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Die Möglichkeiten, sich beruflich zu
verwirklichen, sind gerade für junge
Internisten außerordentlich vielfältig.
Das gelte angesichts der vielen unter-
schiedlichen internistischen Schwer-
punkte sowohl für Bereiche innerhalb
der kurativen Medizin als auch für Be-
reiche außerhalb, etwa in der Versiche-
rungsmedizin. Darauf hat Kongress-
präsident Professor Michael Manns
von der MH Hannover bei der Eröff-
nung der „Chances - Forum für junge
Mediziner“ während des Internisten-
kongresses in Wiesbaden hingewiesen.
Das Forum „Chances“ für junge
Ärzte und Medizinstudenten wird seit
Jahren von der Deutschen Gesellschaft
für Innere Medizin, dem Berufsver-
band Deutscher Internisten (BDI)
und der Fachverlagsgruppe Springer
Medizin angeboten.
Einen Einblick in die Praxis der
Weiterbildung und den Ärztebedarf in
Zukunft gewährte Dr. Markus Wen-
ning von der Ärztekammer Westfalen-
Lippe (ÄKWL) auf Basis von Zahlen
seiner Kammer. „Bei uns schließen
derzeit jährlich ungefähr 500 Studen-
ten Medizin ab, etwa 500 Ärzte gehen
in den Ruhestand“, so Wenning.
In 15 Jahren, wenn die studienstar-
ken Jahrgänge ins Rentenalter kom-
men, würden etwa 1100 Ärzte jährlich
in Rente gehen. „Die Kollegen aus
dem Ausland ergänzen das dann“, sag-
te er lakonisch.
Von 2006 bis 2013 habe die Kam-
mer 1141 Facharztanerkennungen für
die allgemeinen Internisten ausgespro-
chen. Weit abgeschlagen folgten Kar-
diologen (116), Gastroenterologen
(63) und Pneumologen (49). Bei
Rheumatologen habe es in sieben Jah-
ren sogar nur sieben Facharztanerken-
nungen gegeben. Das Problem:
„Knappheiten“ in einzelnen Schwer-
punkten – und damit eigentlich Mög-
lichkeiten der Niederlassung – werde
nicht sichtbar, weil es keine Bedarfs-
planung für die einzelnen Schwer-
punkte gibt. Insgesamt, so Wenning,
entscheiden sich nach den Erfahrun-
gen aus Westfalen-Lippe gut die Hälf-
te der Internisten für den allgemeinen
Facharzt, etwas über 40 Prozent gehen
in die Schwerpunkte.
Wenning gab auch Hinweise, wo-
rauf Ärzte in Weiterbildung je nach
Berufsplänen besonders achten soll-
ten: „Die Weiterbildung zum Facharzt
reicht nicht immer für die Niederlas-
sung im Fachgebiet aus“, sagte er. Wer
sich zum Beispiel als Internist ohne
Schwerpunkt niederlassen wolle und
in der Praxis Sonografie betreiben
wolle, für den reichten die in der Wei-
terbildung geforderten 150 Echokar-
diografien nicht aus.
„Achten Sie darauf, dass Sie wäh-
rend der Weiterbildung mehr machen,
wenn Sie in diese Richtung wollen“,
riet Wenning. Bei Kardiologen seien es
die therapeutischen kardiologischen
Interventionen, auf die ein besonderes
Auge zu werfen sei. 300 therapeuti-
sche Interventionen werden für die
Niederlassung von der KV gefordert.
Die Zukunftsaussichten
junger Internisten sind bes-
tens. Bei der Weiterbildung
sind allerdings einige
Stolpersteine zu umgehen.
Sehr gute Berufsaussichten für junge Internisten
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Juni 2014
BDI aktuell
Berufspolitik
Mit Prävention werden je nach Blick-
winkel unterschiedliche Erwartungen
verbunden. Aus Sicht der Patienten
geht es um die Vermeidung von
Krankheit sowie um eine Verlängerung
der eigenen Lebenserwartung. Der Pa-
tient ist deshalb bereit, sich einer ärzt-
lichen Untersuchung zu unterziehen
und hierfür, wenn nötig, Geld über die
GKV-Leistung hinaus zu investieren.
In der Praxis hängt die Beteiligung der
Patienten aber von zwei Bedingungen
ab: Die Untersuchungsmethode oder
die prophylaktische Behandlung müs-
sen ungefährlich und wenig belästi-
gend sein. Viele meiden Präventions-
angebote aber schon deshalb, weil sie
ein pathologisches Ergebnis fürchten.
Die Kassen sehen die Prävention
unter wirtschaftlichen Gesichtspunk-
ten. Jede Krankheit, die man vermei-
den kann, kostet kein Geld. Leider
gibt es nur wenige Verfahren, worüber
die direkte Erkrankung vermieden
werden kann. Typische Beispiele sind
hier die Krebsvorsorge beim Zervix-
karzinom oder die Vorsorgekoloskopie.
Meist führt eine Früherkennung aber
nur dazu, dass eine Erkrankung zu ei-
nem späteren Lebensabschnitt auftritt,
aber da kostet sie auch Geld. Deshalb
stehen die Kassen Vorschlägen für
neue Verfahren der Prävention oft sehr
skeptisch gegenüber.
Viele Ärzte sehen in der Prävention
eine zusätzliche Einnahmequelle für
Leistungen außerhalb des GKV-Sys-
tems. Dies kann durchaus Sinn erge-
ben, wenn die Verfahren ausreichend
wissenschaftlich evaluiert sind. Daran
hapert es aber oft. Die Versorgungs-
forschung auf diesem Gebiet ist regel-
recht unterentwickelt. Studien, die ei-
nen Nutzen der Prävention belegen
sollen, müssen auf Jahre angelegt wer-
den. Damit ist in einer angemessenen
Zeit nicht mit Ergebnissen zu rechnen.
Für die Kassen ist dies besonders
wichtig, weil sie für das GKV-Finan-
zierungssystem kurzfristige Daten be-
nötigen, die bei solchen Studien nicht
erwartet werden können. Der Organi-
sationsaufwand dieser Studien ist im-
mens. Oft lassen sich Daten nur gene-
rieren, wenn man ein Verfahren ein-
führt und durch ein Register seinen
Effekt überprüft. Hinzu kommen me-
thodische Schwierigkeiten bei den Un-
tersuchungs- und Behandlungsmetho-
den zur Prävention. So kann man Un-
tersuchungsverfahren nur für diesen
Bereich einführen, wenn sie ungefähr-
lich sind und nur wenig falsch-positive
und falsch-negative Untersuchungser-
gebnisse zeigen. Sonst werden Gesun-
de zu Kranken gemacht oder Kranke
nicht erkannt.
Ein typisches Beispiel sind Biomar-
ker. Sie sind für ein Screening wegen
ihrer falsch-positiven Befunde wenig
geeignet. Selbst groß angelegte Pro-
gramme wie das DMP-Diabetes sind
schwer zu bewerten. So wird zwar die
Einstellung der Erkrankung verbessert
– gemessen an Labordaten als Surro-
gatparameter. Legt man harte End-
punkte zugrunde, wie das Auftreten
von Herz-Kreislauf-Erkrankungen, lie-
gen aber keine ausreichend validen
Daten vor. Hier gilt unverändert das
Prinzip Hoffnung.
All diese Überlegungen müssen auf
unterschiedliche Arten von Prävention
durchdekliniert werden. Von der Pri-
märprävention bis zur Sekundärprä-
vention, die eine Progression der zu-
grunde liegenden chronischen Erkran-
kung verhindern oder verlangsamen
soll. Besonders deutlich lässt sich das
Dilemma an der Frage der Primärprä-
vention der koronaren Herzkrankheit
aufzeigen. Soll man etwa Patienten mit
einer bedeutsamen Fettstoffwechsel-
störung medikamentös behandeln,
auch wenn eine Herz-Kreislauf-Er-
krankung noch nicht aufgetreten ist?
Ist dies gerechtfertigt, auch wenn die
zur Verfügung stehenden Medikamen-
te mit nicht unbeträchtlichen Neben-
wirkungen bei einer chronischen An-
wendung behaftet sind?
Zu Prävention gehört im weitesten
Sinne auch die Gesundheitserziehung,
etwa in den Schulen.
Man sieht, Prävention ist ein weites
Feld mit sehr vielen Fragezeichen. Der
Ärztetag wird darüber beraten. Man
darf gespannt sein, was die Delegier-
ten beschließen.
Prävention – ein Allheilmittel?
Prävention ist das Top-
Thema des diesjährigen
Deutschen Ärztetages. Auf
die Ergebnisse darf man ge-
spannt sein. Denn je nach
Perspektive – Patienten.
Ärzte, Kassen – fällt das
Fazit zur Prävention sehr
verschieden aus.
Von Dr. Hans-Friedrich Spies
Belegte Vorsorgemaßnahme: Studien deuten an, dass durch Koloskopien seit 2002 weniger Menschen an Darmkrebs neu erkranken.
© HANNES MAGERSTAEDT/FELIX BURDA STIFTUNG
Mit einer ärztlichen
Präventionsemp-
fehlung kann eine
bessere Verzah-
nung ärztlicher
Prävention mit der
anderer Berufs-
gruppen bewirkt
werden. Eine völlige
Überlassung der
Primärprävention
an die Krankenkas-
sen wird abgelehnt.
Stellungnahme des BÄK-Vorstands
zum Antrag über ein Präventionsge-
setz auf dem Deutschen Ärztetag
2013
Die scharfe Grenze zwischen statio-
närer und ambulanter Versorgung
in Deutschland ist nur noch ord-
nungspolitisch Wirklichkeit. In der
Versorgungsrealität wird sie immer
mehr abgeschafft.
Ob jemand ambulant oder stati-
onär behandelt wird, hängt an der
Versorgungsgrenze ambulant/statio-
när mehr vom Zustand des Patien-
ten und weniger vom Eingriff oder
der Erkrankung ab. Insofern hat
sich bereits jetzt eine effektive Zu-
sammenarbeit zwischen ambulan-
ten und stationären Strukturen ins-
besondere im spezialfachärztlichen
Bereich entwickelt, die dieser Ver-
sorgungsrealität immer mehr Rech-
nung trägt.
Diese Entwicklung hat auch die
Politik erkannt und mit der Neufas-
sung des Paragrafen 116b SGB V
einen neuen Aufschlag zu einer
ordnungspolitischen Neuorientie-
rung gemacht. Die Selbstverwal-
tung in Form des Gemeinsamen
Bundesausschusses wurde vom Ge-
setzgeber mit der Umsetzung dieser
Vorgaben beauftragt. Krankenhäu-
ser und niedergelassene Fachärzte
sollen in einer ambulanten spezial-
fachärztlichen Versorgung (ASV)
zusammenarbeiten.
Wird man im Gemeinsamen
Bundesausschuss dem Auftrag ge-
recht? Anstatt die Chance wahrzu-
nehmen und innovative Lösungen
zu suchen, macht man weiter die
systemimmanenten Fehler. Mit der
sattsam bekannten Regulierungs-
wut der Bänke werden überbüro-
kratisierte Regelungen geschaffen,
die die guten Ansätze des neuen
Paragrafen 116b ersticken.
Ein neues Krankenhausgesetz
steht an. Die Bundesregierung hat
auf diesem Feld zwei Möglichkei-
ten. Sie macht eigene Vorgaben
und entmündigt die Selbstverwal-
tung, um die ASV zu retten, oder
sie gibt auf, indem sie einfach die
Krankenhäuser für mehr ambulante
Leistungen auch ohne einen Para-
grafen 116b öffnet.
Das Nachsehen hätten eindeutig
die Vertragsärzte aber auch Patien-
ten, weil die organisatorischen
Mängel in den Krankenhäusern
dann auch noch in der ambulanten
Versorgung ankämen. Rettet die
ASV!
Rettet die
ASV!
DER CHEFREDAKTEUR MEINT
Schreiben Sie dem Autor unter:
Von Dr. Hans-Friedrich
Spies
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