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Das Handelsblatt hat sich mit den Ab-
rechnungspraktiken der Ärzteschaft
beschäftigt und will dabei einem Jus-
tizskandal in Bayern auf der Spur sein.
So habe man laut Handelsblatt Ver-
fahren gegen tausende von Ärzten in
Bayern eingestellt, ohne das Urteil ei-
nes Musterprozesses abzuwarten, in
dem ein Arzt am Ende zu einer Ge-
fängnisstrafe verurteilt wurde. Man
vermutet politische Klüngelei inner-
halb der Regierungspartei CSU.
Aus berufspolitischer Sicht ist der
Vorgang um den bayerischen Labor-
arzt Schottdorf, um den es hier geht,
zwar ein alter Hut, er erinnert aber an
einen für Ärzte wichtigen juristischen
Begriff, der nicht nur in Bayern zu
Verurteilungen führt und der die Ärz-
teschaft insgesamt kriminalisiert. Es
geht um den sogenannten formellen
Schaden.
Am Beispiel der Causa Schottdorf
hat das Handelsblatt den Vorgang an-
schaulich beschrieben – der sich übri-
gens nicht in der gesetzlichen Kran-
kenversicherung, sondern im privat-
ärztlichen Bereich abgespielt hat.
Ein Arzt nimmt in seiner Praxis ei-
nem Patienten Blut für Laboruntersu-
chungen ab und lässt das Material in
einer Laborpraxis untersuchen. Von
dort erhält er die Untersuchungsbe-
funde und eine Rechnung des Labors
über die technische Durchführung.
Der behandelnde Arzt liquidiert die
Laborleistung gegenüber dem Patien-
ten. Die Differenz der Liquidation zur
Rechnungstellung des Labors wird als
Gewinn verbucht.
Was ist daran verwerflich? Es han-
delt sich deshalb um einen Abrech-
nungsfehler oder sogar Abrechnungs-
betrug, weil der Arzt die Laborleistung
selbst nicht erbracht hat oder erbrin-
gen durfte. Sie hätte formell rechtlich
vom Laborarzt gegenüber dem Patien-
ten liquidiert werden müssen, weil das
Speziallabor Laborärzten vorbehalten
ist.
Wer wurde durch den Vorgang ge-
schädigt? Niemand, weder der Patient
noch seine Kasse. Die Leistung wurde
regelrecht und qualitativ hochwertig
erbracht. Die Liquidation des behan-
delnden Arztes hätte sich von der des
Laborarztes nicht unterschieden, so-
dass auch keine Mehrkosten durch
den Vorgang für den Patienten und
seine Versicherung angefallen sind.
Das Ganze ist aber juristisch gese-
hen ein sogenannter formeller Scha-
den. Es wurde niemand wirklich ge-
schädigt, der Arzt hat sich aber nicht
an die Regeln des Systems gehalten.
Es gibt sicher Vertragsärzte, die die
formellen Vorschriften bewusst unter-
laufen. Es sind aber auch Fälle be-
kannt, bei denen allein durch die
Überbürokratisierung unseres Ge-
sundheitswesens formelle Fehler ge-
macht wurden.
Dieser formelle Schaden ist ein
vom Bundesgerichtshof sanktionierter
Aufhänger für Strafverfahren gegen
Ärzte und trägt ganz wesentlich zur
Kriminalisierung eines ganzen Berufs-
standes bei.
Von Dr. Hans-Friedrich Spies
In Bayern hat ein Arzt
Laborleistungen formell
falsch abgerechnet.
Dadurch ist zwar weder
der Patient noch die Kasse
zu Schaden gekommen.
Es ist aber ein Aufhänger
für ein Strafverfahren
und trägt zur Kriminali-
sierung der Ärzte bei.
Labor-Skandal trägt zur
Kriminalisierung der Ärzte bei
Wie werden Laborleistungen richtig abgerechnet?
© KILLIG / DPA
10000
Ärzte
bundesweit soll die „Soko
Labor“ des bayerische Landeskrimi-
nalamtes wegen unzulässiger
Abrechnung von Laborleistungen
über drei Jahre im Visier gehabt
haben, berichtete das Handelsblatt.
Der Berufsverband Deutscher In-
ternisten e.V. trauert um Professor
Felix Anschütz. Im Alter von 93
Jahren ist er Ende März verstorben,
teilt die Landesärztekammer Hes-
sen mit. Anschütz war bis zuletzt
Mitglied des BDI. Schon 1955 ist
er dem Verband beigetreten. Damit
zählt er zu den wenigen Mitglie-
dern, die fast 60 Jahre dem BDI an-
gehörten. Der BDI dankt Professor
Anschütz für seine Treue und sein
großes Engagement für die Innere
Medizin und den ärztlichen Nach-
wuchs.
Über 20 Jahre leitete Anschütz
als Chefarzt die Abteilung für Inn-
nere Medizin des Städtischen Klini-
kums Darmstadt (1964-86). Im
Anschluss 1985/86 war er Präsident
der Deutschen Gesellschaft für In-
nere Medizin, bevor er zum Vorsit-
zenden der Akademie für Ärztliche
Fort- und Weiterbildung der Lan-
desärztekammer Hessen gewählt
wurde.
„Professor Anschütz lagen be-
sonders erfolgreiche Lehrstrategien
und Didaktik am Herzen. Er ver-
stand es hervorragend, Inhalte zu
vermitteln und Studenten wie auch
Kollegen zu begeistern“, würdigt
der hessische Ärztekammerpräsi-
dent Dr. Gottfried von Knoblauch
zu Hatzbach den Verstorbenen in
einer Mitteilung der Kammer. „Er
war ein leuchtendes ärztliches Vor-
bild.“ Bis 1997 führte er die Akade-
mie. Ihm sei es zu verdanken, dass
medizinische Ethik in Veranstaltun-
gen zur Diskussion gestellt wurde,
schreibt die Ärztekammer.
1988 verlieh die Bundesärzte-
kammer Professor Anschütz die
Ernst-von-Bergmann-Plakette für
sein jahrelanges außerordentliches
Engagement. 1997 zeichnete ihn
die Landesärztekammer mit der
Ehrenplakette in Gold aus und drei
Jahre später erhielt er das Bundes-
verdienstkreuz am Bande.
(eb)
NACHRUF
In Erinnerung
an Professor
Felix Anschütz
Der ehemalige Leiter der
Akademie für Ärztliche
Fortbildung in Hessen ist
Ende März gestorben.
Der von ermächtigten Ärzten ge-
leistete Versorgungsbeitrag wird
künftig in der Bedarfsplanung be-
rücksichtigt. Darauf haben sich die
niedergelassenen Ärzte, die Kran-
kenhäuser, die Krankenkassen und
die unparteiischen Vorsitzenden im
Gemeinsamen
Bundesausschuss
(GBA) einstimmig verständigt.
Die Regelung sieht vor, dass er-
mächtigte Ärzte und Psychothera-
peuten und Ärzte, die in psychiatri-
schen oder psychosomatischen Ins-
titutsambulanzen sowie sozialpädia-
trischen Zentren tätig sind, pau-
schal angerechnet werden.
Nach Angaben der Deutschen
Psychotherapeuten-Vereinigung soll
eine Psychiatrische Institutsambu-
lanz in der Bedarfsplanung pau-
schal wie ein halber Vertragspsy-
chotherapeutensitz behandelt wer-
den. Zurzeit werden diese bedarfs-
unabhängig zugelassen.
(af)
BEDARFSPLANUNG
GBA: ermächtigte
Ärzte werden
angerechnet
8
Juni 2014
BDI aktuell
Berufspolitik
Rund 14600 Mal haben die Medizini-
schen Dienste der Krankenkassen
(MDK) 2013 ein Gutachten bei ver-
muteten Behandlungsfehlern erstellt -
2000 mehr als noch 2012. Und rund
3700 Mal kam der MDK in seiner
Jahresstatistik 2013 zu dem Ergebnis,
dass ein Behandlungsfehler vorliegt.
Damit ist die Zahl der bestätigten Feh-
ler im Vergleich zum Vorjahr um sie-
ben Prozent zurückgegangen, hieß es
bei der Vorstellung der Zahlen kürz-
lich in Berlin.
Gestiegen ist dagegen die Anzahl
der Patienten, die sich mit einem Feh-
lerverdacht an den MDK gewendet
haben. Mit 14585 lag die Zahl der
Anträge um 17 Prozent höher als ein
Jahr zuvor. „Das führen wir auch auf
das Patientenrechtegesetz zurück“, be-
tonte Dr. Stefan Gronemeyer, Leiten-
der Arzt und Geschäftsführer des Me-
dizinischen Dienstes des Spitzenver-
bandes Bund der Krankenkassen.
Das 2013 in Kraft getretene Gesetz
hat den Anspruch der Versicherten auf
Unterstützung und Aufklärung von
vermuteten Behandlungsfehlern ge-
stärkt. Kassen sind seither verpflichtet,
ihren Versicherten bei vermuteten Be-
handlungsfehlern zu helfen.
„Angesichts von 18 Millionen Be-
handlungsfällen in den Kliniken und
700 Millionen Fällen im ambulanten
Bereich bewegen sich die MDK-Zah-
len und auch die der Gutachterkom-
missionen und Schlichtungsstellen im
Promillebereich“, betonte BÄK-Präsi-
dent Professor Frank Ulrich Montgo-
mery.
Nicht nur der MDK, auch die ärzt-
lichen Gutachterkommissionen- und
Schlichtungsstellen der Ärztekammern
geben jährlich eine Behandlungsfehler-
statistik heraus, die nächste im Juni.
Bei rund 8000 Entscheidungen haben
diese Stellen knapp jeden dritten An-
trag (30 Prozent) als Behandlungsfeh-
ler anerkannt, hat die Bundesärzte-
kammer vorab mitgeteilt.
Die Gesamtzahl aller Fehler in
Deutschland ist allerdings nicht be-
kannt; das Bundesgesundheitsministe-
rium geht von 40000 bis 170000 Feh-
lern jährlich aus. Ein Großteil der Pa-
tientenvorwürfe - 70 Prozent - betraf
Behandlungen in Krankenhäusern.
Nur 30 Prozent bezogen sich auf Be-
handlungen bei niedergelassenen Ärz-
ten. In absoluten Zahlen waren dies
4402 Vorfälle, überwiegend in der
Chirurgie.
Eine neue Kultur im Umgang mit
Fehlern forderte der gesundheitspoliti-
sche Sprecher der CDU/CSU-Bun-
destagsfraktion. „Ärzte sind Men-
schen. Und Menschen machen Fehler.
Wichtig ist, daraus zu lernen“, sagte
Jens Spahn. „Patienten, Pfleger und
Ärzte profitieren, wenn Fehler nicht
unter den Teppich gekehrt werden.“
Er nahm die Zahlen des MDK zum
Anlass, auf das geplante Qualitätsinsti-
tut hinzuweisen. Mithilfe des Instituts
könnten alle notwendigen Daten zur
Qualitätssicherung zusammengeführt,
ausgewertet und veröffentlicht werden.
Als eine Ursache für Fehler nannte
Harald Weinberg, gesundheitspoliti-
scher Sprecher der Linken, den Perso-
nalmangel in den Kliniken.
(mam)
Zwar gab es laut MDK mehr
Beschwerden, die Zahl der
bestätigten Fehler ist aber
zurückgegangen.
Zahl der Behandlungsfehler ist gesunken
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