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Altersdiskriminierung durch Verwendung des Begriffs „Digital Native“

Die Verwendung bestimmter Begriffe wie "Digital Native oder "absoluter Teambuddy" in Stellenanzeigen reicht aus, um den Anschein einer altersbedingten Benachteiligung zu erwecken, sofern keine überzeugenden Gegenbeweise vorgebracht werden können.

© Bits and Splits – stock.adobe.com

Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg (Az.: 17 Sa 2/24) hat einem Bewerber eine Entschädigung in Höhe von 7.500 Euro zugesprochen. Grund war eine Stellenausschreibung eines Sportartikelunternehmens, in der unter anderem die Formulierung verwendet wurde: „Als Digital Native fühlst Du Dich in der Welt der Social Media, datengetriebener PR und digitalen Tools zu Hause.“ Das Gericht sah hierin eine mittelbare Altersdiskriminierung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG).

Nach der Argumentation des Gerichts verweist der Begriff „Digital Native“ auf eine bestimmte Alterskohorte – nämlich auf Personen, die mit digitalen Technologien aufgewachsen sind, was typischerweise erst ab Geburtsjahrgängen um 1980 angenommen wird. Bewerberinnen und Bewerber, die vor diesem Zeitraum geboren wurden, werden durch eine solche Wortwahl mittelbar ausgeschlossen.

Weitere Formulierungen in der Anzeige, wie etwa die Beschreibung des gesuchten Profils als „absoluter Teambuddy“ sowie der Hinweis auf ein „dynamisches Team“, wurden ebenfalls als altersbezogene Signale gewertet. Diese Sprache wirke insgesamt eher auf ein jüngeres Publikum ausgerichtet. Nach ständiger Rechtsprechung reicht bereits ein solcher Anschein für die Annahme einer Benachteiligung aus, sofern keine überzeugenden Gegenbeweise vorgebracht werden können.

Im zugrunde liegenden Fall hatte sich ein 51-jähriger Diplom-Wirtschaftsjurist auf die ausgeschriebene Position beworben. Er erfüllte alle formalen Anforderungen und verfügte über langjährige Berufserfahrung im Bereich Kommunikation und Strategie. Dennoch wurde seine Bewerbung abgelehnt. Als Begründung führte das Unternehmen unter anderem eine aus seiner Sicht zu hohe Gehaltsvorstellung sowie eine fehlende Sportaffinität an. Eine systematische und dokumentierte Vorgehensweise im Auswahlverfahren – etwa in Bezug auf die Bewertung vergleichbarer Bewerbungen – konnte jedoch nicht vorgelegt werden.

Nach Auffassung des Gerichts reichten die vorgebrachten Argumente nicht aus, um die gesetzliche Vermutung einer Diskriminierung zu entkräften. Denn die Firma konnte nicht nachweisen, dass sie bei allen 130 Bewerbungen die gleichen Maßstäbe angelegt hat – also z. B. Bewerber mit zu hohen Gehaltswünschen konsequent ausgeschlossen hat. Genau das hätte sie aber tun müssen, um die Diskriminierungsvermutung zu entkräften.

Die Entscheidung verdeutlicht, dass eine diskriminierende Wirkung bereits durch die Wortwahl in Stellenanzeigen entstehen kann – unabhängig von der tatsächlichen Absicht des ausschreibenden Unternehmens.

Auch in medizinischen Einrichtungen, etwa bei Praxen oder Versorgungszentren, sind altersbezogene Formulierungen in Stellenausschreibungen kritisch zu prüfen. Empfehlenswert ist die Konzentration auf sachliche, kompetenzorientierte Anforderungen, wie etwa „sicherer Umgang mit Praxissoftware“ oder „Erfahrung in digitaler Kommunikation“. Zudem sollte der Auswahlprozess so dokumentiert werden, dass nachvollziehbar ist, auf welcher Grundlage eine Entscheidung getroffen wurde.

Das Urteil zeigt, dass eine diskriminierungsfreie Personalauswahl bereits bei der Stellenausschreibung beginnt – und rechtssichere Formulierungen sowie strukturierte Auswahlverfahren einen wichtigen Beitrag zur Vermeidung von Haftungsrisiken leisten können.

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