Medizin
Nr. 5 • Mai 2013
16
106 Assistenzärzte und Medizinstuden-
ten an zwei Kliniken in den USA wur-
den randomisiert in 4-Wochen-Blöcken
entweder einem regulären Bereit-
schaftsdienst oder einer Interventions-
gruppe zugeteilt. Der reguläre Dienst
umfasste bis zu 30 Stunden, in der
Interventionsgruppe wurde eine Kern-
schlafzeit von 5 Stunden von 0:30-5:30
Uhr ohne Telefon vorgegeben. In beiden
Gruppen dienten elektronische Schlaf-
tagebücher und Handgelenk-Accelero-
meter der Erfassung von Schlaf- und
Aktivitätsphasen, ein computerbasier-
ter Reaktionstest der Einschätzung der
Vigilanz nach dem Nachtdienst und die
Karolinska-Schläfrigkeitsskala (KSS) der
Dokumentation der subjektiven Müdig-
keit. Primärer Endpunkt war die Schlaf-
dauer während der Bereitschaftsdiens-
te, sekundärer Endpunkt u.a. die Patien-
tenresultate, gemessen z.B. an der Mor-
talität der aufgenommenen Patienten.
Die Schlafdauer der Bereitschaftsärzte
mit einer geschützten Schlafzeit lag mit
etwa 3 Stunden rund eine Stunde über
der Kontrollgruppe (p < 0,001 für beide
Kliniken). Die KSS-Scores zeigten in der
Interventionsgruppe signifikant gerin-
gere Schläfrigkeit, die Reaktionszeit lag
in der Interventionsgruppe unter
250 ms, damit nahe an Personen ohne
Schlafentzug. Hinsichtlich der Patien-
tenresultate fanden sich keine signifi-
kanten Unterschiede, diese Studie war
dafür statistisch nicht ausreichend aus-
sagekräftig.
Fazit
In dieser Studie resultiert eine
geschützte Kernschlafzeit in einer län-
geren Gesamtschlafzeit und besseren
Vigilanz am Tag danach. Somit sei eine
geschützte Kernschlafzeit eine mögliche
Alternative zu einer Verkürzung der
Bereitschaftsdienstzeit, so die Autoren.
Sponsoring: Die Studie wurde von
öffentlichen Institutionen finanziert.
Dr. med Peter Pommer
Dienstzeitregelungen sind Gegenstand politischer und auch inner-
ärztlicher Diskussionen, wobei im Fokus die Patientensicherheit und
Kostenfragen stehen. Volpp et al. untersuchten die Auswirkungen
einer geschützten Kernschlafzeit von 5 Stunden während ärztlicher
Nachtdienste in den USA.
JAMA 2012; 308: 2208-2217
Arbeitsmedizin – Klinikorganisation
Geschützte Kernschlafzeit ver-
bessert Vigilanz bei Dienstärzten
Kurzmitteilung
Weniger Frühgeburten durch
gesetzliches Rauchverbot
In 3 Phasen wurden in Belgien Rechts-
vorschriften für rauchfreie Zonen
inkraftgesetzt: ab Januar 2006 bezüg-
lich öffentlicher und der meisten
Arbeitsplätze, ab Januar 2007 war das
Rauchen in Restaurants und ab Januar
2011 in Bars mit Speiseausgabe unter-
sagt. Cox et al. untersuchten in einer
logistischen Regressionsanalyse, ob
diese Vorschriften die Frühgeburten-
rate beeinflussten. Dazu werteten sie
alle routinemäßig in Belgien erfassten
Geburtsdaten von Januar 2002 bis
Dezember 2011 aus. Insgesamt fan-
den sich bei 606 877 Ein-Kind-Gebur-
ten (24.-44. Schwangerschaftswoche)
448 520 Spontangeburten (< 37.
Woche). Im Januar 2007 verringerte
sich das Risiko einer spontanen Fehlge-
burt sprunghaft („step change“ -3,13;
95%-Konfidenzintervall [KI] -4,37% bis
-1,87%) und nahm nach Januar 2010
kontinuierlich ab („slope change“ -
2,65; 95%-KI -5,11% bis -0,13%). In
den Monaten/Jahren vor den Rauch-
verboten konnte kein abnehmender
Trend festgestellt werden. Laut den
Autoren seien diese Ergebnisse nicht
endgültig und weitere Studien in
anderen Ländern seien notwendig.
fas
BMJ 2013; 346: f441
Butt et al. gingen dieser Frage mit einer
populationsbasierten Studie in Kanada
nach. Dazu wurden 301 591 Patienten
(≥ 65 Jahre) identifiziert, bei denen im
Bundesstaat Ontario zwischen 2000
und 2009 eine antihypertensive Thera-
pie initiiert worden ist. Die therapeu-
tisch eingesetzten Substanzen waren
ACE-Hemmer, Sartane, Thiazid-Diureti-
ka, Kalziumantagonisten oder Betablo-
cker. Beobachtet wurden die ersten
45 Tage nach Therapiebeginn. End-
punkt dieser Studie war die Inzidenz
einer proximalen Femurfraktur inner-
halb der Risikoperiode verglichen mit
einer Kontrollperiode vor und nach
Therapiebeginn.
In den ersten 45 Tagen nach Beginn
einer antihypertensiven Therapie war
das Risiko für eine proximale Femur-
fraktur um 43% höher als in Kontroll-
perioden (relative Inzidenzrate 1,43;
95%-Konfidenzintervall 1,19-1,72).
Fazit
Der Beginn einer antihypertensiven
Therapie bei älteren Menschen führte
in dieser Studie zu einem unmittelbar
erhöhten Risiko für Hüftfrakturen.
Ärzte sollten dieses Risiko kennen, da
derartige Auswirkungen wichtige Kon-
sequenzen für die ältere Population
sowie das Gesundheitssystem haben
könnten, so die Autoren.
Sponsoring: Die Studie wurde von
öffentlichen Institutionen finanziert.
Dr. Christoph Feldmann
Die Beiträge sind erstmals erschienen in der
Deutschen Medizinischen Wochenschrift
(Dtsch Med Wochenschr 2013; 138:348
bzw. 511). Alle Rechte vorbehalten.
Mehr als 50% aller Menschen über 65 Jahre haben eine Hypertonie
und 72% der Patienten über 60 Jahre werden antihypertensiv behan-
delt. Durch diese Therapie steigt das Risiko für eine orthostatische
Hypotonie. Ob die Initiierung einer antihypertensiven Therapie
unmittelbar zu mehr Hüftfrakturen führt, ist bisher unklar.
Arch Intern Med 2012; 172: 1739-1744
Kardiologie – Endokrinologie
Antihypertensiva führen zu
mehr Hüftfrakturen
1...,6,7,8,9,10,11,12,13,14,15 17,18,19,20,21,22,23,24,25,26,...28