Medizin
Nr. 6 • Juni 2013
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In der aktuellen Publikation wurden
Daten von 8101 Patienten ab einem
Alter von 40 Jahren verglichen, die
wegen einer akuten Erkrankung
immobilisiert werden mussten. Insge-
samt lag das Durchschnittsalter der
Studienteilnehmer bei 71 Jahren. Das
Protokoll sah vor, dass die Patienten
entweder subkutan 40 mg Enoxapa-
rin/d für 10±4 Tage und einen oralen
Placebo für 35±4 Tage oder einen sub-
kutanen Placebo für 10±4 Tage und
oral 10 mg Rivaroxaban/d für 35±4
Tage erhielten. Verglichen wurde das
Auftreten von asymptomatischen pro-
ximalen TVT, symptomatischen proxi-
malen und distalen TVT sowie symp-
tomatischen Lungenembolien oder
Tod im Zusammenhang mit einer
venösen Thrombose in den Tagen 1–
10 (Nicht-Unterlegenheitstest) sowie
bis Tag 35 (Überlegenheitstest). In
den ersten 10 Tagen traten bei jeweils
2,7% beider Gruppen Ereignisse auf
(Relatives Risiko mit Rivaroxaban [RR]
0,97; 95%-Konfidenzintervall [KI]
0,71–1,31; p=0,003 für Nicht-Unterle-
genheit). Nach
35 Tagen wurden bei 4,4% der Rivaro-
xaban- und bei 5,7% der Enoxaparin-
gruppe Ereignisse beobachtet (RR
0,77; 95%-KI 0,62–0,96; p=0,02). Nach
10 bzw. 35 Tagen kam es bei 2,8%
bzw. 4,1% unter Rivaroxaban und bei
1,2% bzw. 1,7% unter Enoxparin zu
größeren oder klinisch relevanten
kleineren Blutungen.
Fazit
Rivaroxaban war zur Thrombose-
prophylaxe bei akut erkrankten
Patienten Enoxaparin nicht unterle-
gen. In einem verlängerten Beobach-
tungszeitraum zeigte es sogar einen
Vorteil. Jedoch kam es unter Rivaro-
xaban zu mehr klinisch relevanten
Blutungen, so die Autoren.
Sponsoring: Die Studie wurde von
zwei Pharmafirmen finanziert.
Kai Michael Schmidt-Borko
Immobilisierte Patienten haben ein deutlich erhöhtes Risiko für tiefe Bein-
venenthrombosen (TVT). Aktuelle Leitlinien empfehlen u.a. die prophy-
laktische Gabe von Heparinen. Cohen et al. verglichen nun in der rando-
misierten, doppelblinden, multizentrischen MAGELLAN-Studie Rivaroxa-
ban, einen direkten Faktor-Xa-Inhibitor, und Enoxaparin zur Thrombose-
prophlaxe bei akut erkrankten Patienten.
N Engl J Med 2013; 368: 513-523
Kardiologie
Rivaroxaban oder Enoxaparin
zur Thromboseprophylaxe?
Kurzmitteilung
Assoziation von ASS mit altersbe-
dingter Makuladegeneration?
Liew et al. untersuchten in einer pro-
spektiven Kohortenstudie in Austra-
lien, ob die regelmäßige Einnahme von
Acetylsalicylsäure (ASS) mit einem
erhöhten Risiko für eine altersbedingte
Makuladegeneration (AMD) assoziiert
ist. Dafür wurden über einen Zeitraum
von 15 Jahren in 4 Erhebungen Frage-
bögen (u.a. zu ASS-Einnahme, kardio-
vaskulären Erkrankungen, AMD-Risiko-
Faktoren) von 2389 Teilnehmern aus-
gefüllt. Zusätzlich wurden Netzhaut-
fotos erstellt und anhand der interna-
tionalen Klassifizierung die Inzidenz für
trockene (atrophe) AMD bzw. feuchte
(neovaskuläre) AMD festgestellt. 257
(10,8%) Teilnehmer nahmen regelmä-
ßig ASS ein und bei 63 (2,6%) entwi-
ckelte sich eine feuchte AMD. Die Inzi-
denz dafür war bei regelmäßiger ASS-
Einnahme mit 9,3% höher als in der
Vergleichsgruppe (3,7%), ebenso war
das Risiko für Personen, die ASS ein-
nahmen erhöht (Odds Ratio 2,46; 95%-
Konfidenzintervall 1,25–4,83). Die
Assoziation war dosisabhängig. Laut
den Autoren konnte für die trockene
AMD keine Assoziation der Inzidenz
mit regelmäßiger ASS-Einnahme fest-
gestellt werden.
fas
JAMA 2013; 173: 258-264
Ausgewertet wurden Daten von
487 372 Patienten aus einem wissen-
schaftlichen britischen Hausarztregis-
ter mit Verlinkung zum offiziellen
Klinikregister. Die Patienten nahmen
eines oder mehrere der folgenden
Antihypertensiva ein: ACE-Hemmer,
AT
1
-Blocker, Diuretika. Vorerkrankun-
gen der Nieren, rheumatische Erkran-
kungen, Krebserkrankungen, HIV
oder Hepatitis galten als Ausschluss-
kriterium. Mittels zehn nach Alter,
Geschlecht und anderen Charakteris-
tika gematchten Kontrollen ermittel-
ten die Autoren, ob eine NSAR-Thera-
pie die Häufigkeit eines akuten Nie-
renversagens (ANV) bei Patienten
erhöht, die eines oder zwei der vorge-
nannten Antihypertensiva einnahmen
(primärer Endpunkt). Während der
mittleren Beobachtungsdauer von
5,9 Jahren traten 2215 Fälle von ANV
auf. Dabei fand sich bei Kombination
von NSAR mit nur einem Antihyper-
tensivum keine signifikante Risikoer-
höhung für das Auftreten eines ANV.
Bei gleichzeitiger Gabe von zwei die-
ser Blutdruckmedikamente war das
relative Risiko jedoch um 31% erhöht
(Rate Ratio 1,31; 95%-Konfidenzinter-
vall 1,12-1,53). Dabei zeigte sich in
den ersten 30 Expositionstagen ein
nahezu verdoppeltes Risiko (Rate
Ratio 1,82; 95%-KI 1,35-2,46).
Fazit
Eine Kombination von NSAR mit zwei
Antihypertensiva, die diuretisch oder
auf das Renin-Angiotensin-System
wirken, erhöht signifikant das Risiko
eines akuten Nierenversagens. Bei
Anwendung solcher Antihypertensiva
sei daher besondere Vorsicht hin-
sichtlich der Verschreibung von NSAR
geboten, insbesondere in den ersten
30 Tagen, so die Autoren.
Sponsoring: Die Studie wurde von
öffentlichen Institutionen finanziert.
Dr. med. Peter Pommer
Einige Fallberichte und Pharmakovigilanzanalysen berichteten bereits,
dass die gleichzeitige Einnahme von Diuretika, ACE-Hemmern oder AT
1
-
Blockern und nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) das Risiko eines
akuten Nierenversagens erhöhen kann. Lapi et al. untersuchten dies nun
in einer retrospektiven Kohortenstudie.
BMJ 2013; 346: e8525
Hypertensiologie – Nephrologie
Antihypertensiva plus NSAR:
Risiko für akutes Nierenversagen?
Die Beiträge sind erstmals erschienen in
der Deutschen Medizinischen Wochen-
schrift (Dtsch Med Wochenschr 2013;
138: 622, 563, 562).
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