Berufspolitik
Nr. 5 • Mai 2013
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Warum haben Sie Medizin studiert?
Der Arztberuf war und ist für mich
auch heute noch mein Traumberuf.
Die Berufswahl wurde wesentlich
durch das Beispiel meiner Verwandten
in hausärztlicher Praxis im Gebirge und
unseres Hausarztes beeinflusst. Mich
fasziniert die Möglichkeit, sich umfäng-
lich auf Menschen einzulassen und in
einem Vertrauensverhältnis den best-
möglichen Weg zur Problemlösung zu
finden; letztlich heilen, lindern und
trösten.
Warum sind Sie Internist geworden?
Das Vorbild meines Chefs, ein gutes
Arbeitsklima und die Kollegialität in
der Abteilung haben mich entgegen
meiner ursprünglichen Pläne in der
Weiterbildungsstelle gehalten.
Der Weiterbilder konnte das Fach
Innere Medizin in der Kombination
von Patientenzuwendung und der
Bedeutung ärztlicher Grundfertigkeiten
wie Anamnese und Zuhören, körperli-
cher Untersuchung, Hinterfragen des
Vorgehens und differenzialdiagnosti-
scher Betrachtung vor Einsatz von
Technik überzeugend nahe bringen.
Darüber hinaus ermunterte er seine
Assistenten stets, selbstständig zu
arbeiten und sich innovative Methoden
anzueignen.
Gespräche mit einem väterlichen Kolle-
gen überzeugten mich, dass die Innere
Medizin den ganzen Menschen
betrachtet und Schnittstellen zu allen
anderen Gebieten der Medizin hat.
Wann ist ein Arzt ein guter Arzt?
…, wenn Ärztin und Arzt im Sinn des
Hippokratischen Eides und des Genfer
Gelöbnis handeln.
Ein Teil enthält die Antwort zu Frage 1:
Zuwendung zum Patienten und Zuhö-
ren. Entscheidend ist, dass wir uns auf
die Seite der Patienten stellen und in
der Lage sein müssen, die Situation aus
deren Sicht zu betrachten. Mit dem
Patienten die beste Möglichkeit für
Vorgehen und Ziel gemeinsam anstre-
ben. Eine Behandlung gegen den Willen
der Patienten darf nicht stattfinden.
Grenzen müssen aufgezeigt werden,
aber als Arzt darf ich den Patienten,
der sich mir anvertraut, nicht alleine
lassen. Patienten darf niemals der Mut
genommen werden. Ein Arzt muss
eigene Grenzen erkennen und ggf. auf
andere Hilfe verweisen.
Was gefällt Ihnen am deutschen
Gesundheitswesen?
Freie Arztwahl.
Zugang zu notwendiger medizinischer
Versorgung für alle.
Weitreichende Gewährleistung medi-
zinischer Versorgung ambulant und
stationär.
Im Vergleich zum europäischen Aus-
land kurze Wartezeiten für fachärzt-
liche Versorgung.
Duales Versicherungssystem.
Ärztliche Selbstverwaltung.
Worin sehen Sie die größten Proble-
me im deutschen Gesundheitswesen?
Vermeintliches Versprechen einer
„Flatrate-Medizin“ bei gedeckeltem
Budget.
Vortäuschung eines möglichen Wett-
bewerbs bei Budgetierung.
Ökonomisierungsdiktat, das „Damo-
klesschwert“, das die Ärztinnen und
Ärzte verführt, die Sorge um die
persönliche wirtschaftliche Sicherung
der optimalen Versorgung der Patien-
ten voranzustellen.
Zunehmende überbordende Bürokratie,
die kostbare Behandlungszeit ver-
drängt.
Was liegt Ihnen in der Berufspolitik
am meisten am Herzen?
Ärztliche Berufsausübung im Sinne des
Hippokratischen Eides und des Genfer
Gelöbnisses.
Erhalt der Freiberuflichkeit, Stärkung
der Selbstverwaltung und des Subsidia-
ritätsprinzips (das durch den Einfluss
der Politik auf Europaebene gefährdet
ist).
Erhalt der Therapiefreiheit.
Erhalt des Dualen Finanzierungs-
systems.
Sektorenübergreifende Versorgung
ohne Einbahnstraße.
Versorgungsverbünde.
Beseitigung des Ökonomiediktates.
Verbesserung der Arbeitsbedingungen.
Stärkung der ärztlichen Grundversor-
gung.
Optimierung der Weiterbildung.
Verbesserung und Ausbreitung der
Palliativmedizin.
Haben Sie ärztliche und berufs-
politische Vorbilder?
Ja! Viele haben meine ärztliche Hal-
tung geprägt, sowohl in der Verwandt-
schaft als auch während der Aus- und
Weiterbildung, wohlwollende Begleiter
meiner beruflichen Entwicklung sowie
Initiatoren und Begleiter meines
berufspolitischen Engagements.
Ärztliche Verwandte in den letzten
Dekaden, u.a. Großvater sowie Onkel
und Tante.
Unser Hausarzt in meiner Kindheit und
Jugend Dr. Hanns Derichs.
Väterliche Freunde wie Prof. Dr. Carl-
Peter Sodomann, Dr. Hans Ludwig,
mein Doktorvater Prof. Dr. Richard
Suchenwirt, mein chirurgischer Chef
Dr. Wolf von Boeselager, mein Chef in
der internistischen Weiterbildung
Prof. Dr. Hartmut Arndt, meine akade-
mischen Lehrer Prof. Dr. Waldemar
Hort und Prof. Dr. Helmut Wolf.
Berufspolitisch: Dr. Bruno Walther,
Dr. Ulrich Herborn, Dr. Günther Simon,
Dr. Margita Bert, Dr. Hartmut Wein-
holz, Prof. Dr. Friedhelm Hess und
Prof. Dr. Jörg Dietrich Hoppe.
Was bewegt Sie außerhalb Ihres
Berufes am meisten?
Gesellschaftliche und ethische Fragen.
Familienpolitik.
Wohin reisen Sie in den Urlaub?
Ich mache gerne zu Hause und an der
niederländischen Nordseeküste Urlaub
und wandere gerne im Gebirge.
Was halten Sie von BDI aktuell?
Informativ, lesenswert. Meist aktuell.
Es wäre wichtig, dass dadurch mehr
Mitglieder aktiviert und ggf. rekrutiert
würden!
10 Fragen an ...
Dr. Gottfried von Knoblauch zu Hatzbach
Der BDI aktuell Fragebogen
Dr. Gottfried von Knoblauch zu Hatzbach
studierte 1969–74 an der Philipps-
Universität in Marburg/Lahn Medizin
und absolvierte anschließend seine
Weiterbildung zum Facharzt für Innere
Medizin. Seit 1982 ist er in der ambulan-
ten fachärztlichen Versorgung nieder-
gelassen.
Von Knoblauch zu Hatzbach ist seit
1996 Delegierter der Landesärztekam-
mer Hessen. Im Jahre 2000 wurde er
Mitglied des Präsidiums und seit August
2008 ist er Präsident der LÄK Hessen.
Darüber hinaus war er über viele Jahre
Mitglied der Vertreterversammlung der
KV Hessen und Vorsitzender der
Gemeinschaft Fachärztlicher Berufsver-
bände (GFB), Landesgruppe Hessen.
Im BDI ist von Knoblauch zu Hatzbach
seit 1993 als Stellvertretender Vorsitzen-
der des Landesverbands Hessen aktiv.
Von 2000–2004 war er darüber hinaus
Mitglied des BDI-Vorstands.
Der Hausärzteverband wollte vor
allem wissen, wie es die Parteien mit
den HzV-Verträgen nach § 73b SGB V
halten. Sie möchten wieder zum alten
Rechtszustand vor 2010 zurück, als
der Mehraufwand für die hausärztli-
che Versorgung noch nicht an die
Kompensation durch Einsparungen
durch den von der schwarz-gelben
Koalition unter Bundesgesundheits-
minister Philipp Rösler eingefügten
neuen Absatz 5a geknüpft war.
Hier ein Blick auf die wesentlichen
Fragen und die Antworten der Politi-
ker:
Forderung des Hausärzteverbands:
ersatzlose Streichung des Absatz 5a
im § 73b.
Spahn: Hält wie der Koalitionspartner
FDP am Absatz 5a fest. Ließ offen, ob
sich das je nach Ausgang der Bundes-
tagswahl und einer eventuell anderen
Koalition in Berlin ändern kann.
Mattheis: „Wir unterstützen den Fort-
bestand der Verträge nach altem
Recht. Alles andere wäre unlogisch
angesichts dessen, was wir bis 2009
unternommen haben. Deshalb wollen
wir zum Rechtszustand vor 2010
zurückkehren.“
Bender: „Wir wollen den Absatz 5a
streichen.“ Diese Wirtschaftlichkeits-
klausel sei unsinnig und müsse abge-
schafft werden.
Forderung: Fortbestand der Verpflich-
tung aller Krankenkassen, ihren Versi-
cherten eine hausarztzentrierte Versor-
gung nach § 73b anzubieten.
Spahn: „Der Vertrag in Baden-Würt-
temberg ist beeindruckend, doch
müssen wir jetzt abwarten, was die
Evaluation ergibt. Was sind die Ergeb-
nisse? Verträge leben davon, dass sie
gute Ergebnisse haben. Wir wollen
Selektivverträge, aber sie müssen
belegen, dass sie etwas bringen.“
Mattheis: „Der Hausarzt ist der Lotse
im System. Das Beispiel Baden-Würt-
temberg zeigt, dass sich ein hausarzt-
zentrierter Vertrag lohnt. Sie haben
die SPD an Ihrer Seite, weil wir wis-
sen, dass der Lotse im System eine
gute Basis braucht.“
Bender: „Wir wollen die Verpflich-
tung für die Krankenkassen, hausarzt-
zentrierte Verträge anzubieten,
zurücknehmen. Die AOK Baden-Würt-
temberg hat den Vertrag auch nicht
unter Zwang abgeschlossen, sondern
weil sie von der Sache überzeugt war.
Wir wollen auch wissen, was der Nut-
zen für die Patienten in diesem Ver-
trag ist. Der Weg über Zwang oder
Schiedssprüche führt nicht weiter.“
Forderung: Einführung einer leistungs-
gerechten Vergütung in Euro auch im
kollektivvertraglichen System.
Spahn: „Die Hausärzte haben sich in
vielen KVen nicht wiedergefunden.
Deshalb haben wir mit dem Versor-
gungsstrukturgesetz die KV-Struktu-
ren verändert und die Budgettren-
nung festgeschrieben. Jetzt ist erst
einmal die Selbstverwaltung gefor-
dert. Die Hausärzte selbst sollten sich
dazu bekennen, dass sie einen guten
Beruf ausüben, und nicht immer nur
öffentlich klagen, wie schlecht es
ihnen gehe. Sonst schrecken sie den
Nachwuchs ab.“
Mattheis: „Das Honorarsystem muss
angepasst werden, um die hausärztli-
chen Leistungen angemessen zu ver-
güten.“
Bender: „Auch im Kollektivvertrag
sollte die hausärztliche Lotsenfunk-
tion besser vergütet werden.“
Forderung: Einführung weiterer Ele-
mente eines primärärztlichen Versor-
gungssystems.
Spahn: „Wir wollen die Freiwilligkeit
der Versicherten, sich für einen HzV-
Vertrag zu entscheiden. Wenn er sich
aus der freien Arztwahl begeben will,
sollte er das freiwillig tun.“
Mattheis: „Man sollte nicht am
Selbstbestimmungsrecht der Patien-
ten rütteln.“
Bender: „Einen Zwang für die Patien-
ten, zuerst zu einem Hausarzt zu
gehen, lehnen wir ab. Man muss viel-
mehr die Patienten überzeugen, dass
es sich lohnt, zuerst zum Hausarzt zu
gehen.“
Klaus Schmidt
Gesundheitspolitischer Bundestagswahlkampf eröffnet
(Fortsetzung von Seite 1)
Klares Bekenntnis zur
freien Arztwahl
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