Der Internistentag hat ein Format ge
funden, das ausbaufähig ist und sich be
währt hat, lautete das Resümee von
BDIPräsident Dr. Wolfgang Wesiack
bei der Eröffnung des diesjährigen
8. Deutschen Internistentags im Berli
ner LangenbeckVirchowhaus. Das be
stätigte auch der Präsident der Deut
schen Gesellschaft für Innere Medizin
(DGIM), Professor Gerd Hasenfuß aus
Göttingen. Die wissenschaftliche Ge
sellschaft wolle sich in enger Kooperati
on mit dem BDI um die wichtigsten
Themen für die Internisten kümmern.
Dazu gehört nicht zuletzt der demogra
fische Wandel. Er treffe auf eine techni
sche Revolution und verändere die Me
dizin und vice versa. DGIM und BDI
können zusammen viel bewegen.
FacharztEBM soll 2017 kommen
In der Person des KBVVorsitzenden
Dr. Andreas Gassen begrüßte Wesiack
den Kapitän eines angeschlagenen
Schiffs auf stürmischer See. Dieser
ging auf die momentanen Wirren inner
halb der KBVSpitze nicht ein, sondern
wies auf die Probleme mit der aktuellen
Gesetzgebung hin. Man begrüße zwar
das Präventionsgesetz, doch sei nicht zu
verstehen, dass hier vielfach auf ärztli
chen Sachverstand verzichtet werde.
Beim Versorgungsstärkungsgesetz sei es
den Ärzten leider nicht gelungen, die
bürokratischen Terminservicestellen zu
verhindern. Der wesentliche Acker,
den es derzeit zu bestellen gebe, sei der
fachärztliche EBM. Er hoffe, dass man
die Arbeitsverdichtung abbilden und ei
ner Vergütung zuführen könne. Mit ei
nem Inkrafttreten sei sicher Anfang
2017 zu rechnen. Dem BDI dankte
Gassen für die aktive Unterstützung sei
ner Arbeit.
Mit einem schwierigen Thema be
fasste sich der Festvortrag von Profes
sor Karl Max Einhäupl, Neurologe
und Vorstandsvorsitzender der Chari
té: medizinischer Fortschritt und ethi
scher Zwiespalt am Lebensende.
Wo bleibt das Patientenwohl?
Der medizinische Fortschritt wird be
sonders sichtbar in den Organtrans
plantationen. Diese sind nur dadurch
möglich geworden, dass das Konzept
des Hirntods gefunden worden ist.
Dieses wird, so Einhäupl, immer noch
vielfach infrage gestellt. Die Diskussi
on in den letzten Jahren hat dazu ge
führt, dass die Zahl der Transplantati
onen rückläufig ist. Er führte einige
Beispiele dieser Diskussion auf:
Das apallische Syndrom (Wachkoma)
tritt immer häufiger auf und stellt die Be
handler vor die Frage: Was tun wir da?
Das LockedinSyndrom: Hier ist
der Mensch noch voll wach, aber
nicht in der Lage, eine Information
nach außen zu transportieren.
Unsere Gesellschaft wird älter und
typische Alterskrankheiten wie die
Alzheimer Demenz nehmen zu. Viele
Ärzte haben Angst, weil sie nicht wis
sen, wie sie damit umgehen sollen.
Vor diesem Hintergrund hat das The
ma Sterbehilfe an Bedeutung gewon
nen. Das Auseinanderdriften des me
dizinischen und des juristischen Dis
kurses, sagte Einhäupl, erschwert eine
Lösung. Seit 2010 ist die Einstellung
dazu durch ein BGHUrteil wieder ei
nigermaßen sicher geworden. Doch
der Neurologe ist nicht der Ansicht,
dass damit das Problem Sterbehilfe im
Sinne des Patienten gelöst ist.
Was ist mit der Willensbekundung
durch den Patienten? Ist eine 15 Jahre
alte Patientenverfügung heute noch gül
tig? Es gibt Krankenhäuser, die jede
Form von Sterbehilfe ablehnen. Dazu
gibt es religiöse oder kulturelle Hinder
nisse. Sind Palliativstationen oder Hos
pize geeignet, den Wunsch nach einem
würdigen Tod zu erfüllen? Der Neuro
loge zitierte den ehemaligen SPDPoliti
ker Franz Müntefering, der gesagt hat:
Sterben kann gelingen. Er hielt dage
gen: Sterben muss aber nicht gelingen.
Ärzte sind unsicher, weil sie ihre Pflich
ten und Grenzen nicht kennen.
Einhäupl gab zu bedenken: Es wer
de keine Gesetzesformulierung geben,
die nicht findigen Staatsanwälten Ge
legenheit böte, sich mit skurrilsten Ar
gumenten zu profilieren. Passive Ster
behilfe sei alles andere als passiv, wenn
es darum gehe, Medikamente abzuset
zen oder Geräte abzuschalten.
Über 70 Prozent der Bevölkerung,
sagte Einhäupl, würden eine Legalisie
rung der aktiven Sterbehilfe begrüßen.
Doch die Frage, wie werde ich sterben,
ist eine der quälendsten Fragen, die sich
Menschen stellen. Immer werde dabei
nach Hilfe durch den Arzt gefragt. Die
Aussage Wir lassen Sie nicht allein ist
laut Einhäupl eine der wichtigsten, die
Ärzte machen können. Er wünschte sich,
dass die kommende Gesetzgebung Ärz
ten und Patienten die Situation leichter
macht, anstatt sie zu erschweren.
Ob beim Präventions oder
Versorgungsstärkungsge
setz: Viel zu selten wird bei
der Gesetzgebung innerhalb
der Versorgung auf ärztli
chen Sachverstand gesetzt.
Das zeigte sich auf dem
Deutschen Internistentag.
Besonders problematisch
ist das bei der Diskussion
um die Sterbehilfe.
Ärzte werden zu wenig einbezogen
Von Klaus Schmidt
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Ich finde die Diskus
sion, die in Juristen
kreisen zur Sterbe
hilfe geführt wird,
geradezu zynisch.
Prof. Karl Max Einhäupl
, Vorstands
vorsitzender der Berliner Charité
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AUS
AN
FÜR JEDES
SOLLTE ES EIN
GEBEN.
Ihr Sicherheitspaket in der
Antikoagulation.
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8. Deutscher Internistentag
BDI aktuell
Oktober 2015
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