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Eine als „asymptomatisch“ eingestufte
Karotisstenose (ACS) kann alles ande-
re als asymptomatisch sein, achtet
man auch auf kognitive Funktionen,
so das Ergebnis einer Studie, die auf
der diesjährigen Jahrestagung der
American Academy of Neurology
(AAN) in Philadelphia vorgestellt wur-
de. Möglicherweise müssen künftig ag-
gressive medikamentöse Therapien
und Revaskularisierung viel früher er-
wogen werden. Der mögliche negative
Einfluss einer ACS auf die Kognition
wird schon seit einiger Zeit diskutiert.
Durch einen Vergleich mit Proban-
den, die ähnliche Risikofaktoren aber
keine ACS aufweisen, haben Forscher
nun erstmals gezeigt, dass eine ACS in
der Tat zu Problemen beim Lernen,
mit dem Gedächtnis und der Ent-
scheidungsfindung führen kann.
An der Studie nahmen 67 Personen
mit ACS teil ( 50-prozentige Veren-
gung des Karotisdurchmessers) sowie
60 Personen, die ebenfalls vaskuläre
Risikofaktoren wie Diabetes, Blut-
hochdruck, hohe Cholesterinspiegel
und koronare Herzkrankheit, aber kei-
ne ACS hatten. Die Stenosen wurden
mittels Duplexsonografie erfasst und
deren asymptomatischer Status durch
eine neurologische Untersuchung so-
wie den NIH-Stroke-Scale-Test fest-
gestellt. Die Teilnehmer unterzogen
sich umfangreichen Tests für die allge-
meine Denkfähigkeit sowie für speziel-
le Domänen wie Verarbeitungsge-
schwindigkeit, Lernen, Gedächtnis,
Entscheidungsfindung und Sprache.
Dabei wurden die kognitiven Scores
gemäß normativer Daten für Alter,
Geschlecht, Bildung und Rasse ange-
passt. Berechnet wurden ein Gesamt-
index der kognitiven Funktion sowie
fünf domänenspezifische Composite-
Scores. Die Gruppen wurden mit t-
Tests verglichen und Cohens d wurde
berechnet, um die Effektgrößen zu be-
stimmen.
Früh und aggressiv intervenieren?
Dabei schnitten die Patienten mit
ACS beim Gesamtindex der kogniti-
ven Funktion (t=2,8; p 0,01,
d=0,52), der Verarbeitungsgeschwin-
digkeit (t=3,5, p 0,01, d=0,69) sowie
der Domäne „Lernen/Gedächtnis“
(t=2,6, p 0,05; d=0,48) deutlich
schlechter ab als die Gruppe mit Risi-
kofaktoren aber ohne ACS. Bei den
Domänen „exekutive Funktion“ sowie
„Aufmerksamkeit/Arbeitsgedächtnis“
bestand ein Trend für eine schlechtere
Leistung, in der Domäne „Sprache“
unterschieden sich die beiden Grup-
pen nicht signifikant.
Die zugrunde liegenden Mechanis-
men des negativen Einflusses einer
ACS auf die Kognition sind noch un-
klar. Werden die Ergebnisse durch
größere Studien bestätigt, könnte dies
weitreichende Folgen haben. So stellt
sich die Frage, ob auch Patienten mit
ACS aggressiv medikamentös behan-
delt werden sollten, und ob eine Re-
vaskularisierung viel früher erwogen
werden muss.
(frg)
Auch eine vermeintlich
asymptomatische Karotis-
stenose kann die Kognition
negativ beeinflussen.
Karotisstenose: auf Kognition achten!
Etwa 2 bis 3 Prozent aller Besuche
in Notaufnahmen erfolgen wegen
akuter Kopfschmerzen, davon 1 bis
3 Prozent aufgrund einer Subarach-
noidalblutung. Mit einer einfachen
strukturierten Anamnese kann ein
solcher Verdacht bestätigt werden.
Ottawa-Kriterien
Einen Algorithmus hierfür entwi-
ckelten Dr. Jeffrey Joseph Perry et
al. von der Universität von Ottawa
im Rahmen einer Studie mit 2131
Erwachsenen ohne neurologische
Ausfälle (JAMA 2013;310:1248-
55). Die Indikation für Bildgebung
und Liquorpunktion erfolgte bei
Patienten über 40 Jahren mit
Meningismus, Bewusstseinsverlust,
Kopfschmerzbeginn während kör-
perlicher Aktivität, Einlieferung per
Krankenwagen, Erbrechen und er-
höhtem diastolischen Blutdruck.
Eine Subarachnoidalblutung wurde
bei 132 Patienten diagnostiziert
(6,2 Prozent, mittleres Alter 44 Jah-
re). 26 Prozent wurden mit dem
Krankenwagen eingeliefert. Die
Schmerzintensität betrug auf einer
Skala von 0 bis 10 im Mittel 8,7.
Von den Patienten gaben 53 Pro-
zent Donnerschlagkopfschmerz an.
Aus den Parametern erstellten die
Autoren die Ottawa-Skala zur Er-
fassung einer Subarachnoidalblu-
tung (Sensitivität von 100 Prozent,
Spezifität von 15 Prozent).
(eb)
Klinische
Hinweise bei
Kopfschmerz
Kann eine strukturierte
Anamnese die Sensitivi-
tät zur Entwicklung einer
Subarachnoidalblutung
bei Patienten mit akuten
Kopfschmerzen erhöhen?
SUBARACHNOIDALBLUTUNG
Ein erhöhter Harnsäurespiegel im
Blut kann möglicherweise als unab-
hängiger Risikofaktor für die erekti-
le Dysfunktion (ED) gesehen wer-
den. Das leiten Sepehr Salem von
der Universität Teheran und Kolle-
gen aus den Ergebnissen ihrer Stu-
die ab, in der eine Steigerung des
Harnsäurewertes von 1 mg/dl im
Serum mit einer Verdoppelung des
ED-Risikos einherging (J Sex Med
2014;11:1118-24). Beteiligt waren
251 durchschnittlich 45-jährige
Männer mit neu diagnostizierter
ED und 252 Kontrollen ohne ED.
Allgemein wies die ED-Gruppe ein
höheres Gewicht und höheren Blut-
druck auf, im Mittel bestand die
Erektionsstörung bereits seit 32
Monaten. Der Harnsäurewert lag
bei Männern mit ED im Durch-
schnitt bei 6,12 mg/dl und im Kon-
trollarm bei 4,97 mg/dl. Unter Be-
rücksichtigung aller anderen Risiko-
faktoren wie BMI, Hypertonie, Di-
abetes, Dyslipidämie, Triglyzerid-
werten und Raucherstatus errech-
neten Salem et al. für Harnsäure-
werte über 5,6 mg/dl im Vergleich
zu Werten unter 4,5 mg/dl ein fast
sechsmal so hohes Risiko für ED.
Zudem zeigte sich ein signifikanter
Zusammenhang zwischen der Höhe
des Harnsäurewertes und dem
Schweregrad der ED.
(st)
Harnsäure als
unabhängiger
Risikofaktor?
EREKTILE DYSFUNKTION
Ein 76-jähriger Patient stellt sich mit
einer ausgeprägten Ober- und Unter-
lidschwellung links in unserer Klinik
vor. Er berichtete, dass diese vor etwa
drei Wochen aufgetreten sei und über
14 Tage in einer anderen Augenklinik
stationär unter der Diagnose „Perior-
bitalphlegmone“ intravenös antibio-
tisch behandelt worden sei. Anfangs
zeigte sich ein Rückgang der Schwel-
lung, aber kurz nach der Entlassung
habe diese wieder zugenommen.
In der Allgemeinanamnese gab der
Patient einen Myokardinfarkt 1989
und Zustand nach Blasenkarzinom
1987 und 1989 sowie Nikotinabusus
(90 Packungsjahre) an. Zu diesem
Zeitpunkt bestand bis auf die Lid-
schwellung kein Krankheitsgefühl.
Therapien brachten keine Besserung
Der Visus betrug am rechten Auge 1,0
und links 0,5. Der Patient berichtete
über eine Visusminderung aufgrund
der Schwellung. Der Augeninnen-
druck lag mit 15 mmHg beidseits im
Normbereich. An der Spaltlampe zeig-
te sich eine ausgeprägte, aber weiche
Lidschwellung links sowie eine dezen-
te Verhärtung ohne Rötung im Wan-
genbereich unterhalb des linken Au-
ges. Im medialen Lidwinkel selbst sah
man oberhalb des Canaliculus com-
munis eine verkrustete Hautläsion,
möglicherweise durch eine Inzision im
auswärtigen Krankenhaus bedingt.
Die Motilität war frei, die Pupillen re-
agierten gut auf direkte und indirekte
Beleuchtung ohne Afferenzdefizit.
Der Patient wurde stationär aufge-
nommen und erneut antibakteriell mit
Gentamicin-Augentropfen,
Unacid
dreimal 3 g i.v. und Octenisept-Um-
schlägen behandelt. Im Abstrich aus
dem medialen Lidwinkel konnten kei-
ne Keime nachgewiesen werden. In
der zwei Tage nach stationärer Auf-
nahme durchgeführten computerto-
mografischen Untersuchung fand sich
lediglich eine unspezifische Verschat-
tung des linken Siebbeins sowie der
linken Kieferhöhle.
Wiederholte Biopsien
Weil eine Besserung ausblieb, wurde
zum Ausschluss einer Neoplasie (z. B.
Metastase nach bekanntem Blasenkar-
zinom) durch die Kollegen der HNO-
Abteilung eine Probebiopsie aus den
Siebbeinzellen sowie retroorbital ent-
nommen. Histologisch zeigte sich al-
lerdings lediglich eine chronische Ent-
zündungsreaktion mit zahlreichen eo-
sinophilen Granulozyten.
Nachdem der Befund weiter persis-
tierte, erfolgte drei Wochen später eine
erneute stationäre Aufnahme in der
Dermatologie zur erneuten antibioti-
schen und antiviralen i.v.-Therapie bei
Verdacht auf atypischen Zoster oph-
thalmicus. Die Schwellung war weiter-
hin progredient, sodass eine Probe-
biopsie diesmal im Hautbereich ent-
nommen wurde. Auch hier zeigte die
histologische Aufarbeitung ein ent-
zündliches Geschehen mit herdförmi-
gen Ansammlungen CD5- und CD3-
positiver T-Lymphozyten und spärlich
nachweisbaren CD20-positiven B-
Lymphozyten. Die ALK (anaplasti-
sche Lymphomkinase) und EBER
(Epstein-Barr-Virus encoded RNA)
waren negativ. Mittlerweile hatte sich
der Prozess auch auf die rechte Ge-
sichtsseite ausgedehnt, und es fanden
sich zusätzlich kleine erosive Hautver-
änderungen an Rücken-, Bauch- und
Penishaut. Eine daraufhin eingeleitete
orale Therapie mit Decortin 100 mg
(ausschleichend um 20 mg im 3-Ta-
ges-Rhythmus) blieb ebenfalls erfolg-
los, und der Allgemeinzustand des Pa-
tienten verschlechterte sich deutlich.
Aufgrund des gesamten Bildes ver-
stärkte sich der Eindruck einer malig-
nen Erkrankung, die jedoch trotz er-
neuter Hautbiopsien histologisch zu-
nächst nicht eindeutig nachgewiesen
werden konnte. Letztendlich wurde
erst nach Konsultation eines Lym-
phom-Referenzzentrums das Vorliegen
einer CD30-positiven lymphoprolife-
rativen Erkrankung (prädominant epi-
dermotropes malignes Non-Hodgkin-
Lymphom der T-Zell-Reihe) bestätigt
(Der Ophthalmologe 2014/1).
Die geschätzte jährliche Inzidenz
der primär kutanen Lymphome liegt
bei einer Neuerkrankung pro 100 000
Einwohner.
Bei Lidschwellungen
unklarer Genese sollte auch
an ein malignes Geschehen
gedacht werden, selbst
wenn die histologische
Untersuchung nicht unmit-
telbar richtungsweisend ist.
Was hinter einer Lidschwellung
stecken kann
Von Dr. A. Weißbach, S. Herberhold,
J. Wenzel, K. U. Löffler
Progrediente Schwellung am Auge.
© ARTERIA PHOTOGRAPHY
Kutane Lymphome
CD30-positive lymphoproliferative
Erkrankungen
gehören zu den
kutanen T-Zell-Lymphomen. Die
geschätzte jährliche Inzidenz der
primär kutanen Lymphome liegt bei
einer Erkrankung pro 100 000
Einwohner.
14
Juni 2014
BDI aktuell
Medizin
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