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Corona-Schutzimpfung während der Pandemie war hoheitliche Aufgabe

Ärztinnen und Ärzte, die während der staatlich organisierten Corona-Impfkampagne Impfungen durchgeführt haben, haften nicht persönlich für etwaige Impfschäden. Der Bundesgerichtshof hat entschieden: Die Verantwortung lag beim Staat. Die Frage, ob im konkreten Fall überhaupt ein Impfschaden vorlag, wurde nicht erörtert.

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Ein Mann klagte gegen seine Hausärztin, nachdem bei ihm Wochen nach einer Corona-Boosterimpfung im Dezember 2021 eine Herzerkrankung festgestellt worden war. Er machte einen Impfschaden geltend und forderte 800.000 Euro Schmerzensgeld. Der Bundesgerichtshof hat nun klargestellt: Für mögliche Impfschäden im Zusammenhang mit den seinerzeit staatlich organisierten Corona-Schutzimpfungen haften nicht die impfenden Ärztinnen und Ärzte – sondern der Staat. 

Corona-Schutzimpfung als hoheitliche Aufgabe: Ärztinnen und Ärzte haften nicht persönlich 

Mit seinem Urteil vom 9. Oktober 2025 (Az. III ZR 180/24) bestätigte der Bundesgerichtshof die Entscheidungen der Vorinstanzen. Die behandelnde Ärztin habe bei der Verabreichung der Impfung in Ausübung einer hoheitlichen Aufgabe und damit haftungsrechtlich als „Beamtin“ gehandelt. Etwaige Schadensersatzansprüche könnten sich daher nur gegen das Land Nordrhein-Westfalen richten. 

Hoheitliche Tätigkeit statt privatrechtlicher Behandlung 

Nach Auffassung des Bundesgerichtshofs war die Corona-Schutzimpfung Teil einer hoheitlichen Gesundheitsmaßnahme. Die Bundesregierung habe auf Grundlage von § 20i Abs. 3 SGB V und der Coronavirus-Impfverordnung (CoronaImpfV) einen öffentlich-rechtlichen Anspruch auf Impfung geschaffen, dessen Durchführung staatlich organisiert, vollständig finanziert und eng reglementiert war. 

Die impfenden Ärztinnen und Ärzte seien in dieses System eingebunden gewesen und hätten nicht im Rahmen der regulären vertragsärztlichen Versorgung gehandelt. Die Impfkampagne habe nicht nur dem individuellen Gesundheitsschutz, sondern zugleich der Aufrechterhaltung zentraler staatlicher Funktionen und der Daseinsfürsorge gedient. Damit habe die Tätigkeit einen klaren Bezug zur staatlichen Eingriffs- und Leistungsverwaltung aufgewiesen. 

Impfschaden tatsächlich vorhanden? 

Der Bundesgerichtshof stellte ausdrücklich klar, dass in diesem Verfahren nicht darüber entschieden wurde, ob die bei dem Kläger aufgetretene Herzerkrankung tatsächlich durch die Impfung verursacht wurde. Gegenstand der Entscheidung war allein die haftungsrechtliche Zuständigkeit. „Es ging nicht um das Ob, sondern um das Wer“, so der Vorsitzende Richter Ulrich Herrmann in der mündlichen Verhandlung. 

Da die Ärztin als in hoheitlicher Funktion handelnd eingestuft wurde, war sie für mögliche Aufklärungs- oder Behandlungsfehler nicht persönlich haftbar. Die Klage wurde daher bereits aus formalen Gründen abgewiesen, ohne dass die behauptete Impfkausalität geprüft werden musste. 

Folgen für die ärztliche Praxis 

Mit dem Urteil schafft der Bundesgerichtshof eine grundlegende Klärung für alle Ärztinnen und Ärzte, die im Rahmen der staatlichen Impfkampagne tätig waren. Sie handelten nicht als private Leistungserbringerinnen und -erbringer, sondern als „verlängerter Arm“ des Staates.

Etwaige Ansprüche wegen vermeintlicher Impfschäden sind daher gegenüber dem jeweiligen Bundesland geltend zu machen, nicht gegenüber der impfenden Person. Für die ärztliche Praxis bedeutet dies eine deutliche Entlastung und eine klare Zuordnung der staatlichen Verantwortung für die Durchführung der Corona-Schutzimpfungen während der Pandemie.