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Referentenentwurf des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) für ein Gesetz zur Reform der Notfallversorgung

Stellungnahme des Berufsverbandes Deutscher Internistinnen und Internisten e.V. (BDI) zum Referentenentwurf des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) für ein Gesetz zur Reform der Notfallversorgung vom 17. November 2025.

Vorbemerkung

Der Referentenentwurf (Stand: 17. November 2025) des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) für ein Gesetz zur Reform der Notfallversorgung zielt darauf ab, die Akut- und Notfallversorgung in Deutschland zu verbessern, die zunehmend überlasteten Notaufnahmen und Rettungsdienste zu entlasten und eine effizientere Steuerung der Patientinnen und Patienten in die geeigneten Versorgungsebenen zu gewährleisten. Diese Zielsetzung unterstützt der Berufsverband Deutscher Internistinnen und Internisten e.V. (BDI) ausdrücklich.

Die Reformvorschläge greifen dabei zentrale Punkte der Empfehlungen der Regierungskommission sowie des BDI (s. BDI Positionen zur Notfallversorgung, Versorgungssicherheit und Patientensteuerung) auf und berücksichtigen die Herausforderungen, die sich täglich in der klinischen Praxis sowohl in Notaufnahmen als auch im vertragsärztlichen Bereich zeigen. Der BDI unterstützt die Schaffung von Integrierten Notfallzentren (INZ) und Errichtung von Akutleitstellen als wichtige Steuerungsinstrumente zur Verbesserung der Notfallversorgung. Gleichzeitig sieht der BDI weiteren Bedarf zur Ergänzung des vorliegenden Entwurfs, um die angestrebten Verbesserungen nachhaltig und umfassend zu realisieren.

Mit Blick auf zukünftige Reformvorhaben, insbesondere eines möglichen Primärarzt- oder Primärversorgungssystem in der ambulanten Versorgung, kann die Neuordnung der Notfallversorgung als erster Schritt hin zu einer stärkeren, für die Bevölkerung nachvollziehbaren Steuerungslogik verstanden werden. Die Einführung verbindlicher Ersteinschätzungs- und Zuweisungsstrukturen schaffen erstmals sichtbare und in der Praxis erfahrbare Steuerungselemente, die langfristig Akzeptanz für weitergehende Systementwicklungen begünstigen können. Gleichzeitig ist bei der Reform der Notfallversorgung die Krankenhausreform im großen Umfang mitzudenken. INZ-Standorte müssen beispielsweise zwingend mit Leistungsgruppen harmonisieren, denn ohne eine entsprechende Krankenhausstruktur ist ein INZ nicht funktionsfähig[1].

Fachärztinnen und Fachärzte für Innere Medizin sind bundesweit die größte Fachgruppe. Internistinnen und Internisten sind in allen Versorgungsbereichen tätig, das heißt im stationären sowie im hausärztlich- und fachärztlich ambulanten Versorgungsbereich. Vor diesem Hintergrund nimmt der BDI, ergänzend zur Stellungnahme des Spitzenverbandes Fachärztinnen und Fachärzte Deutschlands e.V. (SpiFa), zu folgenden Maßnahmen im Einzelnen Stellung.

 

Gesetz zur Reform der Notfallversorgung

1. Maßnahmen zur Reform der sozialversicherungsrechtlichen Regelungen des Rettungsdienstes

Artikel 1 Nrn. 1 und 3 (Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch)

§§ 30 und 60 SGB V neu: Medizinische Notfallrettung und Krankentransporte, Krankentransportflüge sowie Krankenfahrten

Inhalt

Der Referentenentwurf verankert erstmals die medizinische Notfallrettung als eigenständige Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung. Der neue § 30 SGB V definiert den Anspruch der Versicherten auf medizinische Notfallrettung und umfasst sowohl das rettungsdienstliche Notfallmanagement als auch die notfallmedizinische Versorgung am Einsatzort und während des Transportes. Die Regelung berücksichtigt dabei die bereits etablierten Entwicklungen der letzten Jahre, insbesondere die zunehmende fachlich-medizinische Verantwortung des Rettungsdienstes im Rahmen der notärztlichen Erstversorgung. Darüber hinaus regelt § 60 SGB V umfassend die Voraussetzungen, unter denen die Kosten für Krankentransporte, Krankentransportflüge und Krankenfahrten übernommen werden. Die Vorschrift präzisiert die medizinischen Kriterien für Transportentscheidungen und legt die Zuzahlungsregelungen sowie die Abgrenzung zwischen Kranken- und Notfalltransporten fest.

Bewertung

Der BDI begrüßt, dass die medizinische Notfallrettung und die damit verbundenen Transportmöglichkeiten als Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) geschaffen und definiert werden, um zu einer klaren Rechtsgrundlage und zu einer besseren Abbildung der tatsächlich erbrachten rettungsdienstlichen Versorgungsleistungen beizutragen. Im Rettungsdienst soll zukünftig auch eine fallabschließende Behandlung ermöglicht werden, was sicherlich zu einer Reduktion nicht notwendiger Zuweisungen in die Notaufnahmen der Krankenhäuser führt. Die geplante Maßnahme erleichtert zudem die Integration des Rettungsdienstes in eine sektorenübergreifende Notfallversorgung und stärkt die Schnittstelle zu den geplanten Akutleitstellen und INZ.

 

2. Maßnahmen zur Konkretisierung des Sicherstellungsauftrags

Artikel 1 Nrn. 6 und 13 (Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch), Artikel 6 Nr. 1 (Änderung der Apothekenbetriebsordnung)

§ 75 SGB V in Verbindung mit § 105 Abs. 1b SGB V und § 1a Abs. 19 Apothekenbetriebsordnung: Inhalt und Umfang der Sicherstellung sowie Förderung der vertragsärztlichen Versorgung

Inhalt

Der neu gefasste § 75 Absatz 1b SGB V konkretisiert den Sicherstellungsauftrag der Kassenärztlichen Vereinigungen und verpflichtet diese, eine jederzeit verfügbare notdienstliche Akutversorgung bereitzuhalten. Dies umfasst eine rund um die Uhr erreichbare telefonische und telemedizinische Versorgung, einen aufsuchenden Dienst sowie die Beteiligung mit einer Notdienstpraxis an INZ. Die notdienstliche Versorgung schließt künftig die Feststellung einer Arbeitsunfähigkeit und die Verordnung von Arzneimitteln ein.

Für die Erfüllung dieser Aufgaben können die Kassenärztlichen Vereinigungen kooperieren, qualifiziertes nichtärztliches Personal einsetzen und Vereinbarungen mit dem Rettungsdienst sowie Apotheken schließen. Besteht (noch) kein Vertrag, können in der Notdienstpraxis auch Arzneimittel ausgegeben werden.

Mit § 105 Absatz 1b SGB V wird eine Vorhaltefinanzierung für die Strukturen der notdienstlichen Akutversorgung eingeführt. Die Finanzierung erfolgt durch eine jährliche Vereinbarung zwischen GKV-Spitzenverband, Kassenärztlicher Bundesvereinigung und Verband der Privaten Krankenversicherung. Sie erstreckt sich unter anderem auf Akutleitstellen, telemedizinische Leistungen und den aufsuchenden Dienst. Die Mittel bestehender Notdienststrukturen sowie nicht verbrauchte Honorarvolumina werden angerechnet. Bei einer Nichteinigung entscheidet ein Schiedsamt.

Bewertung

Aus Sicht des BDI sind die vorgesehenen Regelungen grundsätzlich geeignet, die notdienstliche Akutversorgung zu verbessern. Gleichzeitig ergeben sich aus dem vorliegenden Entwurf mehrere Aspekte, die weiter präzisiert werden müssen:

  • Der BDI begrüßt die Möglichkeit, im Rahmen der notdienstlichen Akutversorgung eine Arbeitsunfähigkeit festzustellen und zu bescheinigen. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass die Patientinnen und Patienten durch eine Ärztin oder einen Arzt untersucht wurden. Eine Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit bei unbekannten Patientinnen und Patienten im Rahmen einer telefonischen Ersteinschätzung oder ohne ärztlichen Kontakt wird abgelehnt. Gleichzeitig ist eine teilweise Aufweichung des Dispensierrechts durch den Abschluss von Versorgungsverträgen mit einer öffentlichen Apotheke positiv zu bewerten. Hier gilt es jedoch mögliche Haftungsfragen parallel zu kodifizieren
     
  • Grundsätzlich zu befürworten ist die Schaffung von telemedizinischen Beratungsangeboten und eines aufsuchenden Dienstes auch durch nicht-ärztliches Personal (Delegation). Dass die Finanzierung der Strukturen auch unter der Beteiligung der PKV durch eine Vorhaltefinanzierung ermöglicht wird, begrüßt der BDI. Unzureichend ist jedoch, dass die zusätzlichen Kosten nur bis maximal zur Hälfte durch die gesetzliche Krankenversicherung getragen werden sollen.

Insgesamt stellen die in § 75 Absatz 1b SGB V vorgesehenen Instrumente ergänzende Bausteine zur vertragsärztlichen Sicherstellung dar. Der Gesetzgeber sollte daher klarstellen, dass diese Instrumente ergänzend und nicht überwiegend herangezogen werden. Eine flächendeckende Verfügbarkeit rund um die Uhr ist weder sinnvoll noch mit den vorhandenen Ressourcen umsetzbar. Diese Strukturen müssen sich daher auf Zeiten außerhalb der regulären vertragsärztlichen Sprechstunden beschränken.

 

3. Maßnahmen zur Errichtung von INZ und Festlegung der INZ-Standorte

Artikel 1 Nr. 17 (Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch)

§§ 90, 123, 123a, und 123c SGB V: Errichtung von INZ und Festlegung der INZ-Standorte

Inhalt

Die INZ bilden das zentrale Strukturinstrument der Reform. Sie bestehen aus der Notaufnahme eines Krankenhauses, einer Notdienstpraxis der Kassenärztlichen Vereinigung sowie einer zentralen Ersteinschätzungsstelle. Die Ersteinschätzung erfolgt nach bundeseinheitlichen Vorgaben und dient der Zuweisung zu der jeweils geeigneten Versorgungsebene. Die Kooperationspartner werden zu einer digitalen Vernetzung verpflichtet; eigenständige INZ für Kinder und Jugendliche sowie Kooperationen mit geeigneten Vertragsarztpraxen oder medizinischen Versorgungszentren sind vorgesehen. Für Hilfesuchende, die über die Akutleitstelle vermittelt wurden, ist bei gleicher Dringlichkeit eine vorrangige Behandlung vorgesehen.

Die Entscheidung über Einrichtung und Standorte der INZ trifft der erweiterte Landesausschuss. Die Festlegung erfolgt auf Grundlage bundeseinheitlicher Kriterien, insbesondere die Erreichbarkeit, Bevölkerungsdichte, Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr, Kooperationsmöglichkeiten sowie notfallmedizinische Leistungsfähigkeit des Krankenhausstandortes. Eine Festlegung der Planungsregionen ist auch länderübergreifend möglich. Für die Notdienstpraxen werden Mindestöffnungszeiten festgelegt, die eine bedarfsgerechte Akutversorgung sicherstellen sollen. Die Reform sieht zudem Berichtspflichten der Kassenärztlichen Vereinigungen an die jeweils zuständige Landesbehörde vor, unter anderem zu Versorgungsumfängen, Kooperationsstrukturen und Auswirkungen der INZ auf Krankenhäuser ohne angegliedertes Notfallzentrum.

Bewertung

Aus Sicht des BDI können die geplanten Regelungen zu den INZ zu einer bedarfsgerechten und strukturierten Steuerung der Patientinnen und Patienten beitragen. Zugleich ergeben sich Punkte, die im weiteren Verfahren präzisiert werden müssen:

  • Der BDI begrüßt grundsätzlich das Modell der INZ, das in vielen Regionen bereits Anwendung findet. Ein Großteil der kassenärztlichen Notdienstpraxen befindet sich bereits in unmittelbarer Nähe zu Krankenhäusern. Der vorliegende Entwurf stärkt damit ein in der Versorgungspraxis bereits etabliertes Modell.
     
  • Es ist positiv zu bewerten, dass Planungsregionen für INZ auch länderübergreifend festgelegt werden können, da dies eine bedarfsgerechte und versorgungssichere Standortplanung ermöglicht. Zu begrüßen ist zudem, dass ausschließlich Krankenhäuser berücksichtigt werden, die mindestens die Voraussetzungen der Notfallstufe I erfüllen. Sachgerecht erscheint darüber hinaus, dass grundsätzlich das Krankenhaus mit der höchsten erreichbaren Notfallstufe am Standort als potenzieller INZ-Standort in Betracht kommt.
     
  • Im Sinne einer bedarfsgerechten Patientensteuerung ist die geplante Vorrangbehandlung von Hilfesuchenden, die über die Akutleitstelle vermittelt wurden, zu begrüßen. Damit wird ein positiver Anreiz für eine strukturierte Ersteinschätzung geschaffen. Dieses Steuerungsinstrument sollte künftig aus Sicht des BDI weiterentwickelt werden, etwa in Form einer verpflichtenden telefonischen oder digitalen Ersteinschätzung.
     
  • Die Übertragung der fachlichen Leitung des INZ an das Krankenhaus lehnt der BDI ab. Der Sachverständigenrat Gesundheit hat in seinem Gutachten „Bedarfsgerechte Steuerung der Gesundheitsversorgung“ von 2018 betont, dass unter anderen die Ersteinschätzung im INZ unabhängig und frei von Fehlanreizen zur stationären Aufnahme erfolgen muss. An diese Leitidee der unabhängigen Triage knüpft der BDI an und spricht sich daher gegen eine alleinige fachliche Leitung der INZ durch Krankenhäuser aus.

Die Kassenärztlichen Vereinigungen betreiben als wesentlichen Bestandteil der INZ die Notdienstpraxen und verfügen über etablierte Strukturen zur Ersteinschätzung und zur Zuweisung in die ambulante Versorgung durch die Akutleistellen. Dieser Steuerungsbeitrag ist für eine indikationsgerechte Versorgung und zur Vermeidung von Fehlanreizen unverzichtbar. Eine alleinige Leitungsfunktion der Krankenhäuser birgt das Risiko möglicher Interessenkonflikte, insbesondere dort, wo Krankenhäuser über eigene medizinische Versorgungszentren zugleich ambulante Leistungen anbieten und damit über Zuweisungen innerhalb des INZ wirtschaftlich disponieren könnten. Um eine unabhängige, medizinisch begründete und sektorneutrale Steuerung sicherzustellen, hält der BDI eine gemeinsame Leitung für notwendig.

  • Der BDI ist der Ansicht, dass bei der Auswahl der INZ-Standorte und der Festlegung der Öffnungszeiten der KV-Notdienstpraxen keine Doppelstrukturen geschaffen werden dürfen. Die Öffnungszeiten müssen außerhalb der regulären Praxiszeiten liegen. Öffnungszeiten über den Bedarf hinaus sowie parallele Strukturen sind aus Gründen der Ressourceneffizienz und der fehlenden Steuerungsfunktion abzulehnen. Positiv ist die Möglichkeit, Öffnungszeiten an den regionalen Bedarf anzupassen.
     

4. Maßnahmen zur Errichtung eines Gesundheitsleitsystem und von Akutleitstellen

Artikel 1 Nrn. 6 und 18 (Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch)

§§ 75 Abs. 1c und 133a SGB V: Akutleistellen und Gesundheitsleitsystem

Inhalt

Der neu eingefügte § 133a SGB V bildet die Grundlage für ein bundesweites Gesundheitsleitsystem, das die Akutleitstellen der Kassenärztlichen Vereinigungen (116 117) und die Rettungsleitstellen (112) verbindlich miteinander vernetzt. Kern ist eine verpflichtende Kooperationsvereinbarung, die die digitale Fallübergabe, den gegenseitigen Datenaustausch und den Umgang mit Hilfeersuchen regelt. Die Leitstellen bleiben in ihren originären Aufgabenbereichen eigenständig, arbeiten jedoch nach einer abgestimmten Steuerungslogik zusammen. Für die Umsetzung können die Länder landesweit einheitliche Vorgaben in ihren Rettungsdienstgesetzen festlegen. Zur Bewältigung des erhöhten Steuerungs- und Kommunikationsbedarfs wird die Rufnummer 116 117 künftig in Terminservicestellen und Akutleitstellen getrennt organisiert.

Bewertung

Aus Sicht des BDI trägt die geplante Einführung eines Gesundheitsleitsystems zu einer strukturierten und indikationsgerechten Steuerung der Akut- und Notfallversorgung bei. Der BDI hebt in diesem Zusammenhang folgende Punkte hervor:

  • Die Einführung eines bundesweiten Gesundheitsleitsystems stellt einen wichtigen Baustein der Reform dar und greift eine langjährige Forderung des BDI nach einer engeren Verzahnung der Rufnummern 112 und 116 117 auf. Die gesetzliche Verankerung einer verbindlichen Kooperation schafft erstmals einen strukturellen Rahmen für eine abgestimmte Ersteinschätzung. Positiv bewertet der BDI zudem die vorgesehene Weiterleitung an die ambulante Regelversorgung auf Basis eines bundeseinheitlichen Ersteinschätzungsverfahrens.
     
  • Hilfesuchende müssen niedrigschwellig und präzise in die richtige Versorgungsebene gelenkt werden, einschließlich der spezifischen Zuweisung innerhalb eines Sektors. Für eine wirksame Steuerungswirkung muss die Ersteinschätzung verbindlich sein. Die Nutzung standardisierter und validierter Algorithmen sowie digitaler Verfahren ist hierfür ein geeignetes Instrument. Durch ein nachgeschaltetes Vermittlungssystem können bestehende Versorgungsstrukturen passgenau genutzt und die Akut- und Notfallversorgung wesentlich erleichtert werden.
     

5. Maßnahmen zur Änderung der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte

Artikel 10 (Änderung der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte)

§ 19a Zulassungsverordnung Vertragsärzte: Festlegung von Sprechstundenzeiten

Inhalt

Mit den beabsichtigten Änderungen des § 19a Ärzte-ZV wird geregelt, dass bei der Festsetzung der offenen Sprechstunden das Bedürfnis einer ausreichenden vertragsärztlichen Versorgung in Akutfällen innerhalb ihrer Arztgruppe im jeweiligen Planungsbereich zu berücksichtigen ist und die Vertragsparteien des Bundesmantelvertrages bundeseinheitliche Regelungen zur Umsetzung einer möglichst gleichmäßigen zeitlichen Verteilung der Sprechstunden inner-halb der verpflichteten Arztgruppen im jeweiligen Planungsbereich zu treffen haben.

Ziel der Regelung soll sein, dass die Patientinnen und Patienten möglichst an jedem Wochentag während der Sprechstundenzeiten die Möglichkeit haben, bei akutem Behandlungsbedarf auch ohne vorherige Terminvereinbarung eine vertragsärztliche Versorgung (in den zur offenen Sprechstunde verpflichteten Arztgruppen) in Anspruch nehmen können.

Bewertung

Die beabsichtigte Regelung, die im Ergebnis dazu führt, dass den einzelnen Vertragsärztinnen und Vertragsärzten in der jeweiligen Arztgruppe in einem Planungsbereich Vorgaben gemacht werden, wann sie zeitlich offene Sprechstunden anzubieten haben, stellt einen unverhältnismäßigen Eingriff in die ärztliche Freiberuflichkeit dar.

Bereits heute besteht eine grundsätzliche Verpflichtung für die Vertragsärztinnen und Vertragsärzte zur Behandlung von Akutfällen, und zwar ungeachtet des Zeitraums offener Sprechstunden. Eine Behandlung in Akutfällen dürfen Vertragsärztinnen und Vertragsärzte nur in begründeten Fällen ablehnen. Daher ist ein weiterer Eingriff in den ärztlichen Sicherstellungsauftrag abzulehnen.

[1] Siehe hierzu auch den G-BA Beschluss vom 20. November 2025 über eine Änderung der Regelungen zu einem gestuften System der Notfallstrukturen in Krankenhäusern gem. § 136c Abs. 4 SGB V.

Wiesbaden, den 4.12.2025