG, Laborwert-
bestimmungen und einer Beurtei-
lung der körperlichen und geistigen
Leistungsfähigkeit. Abhängig von der
Art des Malignoms, der Therapiemo-
dalität und ggf. der Medikamente
wurden zusätzlich risikobasierte
Untersuchungen nach den Empfeh-
lungen der Children's Oncology
Group (COG) durchgeführt. Diese
umfassten u.a. Echokardiographie,
Lungenfunktionstests, Hör- und Seh-
tests und Knochendichtemessung.
Die Ergebnisse zeigten, dass vor
allem Lungenfunktionsstörungen
aufgetreten waren – bei nahezu zwei
Dritteln der Untersuchten (65,2%). Es
folgten Hörverlust (62,1%), endokrine
Funktionsstörungen (62%), kardiale
Erkrankungen (56,4%) und neuroko-
gnitive Einschränkungen (48%).
Spätfolgen von Seiten der Leber, der
Niere, des Skeletts sowie des Kno-
chenmarks waren dagegen deutlich
seltener (3% bis 13%). Mindestens ein
Zweitmalignom trat bei 272 Patien-
ten auf, davon 335 solide Tumoren
und 13 hämatologische Malignome.
Insgesamt litten 98,2% aller Überle-
benden unter einer chronischen
Erkrankung oder Funktionsein-
schränkung, bei 67,6% war sie
schwer oder lebensbedrohlich
(Schweregrad 3 oder 4 nach den
Common Terminology Criteria for
Adverse Events, CTCAE, Version 4).
Hochgerechnet auf das 50. Lebens-
jahr würde sich beispielsweise bei
83,5% der Patienten eine Herzklap-
penerkrankung entwickeln, bei 81,3%
eine Lungenerkrankung, bei 76,8%
eine Erkrankung der Hypothalamus-
Hypophysen-Achse, bei 86,5% eine
Hörstörung, und bei über 40% aller
Frauen ein Mammakarzinom.
Fazit
Die Prävalenz schwerer Folgeerkran-
kungen nach Behandlung eines
Malignoms in der Kindheit ist hoch,
fassen die Autoren zusammen.
Wichtig sei, gezielt nach Organ-
funktionsstörungen zu suchen und
dann in möglichst frühen Stadien zu
behandeln.
Sponsoring: Die Studie wurde von
öffentlichen Institutionen finanziell
unterstützt.
Dr. med. Elke Ruchalla
Der Beitrag ist erstmals erschienen in der
Deutschen Medizinischen Wochenschrift
(Dtsch Med Wochenschr 2013; 138:1817).
Alle Rechte vorbehalten.
Seit vielen Jahren können Malignome bei Kindern erfolgreich behan-
delt und geheilt werden. Damit stellt sich auch zunehmend die Frage,
welche behandlungsbedingten gesundheitlichen Folgen bei den
betroffenen Erwachsenen auftreten. Hudson et al. vom St. Jude
Children's Research Hospital stellen Daten dazu vor.
JAMA 2013; 309: 2371–2381
Onkologie
Spätfolgen nach Malignom
im Kindesalter