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BDI aktuell
Juni 2014
Die Gesamtinzidenz des Schilddrüsen-
Ca (SDK) ist von 2,7 pro 100 000
jährlich bei Männern und 6,5 bei
Frauen im Jahr 2003 auf 3,4 bzw. 8,9
im Jahr 2008 gestiegen. Von 1980 bis
2006 hat sich die altersstandardisierte
SDK-Inzidenz bei Frauen verdoppelt.
Bei Männern ist sie um 90 Prozent ge-
stiegen, wenn man den Zeitraum von
1980 bis 2000 zugrunde legt, berich-
ten PD Dr. Martin Radespiel-Tröger
vom Bevölkerungsbezogenen Krebsre-
gister Bayern, Erlangen, und seine
Kollegen. Sie haben hierzu Daten aus-
gewertet, die vom Zentrum für Krebs-
registerdaten am Robert Koch-Institut
in Berlin und amtlichen Bevölkerungs-
und Mortalitätsdaten stammen (Bun-
desgesundheitsblatt 2014;1:84-92).
Demnach macht dieser häufigste
endokrine Tumor etwa 1 Prozent aller
invasiven Neubildungen in Deutsch-
land aus (Männer: 0,5 Prozent, Frau-
en 1,5 Prozent). In der Rangfolge liegt
SDK auf Platz 19 bei Männern und
Platz 14 bei Frauen. Die SDK-Morta-
lität dagegen ist bei beiden Geschlech-
tern von 1980 bis 2006 von 1 pro
100 000 jährlich auf 0,7 gesunken.
Beim histologischen Tumortyp
stellt das papilläre Karzinom mit 59
Prozent bei Männern und 69 Prozent
bei Frauen den weitaus größten An-
teil, gefolgt vom follikulären Karzinom
(17 bzw. 14 Prozent), medullären Kar-
zinom (8 bzw. 5 Prozent) sowie dem
anaplastischen Karzinom (5 bzw. 3
Prozent). Der deutliche Anstieg der
Gesamtinzidenz ist fast ganz durch das
papilläre SDK bedingt, wobei beson-
ders die Häufigkeit kleiner Tumoren
zugenommen hat. Als Ursache sehen
die Wissenschaftler eine Klassifikati-
onsänderung der WHO im Jahr 1988:
Viele gemischt follikulär-papilläre
SDK werden seitdem als papilläre
klassifiziert, früher als follikuläre.
Deutlicher Nord-Süd-Anstieg
Außerdem zeigten sich eine erhebliche
räumliche Heterogenität und ein
Nord-Süd-Anstieg der SDK-Inzidenz
bei beiden Geschlechtern. Die meisten
Landkreise mit gegenüber dem Bun-
desdurchschnitt – bei Männern 3, bei
Frauen 7,5 pro 100 000 jährlich – er-
höhter SDK-Inzidenz liegen in Bay-
ern. Das könnte zum Teil an einer un-
terschiedlichen Jodversorgung liegen,
vermuten die Autoren.
(eb)
Schilddrüsen-Ca immer häufiger
Die Inzidenz von Schild-
drüsenkrebs ist in den
letzten Jahrzehnten stark
gestiegen; die Mortalität
jedoch hat abgenommen.
Chirurgische Eingriffe und Krebs-
erkrankungen sind für sich genom-
men schon Risikofaktoren für venö-
se Thromboembolien (VTE). Ent-
sprechend hoch ist die Gefährdung
von Patienten mit großen onkologi-
schen Operationen. Einem US-Re-
gister zufolge erleiden 1,3 Prozent
von ihnen noch im Krankenhaus ei-
ne tiefe Venenthrombose oder Lun-
genembolie. Die Zahl beruht auf
den Krankenhausakten von mehr
als 2,5 Millionen Krebspatienten,
die sich zwischen 1999 und 2009
einer OP unterzogen hatten. Dem-
nach war die VTE-Rate im Schnitt
Jahr für Jahr um 4,0 Prozent ange-
stiegen. Im Gegensatz dazu hatte
die Rate der VTE-bedingten To-
desfälle um 2,4 Prozent pro Jahr
abgenommen. Das sei vornehmlich
Fortschritten in der Diagnostik zu
verdanken, so die Studienautoren
um Vincent Q. Trinh von der Har-
vard Medical School in Boston:
„Die Befunde erklären sich mögli-
cherweise durch die zunehmende
Etablierung von Tests wie dem
D-Dimer-Test und Spiral-CT, mit
denen eine neue Subgruppe von
nicht tödlichen venösen Thrombo-
embolien entdeckt wurde.“ Zudem
habe wohl auch das bessere VTE-
Management zum Rückgang des
Sterberisikos beigetragen.
(bs)
VTE nach
Krebs-OP
nehmen zu
Ein 10-Jahres-Rückblick
aus den USA zeigt: Die
VTE-Rate nach Krebs-OP
stieg kontinuierlich an.
ONKOLOGIE
Im Jahr 2010 sind in Deutschland
252 400 Männer und 224 900
Frauen an Krebs erkrankt. Das hat
eine aktuelle Schätzung des Zen-
trums für Krebsregisterdaten im
Robert Koch-Institut ergeben. Am
häufigsten sind bei Männern Pros-
tata- (65 830) und Lungenkrebs
(35 040), bei Frauen Brust-
(70 340) und Darmkrebs (28 630).
Die Zahl der Krebsneuerkrankun-
gen ist zwischen 2000 und 2010 bei
Männern um 21 Prozent, bei Frau-
en um 14 Prozent gestiegen. Dies
liegt im Wesentlichen an der stei-
genden Zahl älterer Menschen. Die
altersstandardisierten Erkrankungs-
raten zeigen, dass es ohne demogra-
fischen Wandel keine Zunahme von
Krebsfällen geben würde. Bei Frau-
en wäre es sonst nur ein Anstieg um
etwa 7 Prozent. Hierbei handelt es
vor allem um einen auch internatio-
nal beobachteten Effekt der Einfüh-
rung des Mammografie-Screenings.
Er ist darauf zurückzuführen, dass
zumindest in der Anfangsphase ei-
nes solchen Programms mehr Tu-
moren, vor allem Frühstadien von
Brustkrebs, entdeckt werden. Für
2014 ist damit zu rechnen, dass et-
wa eine halbe Million Menschen
(davon etwa 236 000 Frauen) an
Krebs erkranken.
(art)
Mehr Ältere –
mehr Krebsfälle
in Deutschland
NEUE DATEN ZU KREBS
Seit 1990 sind mindestens sieben Stu-
dien veröffentlicht worden, in denen
ein Zusammenhang zwischen einem
Schädel-Hirn-Trauma (SHT) und ei-
nem erhöhten Risiko, in der Folge an
Alzheimer-Demenz zu erkranken, be-
obachtet worden war. Darunter ist
auch eine prospektive Studie mit Vete-
ranen des Zweiten Weltkrieges. Ande-
re Studien konnten eine Assoziation
jedoch nicht bestätigen. In Autopsie-
studien wurde festgestellt, dass bei fast
einem Drittel der Patienten, die nach
einem SHT gestorben waren, im Ge-
hirn verstärkt Amyloidablagerungen
nachweisbar waren.
Das Team von Dr. Michelle M.
Mielke von der Mayo-Klinik in Ro-
chester überprüfte dies nun in vivo mit
bildgebenden Verfahren bei Patienten
der MCSA-Studie (Mayo Clinic Study
on Aging), die mindestens 70 Jahre alt
waren (Neurology 2014;82:70–76). Es
zeigte sich, dass Patienten mit leichter
kognitiver Beeinträchtigung mehr
Amyloidablagerungen im Gehirn ha-
ben als Verletzte ohne kognitive Ein-
schränkungen.
Kognition mit neun Tests überprüft
Für ihre Untersuchungen standen Da-
ten von SHT-Patienten der Bevölke-
rungsstudie zur Verfügung, die keine
(448 Patienten) oder leichte kognitive
Beeinträchtigungen (MCI, 141 Patien-
ten) hatten, und zwar auf der Grund-
lage von insgesamt neun neuropsycho-
logischen Tests. Bei allen Patienten
waren PiB-PET-, FDG-PET-Untersu-
chungen sowie MRT-Aufnahmen des
Gehirns gemacht worden. Zudem
lagen die Angaben der Patienten über
ihre Vorgeschichte von SHT mit kurz-
zeitiger Bewusstlosigkeit oder vorüber-
gehendem Gedächtnisverlust vor.
Insgesamt 17 Prozent der Patienten
ohne Kognitionseinschränkungen und
18 Prozent derjenigen mit MCI gaben
auf dieser Basis an, jemals wenigstens
ein SHT erlitten zu haben. Im Median
lag das Ereignis bei den Patienten oh-
ne kognitive Beeinträchtigung 58 Jahre
zurück, bei jenen mit MCI 56 Jahre.
SHT: stärkere Amyloidablagerungen
Im Unterschied zu Patienten ohne ko-
gnitive Beeinträchtigungen waren die
Amyloidablagerungen bei MCI-Pati-
enten signifikant stärker ausgeprägt,
wenn zusätzlich ein SHT aufgetreten
war, und zwar um fast das Fünffache.
Berechnet wurde die Menge mithilfe
der PiB-PET-Untersuchung, in der
die radioaktive Substanz Pittsburgh
Compound B als Biomarker für zere-
brale Amyloidose verwendet wird.
Odds Ratio (OR) für ein abnormes
Ergebnis der Bildgebung: bei MCI-
Patienten 4,95 (95%-Konfidenzinter-
vall zwischen 1,69 und 18,29;
p = 0,01) und bei Patienten ohne Ko-
gnitionseinbußen 0,91 (95%-Konfi-
denzintervall zwischen 0,52 und 1,54;
p = 0,72). In früheren Untersuchun-
gen hatten die Wissenschaftler bereits
festgestellt, dass bei einem PiB-PET-
Wert von 1,5 die Diagnose einer Alz-
heimer-Demenz mit einer Sensitivität
von 90 Prozent erfolgt, weshalb sie
diesen Wert als Cut-Off wählten. Be-
stimmt wird dabei das Verhältnis zwi-
schen den in mehreren Hirnregionen
wie dem präfrontalen Kortex und der
Parietal- und Temporalregion gemes-
senen Werten und den Messwerten,
die in der grauen Substanz des Klein-
hirns ermittelt wurden.
In der aktuellen Studie waren bei
MCI-Patienten mit SHT mithilfe der
PiB-PET zwar vermehrt Amyloidabla-
gerungen im Gehirn nachweisbar. Al-
lerdings unterschieden sie sich von je-
nen ohne Kognitionseinbußen nicht
im Hippocampus-Volumen und dem
mit der FDG-PET unter anderem im
Gyrus angularis gemessenen Stoff-
wechsel. Möglicherweise, so vermuten
die Wissenschaftler, führte die ver-
mehrte Amyloidablagerung zur Pro-
gression des MCI. Allerdings konnten
sie in beiden Gruppen mit SHT keine
Unterschiede in den Ergebnissen von
insgesamt neun neuropsychologischen
Tests ausmachen, was eigentlich zu er-
warten wäre, wenn man davon aus-
geht, dass SHT mit einer Alzheimer-
Progression assoziiert ist.
Bereits leichte Schädel-
Hirn-Traumata, die mit nur
kurzer Bewusstlosigkeit
oder transientem Gedächt-
nisverlust einhergehen, sind
offenbar mit pathologischen
Veränderungen assoziiert,
wie sie bei Morbus Alzhei-
mer beobachtet werden.
Erhöhtes Alzheimer-Risiko nach
Schädel-Hirn-Trauma?
Von Peter Leiner
Beta-Amyloidablagerungen im Hirn bei Alzheimer (Schnittbild).
© SPRINGER MEDIZIN
Schädel-Hirn-Trauma
Häufigkeit in Deutschland:
Die Gesamtinzidenz des SHT wird
auf etwa 200 bis 300 pro 100 000
Einwohner und Jahr geschätzt. Da-
von werden 180 SHT als leicht und
10 bis 20 als schwer eingestuft.
Deutsche Gesellschaft für Neurologie
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