Ärztinnen können sich eher vorstellen,
ambulant zu arbeiten, als Ärzte. Das
hat eine repräsentative Mitgliederbe-
fragung der Ärzte-Gewerkschaft Mar-
burger Bund ergeben. Für den MB-
Monitor 2014 haben junge Ärzte Aus-
kunft über ihre Weiterbildung zum
Facharzt und ihre beruflichen Präfe-
renzen gegeben.
Insgesamt erklärten mehr als die
Hälfte aller Befragten (52 Prozent),
dass sie nach ihrer Facharztprüfung im
stationären Bereich (ohne Reha) arbei-
ten möchten. Unter den männlichen
Befragten wollen sogar 59 Prozent ihre
berufliche Karriere im Krankenhaus
fortsetzen, bei den Ärztinnen sind es
46 Prozent. Dennoch kann sich ein
großer Anteil unter den jungen Ärztin-
nen (39 Prozent) eher den ambulanten
Versorgungsbereich als zukünftige
Wirkungsstätte vorstellen. Unter den
männlichen Befragten tendieren nur
27 Prozent dazu.
Unzufrieden mit der Weiterbildung
Der Wunsch vieler Ärztinnen, in einer
Praxis oder einem Medizinischen Ver-
sorgungszentrum zu arbeiten, ist auch
in der Ärztestatistik der Bundesärzte-
kammer abzulesen. Danach geht der
seit Jahren zu beobachtende Trend zur
Anstellung in ambulanten Einrichtun-
gen maßgeblich auf Frauen zurück.
Von den 22304 angestellten Medizi-
nern im ambulanten Versorgungsbe-
reich waren Ende des vergangenen
Jahres 14110 Ärztinnen (63 Prozent).
Dem MB-Monitor 2014 zufolge hat
die große Mehrheit der jungen Ärztin-
nen und Ärzte (82 Prozent) einen zeit-
lich befristeten Arbeitsvertrag. In den
meisten Fällen (53 Prozent) läuft die
Befristung bis zur Facharztprüfung,
bei 47 Prozent endet sie davor.
Unzufrieden ist die Mehrheit der
Jungmediziner mit Struktur und Ver-
mittlung der Weiterbildung. Fast zwei
Drittel der Befragten verneinen die
Frage, ob die geforderten Weiterbil-
dungsinhalte während der täglichen
klinischen Arbeit ausreichend vermit-
telt werden (51 Prozent: „nein, eher
nicht“, 12 Prozent: „nein, gar nicht“).
Wenig Raum für Weiterbildung
Von weit mehr als der Hälfte der Ärzte
(58 Prozent) wird erwartet, dass sie
vorgeschriebene Weiterbildungsinhalte
außerhalb der regulären Arbeitszeit
absolvieren. Damit bestätigt der MB-
Monitor 2014 Trends aus früheren
Mitgliederbefragungen zu den Arbeits-
zeiten der angestellten Ärzte. Die hohe
Arbeitsbelastung und enge Taktung im
Klinikbetrieb lässt offenbar zu wenig
Raum für die Weiterbildung im nor-
malen Tagesablauf. „Wenn der Ar-
beitsspeicher zu knapp bemessen ist,
können sie nicht gleichzeitig immer
mehr Programme zur Anwendung
bringen. Für die Weiterbildung als
Teil der ärztlichen Tätigkeit bleibt
häufig einfach zu wenig Zeit, um die
geforderte Strukturierung tatsächlich
in ausreichendem Maße zu gewährleis-
ten“, sagte Rudolf Henke, erster Vor-
sitzender des Marburger Bundes.
Nur 15 Prozent der Befragten ga-
ben an, dass ihnen ein strukturierter
Weiterbildungsplan ausgehändigt wur-
de, bei 85 Prozent war dies nicht der
Fall. Auch in der Interaktion zwischen
den jungen Ärzten und ihren Weiter-
bildern gibt es Mängel: Nur 9 Prozent
erhalten mehrmals im Jahr ein Feed-
back durch den Weiterbilder, 44 Pro-
zent einmal im Jahr und 47 Prozent
kein regelmäßiges. 50 Prozent der Be-
fragten hielten ihren Weiterbilder aber
„für didaktisch kompetent“, die ande-
re Hälfte antwortete mit „Nein“.
Ärztinnen wollen lieber
ambulant arbeiten als Ärzte
Dass sich immer weniger
junge Mediziner zu einer
Tätigkeit in der ambulanten
Praxis entschließen, bringt
man gemeinhin mit der
„Feminisierung“ des
Arztberufes in Verbindung.
Ein Kurzschluss, wie eine
Umfrage zeigt.
Von Klaus Schmidt
Ärztinnen reizt eine ambulante Tätigkeit in eigener Praxis oder im MVZ häufiger als Ärzte.
© PRESSMASTER/FOTOLIA.COM
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
●
1118
angestellte Ärztinnen und Ärzte
haben an der Online-Umfrage im
Auftrag des Marburger Bundes teil-
genommen. Sie befinden sich in
der Weiterbildung zum Facharzt
(88 Prozent) oder haben 2013
ihre Facharztprüfung bestanden
(12 Prozent).
Berufspolitik
BDI aktuell
Juni 2014
9
Mehr als die Hälfte der Ärzte bewer-
ten die Delegation ärztlicher Leistun-
gen grundsätzlich offen und positiv.
Das hat eine Umfrage des Hartmann-
bundes bei seinen Mitgliedern zur
Frage der Delegation ärztlicher Leis-
tungen zur Telemedizin im Febru-
ar/März 2014 ergeben.
Daran haben 1063 Ärzte teilge-
nommen. Dabei haben nicht nur nie-
dergelassene Ärzte, sondern auch an-
gestellte Ärzte geantwortet. Die über-
wiegende Anzahl der Befragten (55
Prozent) hat sich für die Delegation
ärztlicher Leistungen ausgesprochen.
Nur 21 Prozent lehnen sie grundsätz-
lich ab und 20 Prozent haben sich
noch keine Meinung gebildet.
Natürlich werden Bedingungen für
die Delegation ärztlicher Leistungen
gestellt. Auf der einen Seite erhofft
man sich von der Delegation wieder
eine Konzentration der ärztlichen Tä-
tigkeit auf das Kerngeschäft. Beden-
ken werden geäußert bezüglich des
Haftungsrisikos, der Kompetenz nicht
ärztlichen Personals und der Befürch-
tung, dass Finanzmittel aus dem ärztli-
chen in nicht ärztliche Bereiche ver-
schoben werden können. Bei den Ärz-
ten stehen Aspekte mit Einsparungen
im Gesundheitswesen nicht im Vor-
dergrund.
Die Telemedizin wird zwiespältig
bewertet. Man glaubt an bessere fach-
liche Kooperationen durch die Tele-
kommunikation und an Möglichkeiten
eines Telemonitorings, hat aber die
Befürchtungen, was den Datenschutz
und die Belastung des Arzt-Patien-
ten-Verhältnisses betrifft. Insgesamt
verwundert es nicht, dass junge ange-
stellte Ärzte einer Delegation ärztlicher
Leistungen und der Telemedizin offe-
ner gegenüber stehen als ältere Ver-
tragsärzte.
(HFS)
Übernimmt nicht-ärztliches
Personal Leistungen von
Ärzten, beurteilen dies viele
Ärzte als positiv. Das zeigt
eine Befragung des Hart-
mannbundes. Die meisten
schätzen, sich so auf ihre
ärztlichen Aufgaben
konzentrieren zu können.
Umfrage: Ärzte sehen Delegation
überwiegend positiv
Grafik: BDI aktuell
Quelle: Hartmannbund
Allgemeine Arbeitsentlastung
42%
Verbesserung der Betriebsabläufe
44%
Reduzierung der chronischen Überlastung der Ärzte
61,4%
Konzentration auf originär ärztliche Tätigkeit
71,5%
Der Hartmannbund hat 1068 Mitglieder befragt
Vier Vorteile von Delegation aus ärztlicher Sicht
Sechs Ärzteverbände haben gefor-
dert, Ausschreibungen für Grippe-
impfstoffe zu stoppen. In einer Er-
klärung sehen der BDI, die Berufs-
verbände der Kinder- und Jugend-
ärzte, Frauenärzte, HNO-Ärzte,
Pneumologen sowie der NAV-Vir-
chow-Bund in den Lieferproblemen
einen Grund für die zurückgehende
Akzeptanz dieser Impfung. Sie ver-
weisen darauf, dass es unterschied-
liche Impfstoffe gibt (etwa für spe-
ziell für Schwangere oder Kinder).
Dies würde von den bisherigen
Ausschreibungen der Kassen aber
nicht berücksichtigt.
(fst)
Ärzteverbände
wollen Stopp für
Ausschreibung
GRIPPE-IMPFSTOFFE
Die Weiterbildung empfinden mehr
als die Hälfte der jungen Ärzte als
unbefriedigend. Das zeigt die Um-
frage des Marburger Bunds deutli-
cher als die Evaluation der Ärzte-
kammern. Gründe dafür gibt es vie-
le: gestiegene Dokumentations-
pflichten, prozessoptimierte ver-
dichtete Abläufe auf Station und si-
cherlich auch die Arbeitszeitrichtli-
nie, die gerade in kleinen und mit-
telgroßen Häusern zu teils abstru-
sen Dienstmodellen geführt hat, die
EU-konform den nun evidenten
Stellenmangel verwalten.
Mehr als die Hälfte der Kliniken
und Weiterzubildenden behelfen
sich damit, sich die Kompetenzen
außerhalb der Arbeitszeit anzueig-
nen. Kann es das sein? Sicherlich ist
ein gewisses Engagement für eine
gute Weiterbildung unabdingbar,
aber es darf nicht dazu führen, dass
Ärzte wieder tagelang das Abendes-
sen zu Hause verpassen. Denn die
doppelt berufstätige Familie wird
immer mehr die Regel – und kann
nur funktionieren, wenn Arbeitszei-
ten eingehalten werden. Ansonsten
verschenken wir das Potenzial vieler
gut ausgebildeter Arbeitskräfte – ob
weiblich oder männlich.
Was ist zu tun? Um Weiterbil-
dung ernst zu nehmen, muss diese
in der Erlöskalkulation der Häuser
berücksichtigt werden. Während
die geplante Pay for Performance
anhand von Ergebnisqualität nur
den Trend zum Facharzt verstärken
wird, wäre eine extrabudgetäre Be-
zahlung abhängig von der Anzahl
der Weiterbildungsassistenten in ei-
ner Klinik ein möglicher Ausweg.
Hierfür muss dann aber auch Leis-
tung gebracht werden. Doch die
Umfrage zeigt: die Hälfte der Wei-
terbilder wird als nicht ausreichend
kompetent eingestuft.
Abhilfe können nur Maßnahmen
zur Verbesserung der Weiterbildung
vor Ort schaffen, wie sie der BDI
mit dem Berufsverband der Deut-
schen Chirurgen auf den Weg ge-
bracht hat. Im Weiterbildungsarzt-
Projekt werden Schwachstellen der
Weiterbildung in den Kliniken ana-
lysiert und mit einem auf die Häu-
ser angepassten Konzept entgegen-
gewirkt. Bei Interesse wenden sie
sich gerne an den BDI!
KOMMENTAR
Weiterbildung –
Klinik-Stiefkind
Schreiben Sie dem Autor unter:
Von Michael Denkinger
und Kevin Schulte