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Medizin
Nr. 2 • Februar 2014
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cular endothelial growth factor D), der
pathogenetisch mit der Lymphangioge-
nese bei der LAM assoziiert ist (MILES-
Studie [5]). Dieser Effekt hielt im
Gegensatz zu den klinischen Effekten
auch nach Absetzen von Rapamycin
an. Der Einsatz von Rapamycin sollte
in Einzelfällen in spezialisierten Zen-
tren erwogen werden, wenn es zu
einer raschen Verschlechterung der
pulmonalen Funktion kommt, oder
wenn durch große Lymphangiomyo-
me, wie in unserem Fall, nicht
beherrschbare Folgekomplikationen
auftreten und eine interventionell-
radiologische kathetergestützte Embo-
lisation der Lymphangioleiomyome
nicht möglich ist. Unter der Therapie
mit Rapamycin ist eine enge Überwa-
chung des Patienten hinsichtlich mög-
licher Nebenwirkungen (immunsup-
pressive oder knochenmarksdepressive
Wirkung) und des Behandlungserfolgs
(3-monatliche Kontrollen der Lungen-
funktion) erforderlich [3]. Ergebnisse
aus Endpunktstudien hinsichtlich der
Verbesserung der Mortalität unter
Rapamycin liegen nicht vor. Häufig ist
wegen einer therapierefraktären respi-
ratorischen Insuffizienz eine Lungen-
transplantation erforderlich.
Konsequenz für Klinik und Praxis
▶ Die Lymphangioleiomyomatose ist
eine seltene Ursache von Ödemen
der unteren Extremitäten durch
mechanische Beeinträchtigung des
Blut- und Lymphabflusses.
▶ Die Prognose dieser genetisch
bedingten Erkrankung ist aufgrund
der charakteristischen und progre-
dienten Zerstörung des Lungenge-
webes und pulmonaler Zystenbil-
dung mit Entwicklung einer respira-
torischen Insuffizienz ernst.
▶ Die Lymphangioleiomyomatose
betrifft meist Frauen im gebärfähi-
gen Alter. Eine pulmonologische
Mitbetreuung ist nötig.
▶ Als medikamentöse Therapie kann
in Einzelfällen Rapamycin unter
Abwägung von Nutzen und Risiko
zum Einsatz kommen. Östrogenhal-
tige Hormonpräparate sollten ver-
mieden werden. Häufig ist eine Lun-
gentransplantation erforderlich.
Autorenerklärung: Die Autoren erklä-
ren, dass sie keine finanziellen Verbin-
dungen mit einer Firma haben, deren
Produkt in dem Artikel eine wichtige
Rolle spielt (oder mit einer Firma, die
ein Konkurrenzprodukt vertreibt).
Literatur
1 Cudzilo CJ, Szczesniak R, Brody AS et al.
Lymphangioleomyomatosis screening in
women with Tuberous Sclerosis. Chest
2013; doi: DOI: 10.1378/chest.12-2813
[Epub ahead of print]
2 Johnson SR. Lymphangioleiomyomatosis.
Eur Resp J 2006; 27: 1056-1065
3 Johnson SR, Cordier JF, Lazor R et al. Euro-
pean Respiratory Society Guidelines for
the diagnosis and management of lym-
phangioleiomyomatosis. Eur Respir J
2010; 35: 14-26
4 Mavroudie M, Zarogoulidis P, Katsikogian-
nis N et al. Lymphangioleiomyomatosis:
current and future. J Thorac Dis 2013; 5:
74-79
5 McCormack FX, Inoue Y, Moss J et al. Effi-
cacy and safety of sirolimus in lymphan-
gioleiomyomatosis. N Engl J Med 2011;
364: 1595-1606
6 Meraj R, Wikenheiser-Brokamp KA, Young
LR et al. Lymphangioleiomyomatosis:
new concepts in pathogenesis, diagnosis,
and treatment. Semin Respir Crit Care
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7 Oprescu N, McCormack FX, Byrnes S et al.
Clinical predictors of mortality and cause
of death in lymphangioleiomyomatosis: a
population-based registry. Lung 2013;
191: 35-42
H. Frank 1 , W. Weiss 2
1 Abteilung Nephrologie, Klinikum Traun-
stein, Akademisches Lehrkrankenhaus der
Ludwig-Maximilians-Universität München
2 Abteilung Radiologie, Klinikum Traun-
stein, Akademisches Lehrkrankenhaus der
Ludwig-Maximilians-Universität München
Korrespondenz
Prof. Dr. Helga Frank
Abteilung Nephrologie
Klinikum Traunstein
Cuno-Niggl-Str. 3
83278 Traunstein
eMail:
,
Der Beitrag ist erstmals erschienen in der
Deutschen Medizinischen Wochenschrift
(Dtsch Med Wochenschr 2013; 138: 1892-
1895). Alle Rechte vorbehalten.
Abb.3
Biopsie der retroperitonealen Lymphangioleiomyome mit Nachweis der Proliferati-
on glatter Muskelzellen (a, Hämatoxylin-Eosin) und positivem Nachweis für Actin (b, Bio-
Genex) sowie Epitheloidzellen mit positivem Nachweis von Podoplanin (c, Zytomed) (mit
freundlicher Genehmigung von Dr. J. Kraus, Pathologisches Institut, Klinikum Traunstein).
Die Symptomatik der Lungenembolie
ist unspezifisch. Neben Dyspnoe und
Tachypnoe, Thoraxschmerzen, Angst-
und Beklemmungsgefühl sowie Tachy-
kardien beschreiben die Patienten
Husten, teilweise mit Blutbeimengung
und Schweißausbrüche [2, 11]. Dem-
nach reicht die alleinige Anamnese
und körperliche Untersuchung zur
Erfassung einer Lungenembolie in der
Regel nicht aus.
Die hohe Inzidenz venöser Throm-
bembolien (VTE) von ca. 150–200 Fäl-
len pro 100 000 Einwohnern und die
beträchtliche Letalität von ca. 11%
erfordert bei jedem klinischen Ver-
dacht einer Lungenembolie die unbe-
dingte und umgehende weitere Abklä-
rung [13]. Die Prävalenz venöser
Thrombembolien ist schwierig abzu-
schätzen. 70% der letalen Lungenem-
bolien verlaufen in Schüben. Kleinere
Lungenembolien verlaufen häufig kli-
nisch stumm. Einer Schätzung zufolge
ist in Deutschland mit ca. 40 000
Toten pro Jahr zu rechnen. Aus diesem
Grund ist es wichtig, die Lungenem-
bolien frühzeitig in die Differenzialdi-
agnose mit einzubeziehen [20].
Bei den differenzialdiagnostischen
Überlegungen zum akuten Thorax-
schmerz und Dyspnoe muss neben
einer akuten Lungenembolie auch an
folgende Diagnosen gedacht werden:
akutes Koronarsyndrom, Perimyokar-
ditis, Pleuritis und Pneumonie, Aor-
tenruptur und -dissektion, akute
Linksherzinsuffizienz, Spontanpneu-
mothorax, Costochondritis/Tietze-
Syndrom, Radikulopathien, Herpes
Zoster und psychogener Thorax-
schmerz [2].
kurzgefasst
Die VTE ist eine häufige Erkran-
kung mit einer hohen Letalität. Aller-
dings sind die Prävalenzangaben bei
einer hohen Dunkelziffer schwierig zu
interpretieren. Die Symptomatik der
VTE ist eher unspezifisch.
Bedeutung leitlinien-
gerechter Diagnostik
In einer großen multizentrischen
Kohortenstudie wurde untersucht,
inwiefern bei Patienten, die unter dem
Verdacht einer Lungenembolie behan-
delt wurden, die leitliniengerechte
Diagnostik der VTE die Prognose
beeinflusst. Von über 1500 Patienten
wurden 662 Patienten nach Leitlinie
unzureichend diagnostiziert. Risiko-
faktoren für eine inadäquate Diagnos-
tik waren Alter, Herzinsuffizienz,
COPD, Schwangerschaft und Patienten
unter Antikoagulation. Zum 3-monati-
gen Follow-up zeigte sich eine signifi-
kante Reduktion der Embolierate
(1,2%, p < 0,001) in der Gruppe der
Patienten mit adäquater Diagnostik.
Bei Patienten mit inadäquater Diag-
nostik und folglich auch inadäquater
Therapie lag die Embolierate bei 7,7%
[19].
kurzgefasst
Bei jedem klinischen Verdacht
auf eine Lungenembolie muss umge-
hend eine entsprechende Diagnostik
eingeleitet werden.
„Stille“ Lungenembolie
Die Bedeutung der „stillen“ Lunge-
nembolie bei tiefer Beinvenenthrom-
bose wurde in einer Analyse von
28 Studien untersucht. Von den insge-
samt 5233 Patienten mit tiefer Bein-
venenthrombose wurde bei 1665
Patienten (32%) eine „stille Lunge-
nembolie“ festgestellt. Die Prävalenz
der „stillen“ Lungenembolie war bei
proximaler Beinvenenthrombose
deutlich häufiger als bei distaler Bein-
venenthrombose (p < 0,0001). Die
Untersucher konnten weiterhin fest-
stellen, dass eine Rezidiv-Lungenem-
bolie bei tiefer Beinvenenthrombose
und „stiller“ Lungenembolie häufiger
auftrat (5,1%) als bei symptomatischer
Lungenembolie (0,6%, p < 0,0001).
Weiterhin wurde eine zunehmende
Prävalenz der „stillen“ Lungenembolie
im Alter festgestellt. Die Autoren
schließen aus ihrer Analyse, dass bei
tiefer Beinvenenthrombose ein Routi-
nescreening auf Lungenembolie vor-
teilhaft erscheint [22].
Risikofaktoren für
Lungenembolien
Bei der Lungenembolie unterscheidet
man erworbene von genetischen Risi-
kofaktoren. Bei den erworbenen Risi-
kofaktoren imponieren das Alter,
bereits durchlebte Beinvenenthrom-
bosen oder Lungenembolien in der
Historie, bösartige Erkrankungen, Adi-
positas, Hormontherapie und Varizen.
Bei den genetischen Faktoren handelt
es sich im wesentlichen um die Fak-
tor-V-Leiden Mutation, Protein-C- und
-S-Mangel, Prothrombinmutation,
Faktor-VIII-Mangel und das Antiphos-
pholipid-Antikörper-Syndrom [11].
Rationelle Thrombophiliediagnostik
Bei 40–73% der Fälle mit venösen
Thrombembolien lässt sich eine
Thrombophilie nachweisen. Bezüglich
der Thrombophiliediagnostik ist aber
das Alter zum Zeitpunkt des ersten
Auftretens der Thrombembolie ent-
scheidend. Ein erweitertes Thrombo-
philiescreening mit Bestimmung der
APC-Resistenz, der Prothrombinmuta-
tion, des Antithrombins, der Proteine
C und S, des Faktor-VIII, der Lupusan-
tikoagulanzien und der Antikardioli-
pin-Antikörper ist erforderlich, wenn:
▶ der Patient beim Erstereignis jünger
als 45 Jahre ist,
Bei der Lungenembolie handelt es sich um den partiellen oder voll-
ständigen Verschluss eines pulmonalarteriellen Gefäßes durch ein
oder mehrere verschleppte Blutgerinnsel, die zu 70% aus den tiefen
Beinvenen stammen [23].
Update Diagnostik & Therapie
Diagnose und
Therapie der Lungenembolie
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