Berufspolitik
Nr. 2 • Februar 2014
2
Politisch läuft das neue Jahr nur lang-
sam an. Die neu gewählte Bundes-
regierung ist erst seit Dezember im
Amt und Bundesgesundheitsminister
Hermann Gröhe gesundheitspolitisch
noch ein unbeschriebenes Blatt. Der
52-jährige Rechtsanwalt aus Neuss
war bislang Generalsekretär der CDU.
Er muss sich in die komplexe Materie
unseres Gesundheitswesens erst ein-
arbeiten und benötigt dazu sicher
Zeit.
Der Berufsverband Deutscher Inter-
nisten wird vertrauensvoll den Kon-
takt zu dem neuen Ressortchef
suchen und ihm die aktive Mitarbeit
und Unterstützung bei seiner verant-
wortungsvollen Arbeit anbieten. Wir
haben dabei stets die berechtigten
Interessen unserer Mitglieder im
Auge und versuchen, möglichst
gemeinsam mit den übrigen ärztli-
chen Berufsverbänden, zu einer sinn-
vollen Weiterentwicklung unseres
Gesundheitssystems beizutragen.
Innerärztlich ist es für uns vorrangig,
dass die Auseinandersetzungen
innerhalb der Kassenärztlichen Bun-
desvereinigung ein Ende finden. Es
muss eine für alle Seiten tragfähige
Lösung gefunden werden, damit die
Einheit der deutschen Ärzteschaft in
der Körperschaft KV nicht irreparab-
len Schaden erleidet. Wir hoffen
auch, dass die wieder aufgenomme-
nen Kontakte zum Hausärzteverband
sich weiter positiv entwickeln und
beide Verbände gemeinsam zum
Nutzen ihrer Fachgruppen kooperie-
ren werden.
Ein wichtiges Thema, die Verbesse-
rung der ärztlichen Versorgung der
Bevölkerung auf dem flachen Lande,
hat der neue Gesundheitsminister
schon aufgegriffen. Wir werden ihm
bei der Suche nach den richtigen
Instrumenten mit unserem Rat zur
Seite stehen. Auf der Tagesordnung
steht auch die Frage, wie mit zu lan-
gen Warte-
zeiten für
einen Fach-
arzt-Termin
umzugehen
ist. Die in
der Koalition
angedachte
Lösung mit
einer Vier-Wochen-Frist und dann
freiem Zugang zur ambulanten
Behandlung im Krankenhaus halten
wir allein schon angesichts der schon
jetzt zu hohen Arbeitsbelastung
unserer dort tätigen Kolleginnen und
Kollegen für keinen guten Weg.
Im Übrigen möchten wir darauf hin-
weisen, dass es in keinem anderen
europäischen oder außereuropäi-
schen Versorgungssystem einen ähn-
lich ungehinderten direkten Zugang
der Versicherten zu einem niederge-
lassenen Facharzt gibt wie in
Deutschland.
In der Transplantationsmedizin ist im
vergangenen Jahr durch falsche
Finanzierungsanreize und schuldhaf-
tes Versagen einzelner viel Vertrauen
in der Öffentlichkeit verloren gegan-
gen. Die Ärzteschaft wird von sich
aus alles unternehmen müssen, um
dieses Vertrauen wieder zurückzuge-
winnen, damit die Bereitschaft der
Bürger zur Organspende gefördert
wird. Dazu wird mehr Transparenz
bei der Organvergabe unerlässlich
sein.
Bei den Korruptionsvorwürfen im
Gesundheitswesen ist mehr Augen-
maß erforderlich. Die Intransparenz
unseres Gesundheitswesens macht
die Betrügereien erst möglich, nicht
nur für die Ärzte, sondern für alle
Beteiligten am System. Dabei müssen
auch die Bonusverträge für Chefärzte
an den Krankenhäusern sowie die
Rabattverträge der Krankenkassen
durchschaubar werden. Nur wenn
das System für den Bürger wieder
transparent wird, kann es vor Kor-
ruption besser geschützt werden.
Es stehen in diesem Jahr genügend
gesundheitspolitische Themen auf
der Tagesordnung. Wir, Ihr Berufsver-
band BDI, werden uns wie in den
Vorjahren aktiv auf allen wichtigen
Feldern für Sie und für unsere Patien-
tinnen und Patienten mit internisti-
schen Erkrankungen einsetzen. Wir
bitten Sie, sich daran zu beteiligen
und sich in die Diskussionen mit ein-
zubringen.
Wir müssen gemeinsam stark sein,
wenn wir in unserem Gesundheits-
wesen etwas bewegen wollen.
Ihr
Dr. med. Wolfgang Wesiack
Präsident BDI e.V.
Präsident
Dr. med. Wolfgang Wesiack,
Hamburg
Editorial
Seit der Einführung des DRG-Systems
hat der wirtschaftliche Druck in den
deutschen Kliniken deutlich zuge-
nommen. Die hieraus resultierende
Arbeitsverdichtung bedroht zuneh-
mend die hohe Versorgungsqualität
sowie die Menschlichkeit im klini-
schen Alltag. Diese Entwicklung hat
leider auch dazu geführt, dass immer
weniger Zeit für die ärztliche Weiter-
bildung zur Verfügung steht, sodass
auch die zukünftige Basis einer hoch-
wertigen Patientenversorgung gefähr-
det wird.
Durch die Verdichtung des klinischen
Alltags wird außerdem die Zeit für
wissenschaftliches Arbeiten an den
deutschen Unikliniken immer knap-
per. Hierdurch wird nicht nur weniger
wissenschaftlicher Fortschritt gene-
riert, sondern immer weniger
Ärzte/innen sammeln selber Erfah-
rung mit wissenschaftlichem Arbeiten
und dem Interpretieren von wissen-
schaftlichen Ergebnissen.
Ein weiteres drängendes Problem des
ärztlichen Nachwuchses ist die unver-
ändert schwierige Vereinbarkeit von
Familie und Beruf. Dies gewinnt auf-
grund des zunehmenden Frauenan-
teils noch mehr an Bedeutung. Dabei
fehlen weiter konkrete Lösungsansät-
ze, wie z.B. eine verlässliches Kinder-
betreuungsangebot.
Um auf diese drängenden Probleme
der deutschen Assistentenschaft auf-
merksam zu machen und sich für
konkrete Lösungsstrategien einzuset-
zen, wurde auf Initiative des BDI
sowie der DGIM von den gewählten
Vertretern der größten deutschen
Berufs- und Fachverbände das ver-
bandsübergreifende Bündnis JUNGE
ÄRZTE gegründet. An diesem Bündnis
sind folgende Verbände beteiligt:
Berufsverband der Deutschen Chirur-
gen e.V. (BDC), Berufsverband Deut-
scher Internisten e.V. (BDI), Berufsver-
band der Augenärzte Deutschlands
e.V. (BVA), Berufsverband der Deut-
schen Dermatologen e.V. (BVDD),
Deutsche Gesellschaft für Anästhesio-
logie und Intensivmedizin e.V. (DGAI),
Deutsche Gesellschaft für Innere
Medizin e.V. (DGIM), Deutsche Gesell-
schaft für Kinder- und Jugendmedizin
e.V. (DGKJ), Deutsche Gesellschaft für
Orthopädie und Unfallchirurgie e.V.
(DGOU), Deutsche Gesellschaft für
Gynäkologie und Geburtshilfe e.V.
(DGGG), Deutsche Gesellschaft für
Neurochirurgie e.V. (DGNC), Deutsche
Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-
Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie
e.V. (DGHNO), German Society of
Residents in Urology (GesRU).
Kevin Schulte
Bündnis JUNGE ÄRZTE
Junge Ärzte bilden
Zukunftsbündnis
Weitere Informationen finden Sie auch
im Internet unter
/
Dann müssen noch verdiente Partei-
soldaten durch Ministerämter belo-
bigt werden. Horst Seehofer als CSU-
Vorsitzer hat dies bereits für seinen
Generalsekretär Dobrindt reklamiert,
der wird Verkehrsminister, auch
wenn es das eigene Parteimitglied
Ramsauer das Amt kostet. Bleibt noch
Hermann Gröhe als erfolgreicher Par-
teimanager. Er erhält den Restposten,
nämlich das Gesundheitsministerium.
Dieser Personalentscheidung kommt
noch entgegen, dass er aus dem Lan-
desverband Nordrhein-Westfalen
kommt, der darf bei einer Verteilung
von Ministerposten nämlich nicht
leer ausgehen.
Übrigens hat auch bei der SPD die
Auswahl der Ministerinnen und
Minister unter ganz ähnlichen
Gesichtspunkten stattgefunden.
Fehlendes Fachwissen kann auch
ein Vorteil sein
Nun ist ein Gesundheitsminister ohne
gesundheitspolitische Vorerfahrung
prinzipiell kein Nachteil. Unser
Gesundheitssystem ist inzwischen
verkrustet und undurchschaubar und
erinnert somit an den berühmten
gordischen Knoten. Detailliertes Fach-
wissen kann für das Durchschlagen
dieses Knotens unter Umständen
sogar hinderlich sein. Es tut unserem
System gut, wenn ein so gestandener
Politiker wie Gröhe unvoreingenom-
men an diese Sache gehen wird. Dies
wünscht sich der BDI vom neuen
Gesundheitsminister und bringt sich
gerne in die Diskussion über eine
Gesundheitsreform ein, die diesen
Namen auch verdient.
HFS
Der neue Gesundheitsminister Hermann Gröhe
(Fortsetzung von Seite 1)
Ein gesundheits-
politischer Neuling
Auf die Initiative von Kevin Schulte (Berufsverband deutscher Inter-
nisten e.V.) sowie von Dr. med. Alexis Müller-Marbach (Deutschen
Gesellschaft für Innere Medizin e.V.), wurde in Berlin das Bündnis
JUNGE ÄRZTE gegründet. Ziel dieses Bündnisses ist es, gemeinsam
auf die drängendsten Probleme der deutschen Assistenzärzte/innen
aufmerksam zu machen und für konkrete Lösungsansätze einzutre-
ten.
Das Bündnis JUNGE ÄRZTE wurde am 18. November 2013 in Berlin gegründet.
BIld: Bündnis Junge Ärzte