Medizin
Nr. 5 • Mai 2013
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gendes flüssiges Blut und Koagel müs-
sen gründlich entfernt werden. Kann
man die Blutungsquelle lokalisieren,
beginnt man mit dem Freisaugen der
kontralateralen Lungenseite. Danach
saugt man die nicht befallenen ipsila-
teralen Bronchien ab und erst dann,
wenn genügend Reserven geschaffen
sind, widmet man sich diagnostisch
und therapeutisch der blutenden
Läsion. Bei stärkerer Blutung muss
zwischendurch das nachlaufende Blut
quasi an der Quelle abgesaugt werden
um eine Wiederverlegung der bereits
gereinigten Bronchien zu verhindern.
Auf diese Art und Weise kann Gasaus-
tauschfläche gesichert werden und
eine anschließende kontrollierte
Behandlung der Blutungsquelle wird
sicherer.
kurzgefasst
Das primäre Therapieziel bei
der Hämoptoe ist die Sicherung des
Gasaustausches. Die starre Broncho-
skopie ermöglicht die meisten Inter-
ventionsmöglichkeiten, falls nicht
verfügbar sollte eine Bronchoskopie
durch einen Tubus erwogen werden.
Endoskopisches Vorgehen bei zen-
traler Blutungsquelle
Bei einer zentralen Blutung ist die
Blutungsquelle im einsehbaren
Bereich lokalisiert, die daher einer
direkten bronchoskopischen Inter-
vention zugänglich ist. Zunächst wird
wie zuvor beschrieben abgesaugt und
dann mit verschiedenen Verfahren die
Blutung gestillt. Bei leichteren Blutun-
gen kann die lokale Gabe von alpha-
stimulierenden Vasokonstriktiva hilf-
reich sein. Wir geben 5 ml 1:10 ver-
dünnte Arterenol
®
- oder Xylomatazol-
inhaltige Lösung (Otriven
®
) durch den
Arbeitskanal des Bronchoskops auf
die Tumoroberfläche. Bei stärkeren
Blutungen darf der Untersucher aller-
dings keine Zeit durch Applikation
topischer Substanzen verlieren, da sie
nur einen geringen Effekt haben [8].
Mit aktuellen Laserverfahren kann
man Tumorgewebe koagulieren und
blutarm abtragen. Dennoch ist der
Laser nicht das bevorzugte Verfahren
bei stärkerer Blutung. Dies ist
dadurch begründet, dass der Laser
zwar punktuell, aber nicht flächig
eingesetzt werden kann. Das endo-
bronchiale Blut absobiert die Laser-
energie, der thermische Effekt reicht
nicht mehr, um die Blutgefäße zu ver-
schließen. Bei unübersichtlichen Ver-
hältnissen könnte es sogar zu einer
Perforation der Bronchialwand kom-
men. Eine Alternative zum Laser ist
die Koagulation mit HF-Strom (Elek-
trokauter). In den letzten Jahren hat
sich für die bronchoskopische Thera-
pie einer aktiven zentralen Blutung
der Argon-Plasma-Koagulator (APC)
als effektivstes Verfahren etabliert [9,
11]. Die APC-Therapie ist ein Verfah-
ren, bei dem elektrischer Strom über
ein Argonplasma geleitet wird, ohne
dass eine Berührung des Gewebes
notwendig ist (Abb. 2) [10]. Bei der
Anwendung im gepulsten Modus
kann großflächig und mit geringer
Eindringtiefe risikoarm koaguliert
werden. So kann man auch in
unübersichtlichen Situationen bei
größerer Tumoroberfläche und diffu-
sen Blutungen ein Sistieren der Blu-
tung erreichen.
Relevante Vorsichtmaßnahmen bei
der APC-Therapie sind aber in jedem
Fall zu berücksichtigen:
▶ Bei Anwendung über das flexible
Bronchoskop muss der APC-Kathe-
ter weit genug aus dem Arbeits-
kanal hinaus ragen, um ein Zurück-
schlagen des Stromes auf das
Distalende des Bronchoskopes zu
verhindern.
▶ Der APC-Katheter darf nicht tief in
das Tumorgewebe hineingedrückt
werden und der Gasfluss ist auf
0,8 ml/min zu begrenzen, um eine
Argon-Gasembolie zu vermeiden.
▶ Bei Aktivierung des APC-Stromes
darf der zugeführte Sauerstoff
einen FIO2 von 0,4 nicht über-
schreiten. Ein Brand des Bronchial-
systemes könnte die Folge sein.
Dies gilt selbstverständlich auch für
die Lasertherapie.
Die Eindringtiefe der APC ist auf
3 mm beschränkt. Bei Patienten mit
langsam wachsenden endobronchia-
len Malignomen und rezidivierenden
Hämoptysen (z. B. bei Metastasen
eines Nierenzellkarzinoms) kann eine
endoskopische Intervention mit APC-
Therapie alle paar Wochen eine her-
vorragende Palliation bewirken, wenn
andere Lokaltherapien nicht in Frage
kommen. Auch eine Brachytherapie
(4 × 5 Gy) kann je nach Lage des
Tumors indiziert sein. Diese hat aller-
dings nur einen verzögerten Effekt.
Bei sehr starker Blutung ist es häufig
unmöglich, die Blutungsquelle zu
identifizieren, sodass für eine APC-
Therapie kein Ziel identifiziert wer-
den kann. Kurzfristig kann man mit
dem starren Rohr den blutenden
Bronchus verschließen, ansonsten
muss man effektiv längerfristig tam-
ponieren. Ein altes und unverändert
effektives Verfahren ist die Tampona-
de mit Tupfern. Wir tränken sie vor-
her mit Vasokonstriktiva und schie-
ben die kommerziell erhältlichen,
röntgendichten Mulltupfer durch das
starre Rohr mit optischer Zange in das
Ostium, aus dem es blutet. Zahl und
Ort der Tupfer muss, analog der offe-
nen Chirurgie, genau dokumentiert
werden (Abb. 3) [13].
kurzgefasst
Zur effektiven und raschen The-
rapie der schweren Blutung in den
endoskopisch erreichbaren Atemwe-
gen eignen sich in erster Linie die
APC-Therapie und die passagere
Tupfertamponade. Eine starre Bron-
choskopie ist hierfür obligat.
Endoskopisches Vorgehen bei peri-
pherer Blutungsquelle
Auch wenn bei einer peripheren Blu-
tung die Blutungsquelle bronchosko-
pisch nicht direkt erreichbar ist, kann
man sie doch durch interventionelle
Maßnahmen behandeln. Kommt es
nach einer peripheren Biopsie zu
einer Blutung kann man das Broncho-
skop in Wedge-Position bringen und
einige Minuten saugen. Diese Technik
wirkt durch den erzwungenen Kollaps
des blutenden Bronchus, vielleicht ist
es auch nur der Zeitfaktor. Im Alltag
stehen nahezu alle biopsieinduzierten
Blutungen nach einigen Minuten. Bei
spontaner oder therapierefraktärer
Blutung aus der Peripherie muss man
längerfristig tamponieren. Hierzu ste-
hen Ballonkatheter zur Verfügung. Ein
für die Thoraxanästhesie vertriebener
Arndt-Blocker wird neben dem Bron-
choskop vorbei, mit einer Zange
geführt, in das entsprechende Ostium
eingelegt. Leichter ist es, einen spe-
ziell zur Hämoptysenbehandlung ent-
wickelten Bronchusblocker (Rüsch
Teleflex Medical, Kernen) zu verwen-
den. Dieser dünne Katheter wird
durch den Arbeitskanal des Routine-
bronchoskops eingelegt (Abb. 4). Der
Ballon wird mit verdünntem Kon-
trastmittel gefüllt, der Katheter über
das Nasenloch herausgeführt und bis
zu mehreren Tagen belassen. Dabei
sollte darauf geachtet werden, dass
der Katheter nicht zu straff gespannt
wird, um einen Zug am Ballon und
eine dadurch mögliche Dislokation
durch Kopfwendungen oder Bewe-
gungen zu vermeiden. Durch den ein-
gelegten Ballonkatheter verhindert
man, dass weiter Blut in die Lunge
läuft. Man erkauft sich Zeit für kausa-
le oder weitergehende Therapien.
Nach 24 Stunden entblocken wir den
Blockerballon unter bronchoskopi-
scher Kontrolle. Tamponadeverfahren
zielen darauf ab, dass die Blutung von
selbst zum Stillstand kommt, und
bewirken keine direkte Blutstillung. Je
nach Blutungsursache müssen im
Verlauf operative, strahlentherapeuti-
sche oder radiologisch-interventionel-
le Maßnahmen ergriffen werden, um
eine erneute Blutung zu verhindern.
kurzgefasst
Mit Hilfe eines Bronchusblo-
ckers kann ein Segment- oder Lap-
penbronchus verschlossen und somit
das Hineinlaufen von Blut in andere
Bereiche der Lunge verhindert wer-
den. Ein Arndt-Blocker dient zum Ver-
schluss eines Hauptbronchus. Auch
mit den verschiedenen Doppellumen-
tubus ist eine effektive Blockade der
blutenden Lungenhälfte möglich.
Weitere Therapie-
möglichkeiten
Je nach zugrundeliegender Erkran-
kung muss als kausale Behandlung
der Blutung (Ursache) eine operative
Entfernung der Blutungsquelle in
Betracht gezogen werden. Ein chirur-
gisches Konsil sollte so früh wie mög-
lich erfolgen. Wartet man zu lange,
verschlechtert sich der Zustand des
Patienten, die Prognose wird schlech-
ter, eine Operation immer gefährli-
cher. Dies gilt insbesondere für das
Aspergillom, welches auf andere The-
rapien nicht ausreichend anspricht,
und für thorakale Tumorerkrankun-
gen, bei denen auch palliative Resek-
tionen erwogen werden. Je nach Aus-
maß der Blutung kann alternativ bei
blutenden thorakalen Tumoren eine
hämostyptische Strahlentherapie ein-
geleitet werden.
Eine weitere Behandlungsmöglichkeit
von Hämoptoe ist darüber hinaus das
Verschließen der entsprechenden
Blutgefäße mittels Embolisation oder
Okklusion durch den interventionel-
len Radiologen [12]. Die S3-Leitlinie
für die Therapie des Lungenkrebses
listet dies als Primärverfahren bei
bedrohlichen, blutenden Karzinomen
/
detail/ll/020-007.html). Zunächst
Abb. 2
Befindet sich die Blutungsquelle im einsehbaren Bereich (hier
ein Tumor im rechten Hauptbronchus), so ist die Argon-Plasma-
Koagulation hoch effektiv zur Blutstillung. Dieses Verfahren wird
besonders sicher im Rahmen einer starren Bronchoskopie durchge-
führt.
Abb. 3
Insbesondere bei stärkeren Blutungen ist die Tupfertam-
ponade nach wie vor ein probates Mittel der endoskopischen
Blutstillung.
Abb. 4
Die Blutung aus
einem peripheren Bronchial-
karzinom im Mittellappen
konnte hier mit einem Bron-
chusblocker zum Stillstand
gebracht werden.