Berufspolitik
Nr. 6 • Juni 2013
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In keinem anderen vergleichbaren
Industrieland ist die Zahl der offiziell
registrierten Ärztinnen und Ärzte so
hoch wie in Deutschland. Von der
Zahl aller bei den Landesärztekam-
mern gemeldeten 459 021 Ärztinnen
und Ärzten waren 348 695 (2011:
342 063) berufstätig. Die Arztdichte –
Einwohner je berufstätiger Arzt – ist
hier so hoch wie kaum in einem
anderen Land. Nur Israel übertrifft
den exorbitant hohen Versorgungs-
stand Deutschlands. Die berufstätigen
Ärztinnen und Ärzte versorgten Ende
2012 rund 81,8 Millionen Einwohner.
Die Arztdichte in Deutschland liegt
mittlerweile im Bundesdurchschnitt
bei 235 Einwohnern je berufstätigem
Arzt (2011: 239). Dies entspricht
einer Verbesserung um 1,9 %. Aller-
dings gibt es eine relativ große Sprei-
zung bei der regionalen Arztdichte.
Am höchsten ist diese in den Stadt-
staaten Berlin (185), Hamburg (154)
und Bremen (178). In Brandenburg
kommen dagegen 283 Einwohner auf
einen berufstätigen Arzt, gefolgt von
Sachsen-Anhalt mit 271 Einwohnern
je Arzt, danach Niedersachsen (266),
Sachsen (260) und Thüringen (257).
Bayern und das Saarland liegen mit
222 beziehungsweise 218 Einwoh-
nern je berufstätigen Arzt fast gleich-
auf. Das bevölkerungsreichste Bun-
desland, Nordrhein-Westfalen
(16 Millionen Einwohner), liegt auf
einem mittleren bis oberen Platz mit
238 Einwohnern je Arzt, gefolgt von
Baden-Württemberg mit 237 Einwoh-
nern je Arzt.
Markante Trends
Die Statistik lässt markante Trends
erkennen: Der Arztberuf wird immer
„weiblicher“. Der Anteil der Ärztinnen
an der Gesamtzahl der Ärzte stieg
auch im Jahr 2012 entsprechend der
Tendenz der letzten Jahre leicht an.
Mittlerweile entfallen 45,0 % aller
Ärzte auf Ärztinnen (2011: 44,6 %).
Die Feminisierung des Arztberufes
kennzeichnet auch der aktuelle Trend
im Medizinstudium. Heute sind
bereits mehr als 55 % aller Medizin-
studierenden weiblich.
Auch die Zahl der angestellten Medi-
ziner hat zugenommen: Im ambulan-
ten Sektor stieg 2007 die Zahl der
angestellten Ärztinnen und Ärzte im
Vergleich zu 2006 um knapp 15 % auf
10 406. Diese Tendenz hat sich inzwi-
schen verfestigt: 2012 betrug der
Zuwachs 2 002 (+ 10,6 %); dadurch
hat sich die Gesamtzahl in angestell-
ter Tätigkeit bei niedergelassenen
Ärzten arbeitenden Kolleginnen und
Kollegen auf 20 900 erhöht. Mithin
hat sich die Zahl der in angestellter
Position tätigen Ärzte im ambulanten
Sektor seit 1993 (5 397) mehr als ver-
vierfacht.
Auch andere markante Trends sind
feststellbar:
1. Die Abwanderung deutscher Ärzte
ins Ausland verharrt weiter auf
einem relativ hohen Niveau. Im Jahr
2012 haben 2 241 (2011: 3 410)
Ärzte Deutschland verlassen. Der
Anteil der ausgewanderten deut-
schen Ärzte beträgt 66,8 %.
2. Die Zuwanderung ist unverändert
hoch; die Kolleginnen und Kollegen
kommen vor allem aus Österreich,
Griechenland und den osteuropäi-
schen Ländern (den neuen EU-Mit-
gliedsländern). Der Anteil der Aus-
länder-Ärzte an den Erstmeldungen
bei den Ärztekammern betrug im
vergangenen Jahr 30,6 % (2011:
27,6 %). Der Zuzug ist in allen Bun-
desländern spürbar, aber prozentu-
al in den neuen Bundesländern aus-
geprägter. So waren im Jahr 2000
erst 5,9 % aller ausländischen Ärzte
in den neuen Bundesländern tätig,
im vergangenen Jahr waren dies
bereits 16,1 %. In den neuen Bun-
desländern gibt es bereits Kranken-
häuser, in denen bis zu 80 % auslän-
dische Ärzte den Dienst versehen.
Vakanzen und Arbeitsspitzen kön-
nen oftmals nur durch Zuwande-
rung ausländischer Ärzte behoben
werden.
3. Unter den Erstmeldungen bei den
17 Landesärztekammern ist mehr
als jeder zweite Newcomer eine
Frau: 2012 waren 56,6 % der neu
Gemeldeten Ärztinnen (ein Jahr
davor: 59,0 %). Nimmt man nur die
deutschen Ärztinnen und Ärzte als
Bemessungsbasis, so sind es sogar
60,8 %.
4. Die Struktur der Ärzteschaft hat
sich in den letzten Jahren, so auch
im Jahr 2012, kaum verändert.
Unverändert dominiert der statio-
näre Sektor. Der Anteil der Klinik-
ärzte, bezogen auf alle ärztlich
Tätigen, stieg auf 50,1 % (Vorjahr:
49,7 %). Damit sind inzwischen
mehr als die Hälfte aller ärztlich
Tätigen im Krankenhaus beschäf-
tigt. Zum siebten Mal in Folge stieg
die Zahl der Klinikärztinnen und
-ärzte deutlich, und zwar um 2,9 %
(4 989) auf 174 829 (169 840). Am
deutlichsten wuchs die Zahl der
Klinikärzte in Niedersachsen
(4,0 %), gefolgt von Thüringen
(4,0 %), dem Saarland (3,9 %) und
Nordrhein (3,7 %).
5. Die erneut gestiegene Zahl der
gemeldeten Ärztinnen und Ärzte
und die Zahl der berufstätigen
Ärzte insgesamt müssen differen-
ziert betrachtet werden, um keine
Fehlschlüsse daraus abzuleiten. In
jedem Fall muss auch bei den
berufstätigen Ärztinnen und Ärzten
die vom einzelnen Arzt zur Verfü-
gung gestellte Arbeitszeit berück-
sichtigt werden. In der stationären
Versorgung infolge der konsequen-
ten Arbeitszeitregelungen und der
nationalen und europäischen
Rechtsprechung auf diesem Gebiet,
aber auch im ambulanten Sektor
arbeiten die einzelne Ärztin und
der einzelne Arzt heute deutlich
weniger als noch vor fünf oder zehn
Jahren. Auch ist die Zahl der Teil-
zeitarbeitskräfte und der in ange-
stellter Tätigkeit im ambulanten
Sektor beschäftigten Ärztinnen und
Ärzte inzwischen deutlich gestie-
gen. Dabei spielt die „Verweibli-
chung“ des ärztlichen Berufes eine
große Rolle. Aber auch bei männli-
chen Kollegen ist ein ähnlicher
Trend nach einer reduzierten
Arbeitszeit im Vergleich zu den frü-
heren Jahren erkennbar.
Niedergelassene Ärzte
im Schnitt jünger
Im Krankenhaussektor lag der Anteil
der Klinikärztinnen an allen Klinik-
ärzten bei 50,1 % (2011: 49,7 %). Hier
hat sich die Altersstruktur etwas ver-
schlechtert. Der Anteil der Klinikärz-
tinnen und -ärzte, die jünger als 35
Jahre alt sind, ist von 32,5 auf 31,9 %
gesunken. Zugleich wuchs der Anteil
der über 59-Jährigen von 5,3 auf
5,9 %. Das Durchschnittsalter der Kli-
nikärztinnen und -ärzte erhöhte sich
dadurch von 41,14 Jahre im Jahr 2011
auf 41,25 im Jahr 2012.
Im ambulanten Bereich sind zurzeit
144 058 Ärztinnen und Ärzte tätig
(einschließlich der in Arztpraxen
angestellten Ärzte). 2012 stieg die
Zahl der ambulant tätigen Ärztinnen
und Ärzte um 1 203 (+ 0,8 %). Die
Zahl der niedergelassenen Ärztinnen
und Ärzte ist um 799 auf 123 213
zurückgegangen (- 0,6 %). Der Anteil
der Ärztinnen an den ambulant täti-
gen Ärzten liegt mittlerweile bei
40,4 %. Niedergelassene Ärzte werden
immer jünger. Der Anteil der unter
40-Jährigen sank weiter, und zwar
von 3,6 % im Jahr 2011 auf 3,2 % im
Jahr 2012. Zugleich stieg der Anteil
der mindestens 60-Jährigen von
25,1 % auf 27,3 %.
Innere Medizin vorn
Berufstätig waren am 31. Dezember
2012 insgesamt 46 995 (Ende 2011:
45 559) Ärztinnen und Ärzte mit der
Gebietsbezeichnung „Innere Medizin“
(darunter: 30 377 Innere Medizin mit
Zusatzbezeichnung). Im ambulanten
Sektor waren von den 46 955 Inter-
nisten 22 845 (20 000 niedergelasse-
ne, plus 2 845 angestellte Internisten)
tätig. Im stationären Bereich waren
21 139 Internisten berufstätig (darun-
ter 3 285 leitend und 791 Internisten
gleichzeitig in einer freien Praxis), bei
Behörden und Körperschaften arbei-
teten 955 Internisten (darunter 75
Sanitätsoffiziere und 164 Internisten
in Gesundheitsämtern) und in „sons-
tigen Bereichen“ 2056 Internisten.
Ohne ärztliche Tätigkeit waren zum
vergangenen Jahresultimo 15 004
Internisten. Daraus errechnet sich die
Gesamtzahl von 61 999 Internisten
(berufstätige Internisten plus Inter-
nisten ohne ärztliche Tätigkeit). Zum
Vergleich: In der Allgemeinmedizin
(Allgemeinmedizin; Innere und Allge-
meinmedizin – Hausarzt –; Praktische
Ärzte) waren 43 308 Ärzte berufstätig
beziehungsweise 42,3 % (bezogen auf
alle Tätigkeitssektoren).
Bei Behörden, Körperschaften und in
sonstigen Sektoren (beispielsweise
Industrie, Verbänden, Unternehmens-
beratungsfirmen, Verlagen u. a.)
waren Ende 2012 exakt 29 808 Ärzte
(+ 1,5 %) tätig. Der Anteil der berufs-
tätigen Ärzte, die in diesem Sektor
arbeiten, beträgt mittlerweile 8,5 %,
eine Rate, die im Vergleich zum Vor-
jahr leicht gesunken ist.
Unter den rund 144 060 ambulant
tätigen Ärzten sind rund 123 200 Ver-
tragsärzte; bei diesen sind rund
20 900 (Vorjahr: 18 800) Ärzte als
Angestellte tätig. Ausschließlich eine
Privatpraxis betrieben Ende 2012
rund 2 500 Ärzte. Das Verhältnis von
Haus- zu Fachärzten ist noch nicht –
wie die Wunsch- und Sollvorstellung
der Bundesärztekammer und der KBV
lautet – bei 50 zu 50, sondern es
dominieren immer noch die Fachärzte
mit 57,7 % Anteil an der Gesamtzahl
der niedergelassenen Ärzte. Auf die
Hausärzte (Allgemeinmedizin, Allge-
meininternisten und Praktische
Ärzte) entfallen 42,3 %.
Ohne ärztliche Tätigkeit waren Ende
2012 rund 110 330 Ärztinnen und
Ärzte (+ 2,8 % beziehungsweise 2 980
Ärztinnen und Ärzte gegenüber
2011). 63,4 % der Ärzte waren im
Ruhestand (Vorjahr: 63,4 %). 2,1 %
sind berufsunfähig (Vorjahr: ebenfalls
2,1 %). 0,7 % nutzten die Freistellungs-
phase in der Altersteilzeit, 4,6 % sind
ausschließlich im privaten Haushalt
tätig (2011: 4,7 %). 2,4 % der „Weiß-
kittel“ sind berufsfremd tätig, 5,5 %
der Ärzte sind in der Elternzeit (Vor-
jahr: 5,4 %). Die Arbeitslosenquote
beträgt 6,6 % (Vorjahr: 6,5 %); 14,7 %
gaben „einen sonstigen Grund“ an,
dass sie keinen adäquaten Job als Arzt
ausübten (Vorjahr: 14,7 %).
Arbeitslosigkeit auf
Tiefststand
Auf dem ärztlichen Teilarbeitsmarkt
herrscht seit Jahren Voll- bis Überbe-
schäftigung; es gibt zurzeit einen
Zusatzbedarf von circa 6 000 Appro-
bierten allein in den Kliniken. 2012 ist
die Zahl der arbeitslosen Ärzte erst-
mals wieder gestiegen: Es wurden
2 642 arbeitslose Ärztinnen und Ärzte
gemeldet, wobei der Ärztinnenanteil
mit 62,9 % (Vorjahr: 64,7 %) über-
durchschnittlich hoch ist. Dies ent-
spricht einer Zunahme um 222 Ärz-
tinnen und Ärzte beziehungsweise
9,2 % gegenüber dem Vorjahr. Im Ver-
gleich zum Höhepunkt der Ärztear-
beitslosigkeit im Jahr 1997 hat die
Zahl der arbeitslosen Ärztinnen und
Ärzte um 6 754 beziehungsweise
71,9 % abgenommen. Bezieht man die
aktuelle Zahl der Joblosen auf die Zahl
der berufstätigen Ärzte insgesamt, so
ergibt sich eine sensationell niedrige
Arbeitslosenquote von lediglich 0,8 %
(Vorjahr: 0,7 %). Nimmt man als
Bezugsgröße die Zahl der abhängig
beschäftigten Ärzte, liegt die Quote
bei 1,2 % (1,1 %). Damit liegt die Zahl
der Arbeitslosen im ärztlichen Sektor
deutlich unter der „natürlichen
Arbeitslosenquote“ in den übrigen
Dienstleistungs-, Industrie- und
gewerblichen Sektoren, bei denen die
Bundesagentur für Arbeit am Stichtag
15. September 2012 eine Quote von
rund 7,7 % ausweist.
Dr. rer. pol. Harald Clade
Arbeitsmarkt für Ärzte
Neuer Rekord: Voll- und
Überbeschäftigung
Deutschland ist mit Ärzten gut eingedeckt: Nach der aktuellen Statis-
tik der Bundesärztekammer waren zum Jahresende 2012 bei den
Landesärztekammern 459 021 Ärztinnen und Ärzte gemeldet. Dies
sind 2,1 % mehr als ein Jahr davor. Der Ärztemangel, vor allem in den
neuen Bundesländern, wird spürbarer, auch in einzelnen Fachgebie-
ten. Einer erneut gewachsenen Zahl der berufstätigen Ärzte in
Deutschland einerseits steht eine anhaltend niedrige Arbeitslosen-
quote andererseits gegenüber. Dieser vermeintliche Widerspruch ist
erklärungsbedürftig und hängt vor allem mit der vom einzelnen Arzt
zur Verfügung gestellten effektiven Arbeitszeit zusammen.
Die Feminisierung des Arztberufs wird immer
deutlicher: Der Anteil der Ärztinnen an der
Gesamtzahl der Ärzte stieg auch im Jahr 2012
entsprechend der Tendenz der letzten Jahre
leicht an. Mittlerweile sind 45 % aller Mediziner
Ärztinnen (2011: 44,6 %). 55% aller Medizinstu-
denten sind weiblich.
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