Bücher
Nr. 6 • Juni 2013
9
Ernst Mutschler et al. (Hrsg.)
Mutschler Arzneimittelwirkungen
Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft
2013, 10. vollst. überarb. u. erw. Aufl.,
1197 S., 349 Abb., 257 Tab., 73,60 €
DAS Pharmakologie-
Buch
Die zehnte Auflage von Mutschlers
Arzneimittelwirkungen wurde als
Jubiläumsausgabe vollständig überar-
beitet und erweitert. Mehr als 40
Jahre begleitet dieses Standardwerk
der Pharmakologie schon unzählige
Generationen von Studenten der
Medizin, Pharmazie und andere
Naturwissenschaften. Es ist stetig mit
den Herausforderungen der zum Teil
explosionsartigen Neuentwicklungen
auf dem Gebiet der Pharmakologie
gewachsen und bietet auf inzwischen
1197 Seiten einen umfassenden Über-
und Einblick in das Fachgebiet.
Das Buch ist in drei große Komparti-
mente eingeteilt: Der „Allgemeine
Teil“ widmet sich zuerst der Pharma-
kokinetik und Pharmakodynamik der
Arzneimittelwirkungen. Dieses für
den Kliniker eher trockene Gebiet der
Arzneimittelwirkungen wird lebendig
und sehr anschaulich dargestellt und
vermittelt die Notwendigkeit für den
Arzt, über diese Grundlagen bei jeder
seiner Anordnungen Bescheid zu wis-
sen und sein Anordnungsverhalten
daran zu orientieren. Auch komplexe
Resorptions- und Transportmechanis-
men, Verteilungsräume, die Kinetik im
Alter sowie rezeptorvermittelte Phar-
makon-Wirkungen werden sehr
anschaulich anhand des gut verständ-
lichen Textes, exzellenter Bebilderung
und aktueller Tabellen beschrieben. Es
folgen ausführliche Kapitel über
Neben- und Wechselwirkungen sowie
ein kurzes, aber wichtiges Kapitel
über Pharmakogenetik. Denn der Ein-
fluss genetischer Polymorphismen ist
heute ein viel beachteter Aspekt bei
der klinischen Anwendung verschie-
dener Medikamente, da es hierdurch
zu nicht vorhersehbarer toxischer
Kumulation oder auch zu einer unzu-
reichenden Wirkung von Medikamen-
ten mit durchaus fatalen Folgen kom-
men kann. Abgerundet wird der „All-
gemeine Teil“ durch einen Überblick
über Gentherapien, den Einsatz von
Stammzellen, Chronopharmakologie
und ein Kapitel über Arzneimittelent-
wicklung und -prüfung.
Der „Spezielle Teil“ wird klar geglie-
dert in die großen anatomisch-funk-
tionellen Einheiten des Organismus
wie Nervensystem, Herzkreislaufsys-
tem usw. Jedes Kapitel beginnt mit
anatomischen und physiologischen
Grundlagen, die sehr prägnant einen
exzellenten Überblick über dieses
wichtige Fundament des Verständnis-
ses über die Funktion des Organismus
als Grundlage einer rationalen Phar-
makotherapie gibt. Alleine diese Kapi-
tel zeigen schon die besondere Quali-
tät dieses Buches. Die sich daran
anschließende Beschreibung der
Wirkstoffe mit ihren Wirkungsmecha-
nismen, ihrer Kinetik, den Nebenwir-
kungen, Kontraindikationen und
Interaktionen ist auf dem neuesten
Stand des pharmakologischen Wissens
und der aktuellen Studienlage. Die
integrierten Dosierungstabellen sind
ausgesprochen übersichtlich und
anwenderfreundlich. Dies macht den
Mutschler nicht nur zu einem lexikali-
schen Buch, sondern zu einem wert-
vollen Begleiter im klinischen Alltag
jedes Arztes. Dies wird noch durch die
ausführliche und gut bebilderte Dar-
stellung von Leitlinien-konformen
Therapien verschiedener Krankheits-
bilder unterstrichen.
Neben den genannten Organsystemen
beschäftigt sich ein großer Teil der
„Speziellen Pharmakologie“ mit der
Therapie von Infektionskrankheiten.
Hier werden ausführlich die Grundla-
gen antibakteriell wirksamer Pharma-
ka abgehandelt und die Einzelpräpara-
te ausführlich beschrieben. Es folgt die
leitliniengerechte Antibiotikatherapie
ausgewählter bakterieller Infektionen.
Die Therapie von Viruserkrankungen
mit Virustatika wird genauso ausführ-
lich beschrieben wie die heute übli-
chen Antimykotika.
Der dritte und letzte Teil des Buches
behandelt komplex das Thema der
Vergiftungen. Allgemeine Maßnah-
men bei Vergiftungen mit auf Auf-
rechterhaltung der Vitalfunktionen,
Maßnahmen zur primären Giftentfer-
nung, Behandlung mit Antidoten und
die Maßnahmen zur Giftelimination
werden kritisch bewertet und speziel-
le Vergiftungen ausführlich beschrie-
ben. Am Ende listet eine sehr über-
sichtliche und ausführliche Vergif-
tungstabelle noch einmal alle Sub-
stanzen, deren Symptome und die
Therapie auf.
Fazit:
Der Mutschler bleibt auch in der
zehnten Auflage das Pharmakologie-
Buch schlechthin. Es ist in seiner
Didaktik, seinem Informationsgehalt
und seiner grafischen Aufmachung
das Standardwerk der Pharmakologie
und Toxikologie. Es wird durch seine
klar verständliche Sprache allen betei-
ligten Fachdisziplinen absolut gerecht
und darf in keiner Buchsammlung
eines klinisch tätigen Arztes fehlen.
Dr. med. Adrien Hümmer
Dr.med. Helge Voigt
arbeitet als Internist,
Angiologe und Hämosta-
seologe in einer Praxis für
Gefäßerkrankungen und
Gerinnungsstörungen in
Leipzig.
Helmut Kopp, Malte Ludwig
Checkliste Doppler- und Duplex-
sonographie
Georg Thieme Verlag KG
2012, 4. Aufl., 336 S., 384 Abb.,
59.99 €
Für die Kitteltasche
Doppler- und Duplexsonographie
sind seit drei bis vier Jahrzehnten
nicht mehr aus der angiologischen
Diagnostik wegzudenken. Zahlreiche
Fachbücher haben diesen Weg beglei-
tet. Auch die „Checkliste Doppler-
und Duplexsonographie“ liegt aktuell
in 4. überarbeiteter Auflage vor. Das
Buch folgt der bewährten Diktion der
1. Auflage (1999): Im grauen Teil fin-
det sich auf 45 Seiten eine verständli-
che Darstellung notwendiger Grund-
lagen der Sonographie. Dieser Beitrag
wurde um die Abschnitte Kontrast-
mittel-Sonographie, Sonographie in
3D bzw. 4D und arterielle Hämody-
namik bereichert. Im grünen Teil fol-
gen übersichtliche Fluss-Schemata zu
Diagnostik und Therapie chronischer
und akuter Arterienverschlüsse, Aor-
tenaneurysmen, Aortendissektion,
Venenthrombose, Varikosis, zur
Pathologie abdominaler Venen und
der extrakraniellen hirnversorgenden
Arterien. Hilfreich für die tägliche
Praxis ist der Abschnitt über Fallstri-
cke bei der Doppler- und Duplexso-
nographie, der durch gut gewählte
Abbildungen illustriert wird.
Detaillierte Untersuchungsanweisun-
gen für (fast) jede Gefäßregion finden
sich im folgenden blauen Teil auf
227 Seiten: Ausgehend von der arte-
riellen Gefäßanatomie werden Dopp-
ler-Druckmethode, Ableitung der
Hämotachygramme, B-Bild und
(Farb-)Duplexsonographie bespro-
chen. Nützlich sind Hinweise zur
Funktionsdiagnostik bei vaskulären
Kompressionsyndromen und zur
sonographischen Stenosegraduie-
rung. Thematisiert werden Media-
sklerose, periphere Arterienaneurys-
men mit Hinweisen zur Durchfüh-
rung der Kompressionssonographie
bei iatrogenem Aneurysma spurium,
zur peripheren Arteriendissektion
und AV-Fistel. Zu nennen ist auch die
in anderen Sonographiebüchern oft
vernachlässigte Darstellung der Dia-
lyseshunts. Danach werden, ausge-
hend von den klinisch relevanten
anatomischen Fakten, die Venenlei-
den dargestellt. Unter Beachtung von
Klinik und Sonographiebefund wer-
den die entsprechenden differenzial-
therapeutischen Hinweise gegeben.
Es folgen die abdominalen Gefäße:
Bauchaortenaneurysmen finden
dabei ebenso Beachtung wie Aorten-
dissektionen, wobei beim Typ Stan-
ford A mit hoher Letalität die rasch
notwendige Echokardiographie
genannt wird. Auch die Darstellung
der Nierenarterien, die aktuell bei
therapierefraktärer Hypertonie unter
dem Aspekt der sympathischen
Denervierung vermehrt Beachtung
finden, erfolgt subtil, auch im Hin-
blick auf die verschiedenen Ursachen
von Stenosen. Es folgt die Darstellung
extra- und intrakranieller Arterien-
stenosen bei besonderem Hinweis auf
die NASCET-Klassifikation der Karo-
tis-interna-Stenosen. Abschließend
finden sich wichtige Befundungskri-
terien der sonographischen Untersu-
chung, bevor es an elf arterielle und
venöse Fallbeispiele geht. Im Klap-
pentext finden sich Normalwerte
arterieller Strömungsgeschwindig-
keiten in den verschiedenen Gefäß-
provinzen.
Fazit:
Das Kitteltaschen-taugliche
Buch braucht sich bei gutem Preis-
Leistungs-Verhältnis nicht hinter dem
„Kursbuch Doppler- und Duplexsono-
graphie“ (Besprechung in BDI aktuell
im Februar 2013) aus dem gleichen
Verlag zu verstecken.
Dr. med. Helge Voigt
Dr. med. Adrien Hüm-
mer, Internist, Kardiolo-
ge, Notfallmedizin,
Intensivmedizin, ist
Chefarzt der Inneren
Abteilung/Kardiologie an
der Kreisklinik Wertin-
gen.
Hans Förstl
Demenzen in Theorie und Praxis
Springer Verlag
2011, 3. Akt. u. überarb. Aufl. 590 S.,
44 Abb., 39,99 €
Die vielen Facetten
der Demenz
Welcher diensthabende internistische
Aufnahmearzt kennt das nicht:
Einweisung aufgrund von AZ-Ver-
schlechterung aus der Häuslichkeit.
Wenn man die 79-jährige Patientin
befragt, bekommt man Antworten
wie „Wo bin ich hier?“, „Ich weiß
nicht genau, warum ich im Kranken-
haus bin?“ oder „Ich glaube, wir
haben 1998!“. Zuvor war die ältere
Dame länger nicht mehr beim Haus-
arzt; sie wohnt mit ihrem Mann zu
Hause. Wie also geht man das Pro-
blem einer offensichtlichen kogniti-
ven Störung, welche bis jetzt nicht
weiter diagnostiziert wurde, an?
Dabei will das Buch „Demenzen in
Theorie und Praxis“ von Prof. Förstl
einen Leitfaden geben. In den ersten
Kapiteln wird zunächst eine Begriffs-
definition vorgenommen, um dann
die wichtige Abgrenzung zur „leich-
ten kognitiven Beeinträchtigung“ im
Alter herauszuarbeiten und schließ-
lich die wichtigsten Demenzformen
in Klinik, Diagnostik und Therapie zu
behandeln. Ein wichtiges Kapitel zeigt
Ursachen und Therapiemöglichkeiten
von Verwirrtheitszuständen auf, und
anschließend werden nicht zu ver-
passende, da anders zu behandelnde
Differenzialdiagnosen (Spätschizo-
phrenie, Depression, Medikamenten-
bzw. Alkoholabusus) aufgezeigt.
Schließlich wird noch einmal aus-
führlich auf die Diagnostik und The-
rapie eingegangen und spezialisierte
Betreuungsansätze in der Klinik und
ambulant diskutiert. Dabei wird ein-
deutig größerer Wert auf die Praxis
gelegt, wissenschaftliche Grundlagen
(genetisch, molekularbiologisch,
usw.) werden dennoch kurz erläutert.
Das Buch ist flüssig geschrieben, klar
strukturiert (z.B. ICD-Definitionen in
farbig unterlegten Tabellen), schlüssig
gegliedert und bietet ein gutes Hand-
werkszeug für die Erstdiagnostik und
die allgemeine und spezialisierte
Therapie von Demenzkrankheiten.
Gerade für Klinikärzte in kleinen
Krankenhäusern ohne spezielle
psychiatrische Versorgung ist dieses
Buch eine wertvolle Hilfe im Umgang
mit Demenzkranken.
Fazit:
Ein Buch, welches die vielen
Facetten der Demenzen, wichtige
Differenzialdiagnosen, rationelle
Diagnostik und Therapiemöglichkei-
ten aufzeigt. Es ist in einem sehr plas-
tischen und flüssigen Schreibstil
gehalten und stellt eine empfehlens-
werte Hilfe für interessierte Ärzte
dar.
Christopher Jahreiß
Christopher Jahreiß war
bis 2012 Assistenzarzt
in der Inneren Medizin
an den Elblandkliniken
Meißen und arbeitet
derzeit in einer Kinder-
arztpraxis in Delitzsch.