Berufspolitik
BDI aktuell
März 2015
5
Das Sozialgericht Marburg hat in einer
bemerkenswerten Entscheidung vom
November vergangenen Jahres die Be-
denken der Kassenärztlichen Vereini-
gung (KV) gegen die Verlegung eines
Vertragsarztsitzes vom Land in eine
Stadt zurückgewiesen. Und hierbei das
Spannungsverhältnis zwischen der ver-
fassungsrechtlich geschützten Berufs-
ausübungsfreiheit einerseits und den
einer Verlegung entgegenstehenden
Gründen der vertragsärztlichen Ver-
sorgung andererseits konkretisiert
(Az.: S 12 KA 531/14 ER).
Darum ging es: Eine 63-jährige
Hausärztin wollte ihren Vertragsarztsitz
– durch Verzicht zugunsten eines ande-
ren Arztes und nachfolgende Tätigkeit
im Anstellungsverhältnis – von einem
ländlich geprägten Ort mit 10000 Ein-
wohnern in eine 15 km entfernte Stadt
verlegen. In der ländlichen Gemeinde
waren neben ihr nur acht weitere
Hausärzte tätig, in ihrem Ortsteil war
sie sogar die einzige Hausärztin.
Zuspruch vom Sozialgericht
Zwar hatte der Zulassungsausschuss
nichts gegen das Vorhaben der Ärztin
einzuwenden. Doch die KV Hessen
äußerte Bedenken und wandte sich ge-
gen die Verlegung des Arztsitzes. Sie
begründete dies damit, dass sich die
Fahrtzeiten für die Patienten verlän-
gern würden, dass die anderen in dem
ländlichen Gebiet praktizierenden
Hausärzte aus Altersgründen voraus-
sichtlich demnächst ihre Tätigkeit ein-
stellen würden und grundsätzlich einer
Konzentration der Versorgung auf die
Stadtgebiete entgegenzuwirken sei.
Zulassungs- und Berufungsaus-
schuss folgten diesen Einwänden der
KV nicht und genehmigten die Verle-
gung, hiergegen erhob die KV Klage,
die aufgrund ihrer aufschiebenden
Wirkung die Verlegung zunächst ver-
hindert hätte. In dem daraufhin einge-
leiteten Eilverfahren bestätigte das
Marburger Sozialgericht die für die
Ärztin positive Entscheidung der Be-
rufungsgremien. Da die Verweigerung
der Verlegung in die Berufsfreiheit
eingreife, müssten die einer Verlegung
entgegenstehenden Gründe konkret
vorliegen und nachvollziehbar darge-
stellt sein, so die Richter.
Was sein könnte, zählt nicht
Der Einwand der KV, aufgrund der
Altersstruktur würden mehrere der
anderen derzeit regional ansässigen
Hausärzte ihre Tätigkeit in absehbarer
Zeit einstellen, sei nicht zu berück-
sichtigen. Diese Überlegung stelle
nicht auf die konkrete Versorgungssi-
tuation, sondern auf eine ungewisse
zukünftige Entwicklung ab. Es sei of-
fen, wann die anderen Ärzte aus Al-
tersgründen ihre Praxistätigkeit ein-
stellen werden, auch sei offen, ob die
Vertragsarztsitze nachbesetzt würden
oder nicht. Allein der pauschale Ein-
wand, im ländlichen Bereich sei eine
Nachbesetzung problematisch, genüge
für die Berücksichtigung solcher
Überlegungen nicht.
Darüber hinaus hat das Gericht die
Überlegungen der Zulassungsgremien
bestätigt, wonach zu berücksichtigen
ist, dass einige der im ländlichen Be-
reich tätigen Hausärzte unterdurch-
schnittliche Fallzahlen aufweisen.
Sechs der acht im ländlichen Umfeld
der Ärztin praktizierende Kollegen
wiesen nämlich Fallzahlen unterhalb
des Landesdurchschnittes aus. Hie-
raus wurde der Schluss gezogen, dass
diese noch Kapazität frei haben.
Mit seinem Beschluss hat das Sozi-
algericht drei wichtige Kriterien her-
ausgearbeitet, die bei einem Ein-
spruch der KV gegen eine Arztsitzver-
legung zu berücksichtigen sind:
Bestehen alternative hausärztliche
Versorgungsmöglichkeiten in Entfer-
nungen von vier bis sieben Kilome-
tern, so ist dies für die Patienten zu-
mutbar und kann der Verlegung nicht
entgegengehalten werden.
Mögliche zukünftige Veränderun-
gen in dem Versorgungsgebiet, etwa
aufgrund des Alters der dort praktizie-
renden Ärzte, sind nur dann berück-
sichtigungsfähig, wenn sich die Ein-
stellung der Praxistätigkeit ohne
Nachfolger bereits konkretisiert hat.
Schließlich kommt es darauf an, ob
die verbleibenden Ärzte Fallzahlen
oberhalb des Fachgruppendurchschnitts
haben oder unter dem Durchschnitt lie-
gen. In letzterem Fall ist von Vakanzen
auszugehen, eine Beeinträchtigung der
Versorgung also nicht zu erwarten.
Die Entscheidung des SG Marburg
zeigt, dass bei aller Sorge um die Si-
cherstellung der Versorgung die Be-
rufsfreiheit der Vertragsärzte nicht zu
kurz kommt.
Dr. Ingo Pflugmacher ist Fachanwalt für
Medizin- und Verwaltungsrecht und Part-
ner der Kanzlei Busse & Miessen in Bonn.
Will die KV die Verlegung
eines Arztsitzes innerhalb
eines Planungsbezirks
blockieren, muss sie dafür
gute Gründe anführen.
Allein mit dem Argument
künftig drohender Unterver-
sorgung lässt sich der Ein-
griff in die ärztliche Berufs-
freiheit nicht rechtfertigen.
Arztsitz-Verlegung: Berufsfreiheit geht vor
Von Dr. Ingo Pflugmacher
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Mehrarbeit zumutbar
Das Sozialgericht verlangte
im
vorliegenden Fall keine Prüfung,
ob die verbleibenden Ärzte bereit
sind, weitere Patienten zu be-
handeln.
Die unterdurchschnittliche Fall-
zahl
der verbleibenden Kollegen
deutete für das Gericht nämlich
auf freie Kapazitäten hin.
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§ Repräsentative Umfrage Pharma Trend 2014, Eurecon Verlag.
§§ Bitte beachten Sie die jeweilige Fachinformation für weitere Informationen, z.B. zu besonderen Patientengruppen, Kontraindikationen oder Wechselwirkungen.
* Signifikante HbA1c-Senkung für Dapagliflozin als Add-on mit entweder Metformin, Glimepirid, Metformin und einem Sulfonylharnstoff, Sitagliptin (mit oder ohne Metformin) oder Insulin
(p<0,0001 vs. Placebo) entsprechend der Forxiga
®
-Fachinformation.
** Signifikant stärkere HbA1c-Senkung für Dapagliflozin + Metformin im Vergleich zu Sulfonylharnstoff + Metformin. 39,4% der Patienten in der Dapagliflozin-Gruppe nahmen bis zum
Studienende in Woche 208 an der Studie teil. Hauptgründe für Studienabbrüche waren mangelnde Blutzuckerkontrolle, Widerruf der Einwilligung und unerwünschte Ereignisse.
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®
ist nicht indiziert für die Behandlung von Übergewicht und Hypertonie. Gewichtsreduktion und Blutdrucksenkung sind Zusatzeffekte und waren sekundäre
Endpunkte in klinischen Studien.
Referenzen (mod. nach):
1.
Lauer Taxe. Stand 01. Januar 2015.
2.
Forxiga
®
Fachinformation. Stand Oktober 2014.
3.
Langkilde AM et al. Poster 936 präsentiert auf dem 49. Annual Meeting der EASD, Barcelona/Spanien, 23.–27. September 2013. Online veröffentlicht unter
tualmeeting.org/resources/6279 (Letzter Zugriff 21.01.2015).
4.
Bailey CJ et al. Lancet 2010; 375(9733): 2223–2233.
5.
Bailey CJ et al. BMC Med. 2013; 11: 43.
6.
GKV Spitzenverband. Übersicht zu den Erstattungsbetragsverhandlungen nach § 130b SGB V.
Online veröffentlicht unter
(Letzter Zugriff
21.01.2015).
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