Im vorliegenden Fall hatte sich eine Praxis für plastische und ästhetische Chirurgie als „Zentrum“ bezeichnet. Die Vorinstanz sah dies kritisch, da Patientinnen und Patienten durch den Begriff eine größere Praxisstruktur erwarten könnten. Das Oberlandesgericht Frankfurt entschied jedoch zugunsten der Praxis. Es argumentierte, dass der Begriff „Zentrum“ im medizinischen Bereich nicht zwangsläufig eine bestimmte Größe oder Ausstattung implizieren müsse. Diese Entscheidung markiert eine Abweichung von früheren Urteilen, wie etwa einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs (Az.: I ZR 104/10) aus dem Jahr 2012, in der noch eine klare Größenanforderung für die Bezeichnung „Zentrum“ gefordert wurde.
Ein wichtiger Grund für diese Neuausrichtung liegt in den Änderungen des Sozialgesetzbuches V (§ 95 SGB V). Während früher das Medizinische Versorgungszentrum (MVZ) eine bestimmte Größe und oft eine fachübergreifende Struktur verlangte, entfallen diese Anforderungen nun. Das Oberlandesgericht Frankfurt betont, dass dieser gesetzliche Wandel das allgemeine Verständnis des Begriffs „Zentrum“ beeinflusst hat. Auch Praxen mit zwei Ärztinnen oder Ärzten könnten daher den Begriff „Zentrum“ ohne irreführende Wirkung nutzen.
Die Entscheidung stützt sich zudem auf das Grundrecht der Berufsausübungsfreiheit und die Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 GG). Es ist laut Oberlandesgericht Frankfurt unzulässig, einer Gemeinschaftspraxis mit zwei Ärzten die Bezeichnung „Zentrum“ zu verweigern, wenn gleichzeitig ein MVZ mit der gleichen ärztlichen Zusammensetzung diesen Begriff nutzen darf.
Die Entscheidung des Oberlandesgericht Frankfurt hat den Weg für eine liberalere Auslegung des Begriffs „Zentrum“ im Gesundheitswesen geebnet. Mit der nun großzügigeren Auslegung des Begriffs „Zentrum“ können sich kleinere Praxen in ihrer Außendarstellung stärker profilieren. Insbesondere spezialisierte Praxen erhalten damit die Chance, ihre fachliche Expertise hervorzuheben und sich auch im Wettbewerb mit größeren Einrichtungen besser zu positionieren. Die Entscheidung des OLG Frankfurt stärkt so nicht nur die Vielfalt, sondern auch die unternehmerische Freiheit im Gesundheitswesen.