BDI aktuell 01_2016 - page 9

BÄK wird zur Zeit vehement bestrit­
ten, dass es bei der Novellierung zu sol­
chen Begrenzungen kommen wird.
Was bedeutet es aber anderes als eine
Ausgabenbegrenzung, wenn im ersten
Jahr der GOÄ­Einführung die Ausga­
ben insgesamt erfasst werden und nach
drei Jahren überprüft wird, ob sich der
Anstieg im vorher festgesetzten Rah­
men bewegt hat, ggf. mit nachfolgen­
den Bewertungskorrekturen?
Eine Reform der GOÄ wäre auch
denkbar, wenn man Legenden und Be­
wertungen auf einen zeitgemäßen
Stand bringt und den Paragrafenteil
nicht ändert. Mit der GeKo hat man ei­
ne Selbstverwaltungslösung mit der
Konsequenz der Annäherung von PKV
und GKV eingeführt. Will man dies
politisch? Dies ist die erste Frage, die
der Sonderärztetag zur GOÄ zu beant­
worten hat. Viel wichtiger ist es aber,
dass die novellierte GOÄ in Form der
GeKo die Axt an die Freiberuflichkeit
des Arztes legt. Dies betrifft nicht nur
den Arzt, sondern vor allem auch den
Patienten mit seinem Recht auf ein
ungestörtes Arzt­Patienten­Verhältnis.
lichkeit an die Kette legt
Quelle: Hans Martin Hoffmeister
Grafik: BDI aktuell
25 Euro
pauschaler Abzug für
Klinikärzte nach §6 GOÄ
Beispielrechnung: 100 Euro
Rechnungsbetrag lt. GOÄ
20 Euro
Kostenerstattung
an Klinik
20 Euro
Vorteilserstattung
an Klinikträger
10 Euro
Abgabe für Mitarbeiter
und Abrechnungsstelle
25 Euro
Nettohonorar für Arzt
Was bleibt Klinikärzten
von Privatleistungen?
Nach heftiger Kritik an der GOÄ­No­
velle war es am Dienstag, den 24. No­
vember 2015, so weit. Die Bundesärz­
tekammer (BÄK) stellte in einer eilig
einberufenen Veranstaltung zur Infor­
mation der Verbände Grundzüge der
bereits verhandelten „GOÄneu“ vor.
Hier ging es in erster Linie um kurso­
rische Informationen über den Para­
grafenteil, Legenden bzw. Leistungen
und Prozeduren mit entsprechenden
Eurobewertungen wurden in dieser
Veranstaltung nicht thematisiert.
Während die bekannten Aspekte
der GKV­Annäherung sowohl für den
niedergelassenen wie den klinischen
Bereich relevant sind, gibt es spezifi­
sche Punkte, welche nur für liquidati­
onsberechtigte Klinikärzte von Bedeu­
tung sind und deren privatärztliche
Tätigkeit in Zukunft gefährden könn­
ten. Trotz beschwichtigender Kom­
mentierung der Bundesärztekammer,
bei kritischer Interpretation der 2013
geschlossenen Rahmenvereinbarung
zwischen BÄK und PKV­Verband zei­
gen sich jetzt entsprechende Befürch­
tungen für die freie ärztliche Tätigkeit
im klinischen Bereich im Rahmen der
Behandlung sogenannter Privatpatien­
ten als berechtigt: Anders als vorab
postuliert, konnte auch in den vorge­
stellten Foliensätzen der BÄK eine
ausreichende Finanzierung der privat­
ärztlichen Tätigkeit nach GOÄ in der
Klinik nicht festgestellt werden!
Deutliche Schieflage beim Honorar
Vielmehr besteht die Problematik,
dass in Abhängigkeit von der nach wie
vor noch offenen – und im Gegensatz
zu früheren Stellungnahmen der Ver­
handlungsführer keineswegs gesichert
festgeschriebenen – Höhe der Minde­
rung der GOÄ­Rechnung von im
Krankenhaus tätigen liquidationsbe­
rechtigten Ärzten eine massive Hono­
rierungsschräglage zwischen Auswir­
kungen der „GOÄneu“, dem Kran­
kenhausentgeldgesetz und der Bun­
despflegesatzverordnung entsteht.
Diese Problematik sei an einem Re­
chenbeispiel erläutert: Derzeit wird
nach Paragraf 6a, Abs. 1 GOÄ die
Rechnung des Krankenhausarztes vor­
ab pauschal um 25 Prozent gemindert.
Anschließend erfolgt eine auf die ur­
sprünglichen 100 Prozent bezogene
20­prozentige (bzw. bei technischen
Leistungen 40­prozentige) Kostener­
stattung des Arztes an den Kranken­
hausträger (nach Krankenhausentgeld­
gesetz, KH­EntgG). Von dem verblei­
benden Arzthonorar wird dann ein in­
dividuell vertraglich festgelegter Vor­
teilsausgleich an den Krankenhausträ­
ger abgeführt, z.B. 20 Prozent. Von
der verbleibenden Summe wird nun
noch der Mitarbeiteranteil abgeführt
bzw. auch noch die Gebühr für die
entsprechende Abrechnungsstelle.
Dies sei an zwei Rechenbeispielen
mit konkreten Eurobeträgen, getrennt
für nicht technische (z.B. Gesprächs­
leistungen) und technische Leistungen
(z.B. Angiographie mit Intervention)
erläutert: Ausgehend von einem fikti­
ven Betrag laut GOÄ von 100 Euro ist
die Rechnung zunächst um 25 Prozent
auf einen Rechnungsbetrag von 75
Euro zu mindern. Von diesen 75 Euro
werden 20 Euro an das Krankenhaus
nach KH­EntgG abgezogen (nicht
technische Leistung). Von den resul­
tierenden 55 Euro werden weitere 20
Euro als Vorteilsausgleich an den
Krankenhausträger gezahlt. Es stehen
somit 35 Euro für die Bezahlung von
Mitarbeitern (sogenannte Poolabga­
ben) und für die Gebühr der Abrech­
nungsstelle zur Verfügung. Der restli­
che Betrag (z.B. 25 Euro) verbleibt als
Nettohonorar des liquidationsberech­
tigten Arztes vor Steuern.
Im Falle einer sogenannten techni­
schen Leistung sind von den gemin­
derten 75 Euro nicht 20 Euro, son­
dern 40 Euro abzuführen, sodass sich
der Endbetrag ebenfalls um 20 Euro
mindert. Da derartige technische Leis­
tungen häufig vom liquidationsberech­
tigten Arzt alleine durchgeführt wer­
den, ist möglicherweise die Mitarbei­
terbeteiligung geringer, daher kann
von einer Endsumme von etwa 10 Eu­
ro ausgegangen werden.
BÄK weckt Begehrlichkeiten der PKV
Die Endsummen von 25 bzw. 10 Euro
lassen erkennen, dass schon bei einer
Erhöhung der Minderung der GOÄ­
Rechnung um 35 Prozent statt bisher
um 25 Prozent kein
effektives Arzthono­
rar mehr zur Verfü­
gung steht. – Sofern
die Abgaben nach
dem Krankenhaus­
entgeldgesetz nicht
entsprechend ver­
mindert werden. Genau dies ist aber
der Folie Nr. 32 aus der Vorstellung
der BÄK ausdrücklich nicht zu ent­
nehmen: Vielmehr sei der Arbeitsstand
zwischen BÄK und PKV­Verband die
„Prüfung der Abschläge für stationäre
Leistung ohne sonstige Anpassungen
der Regelung zur Honorarminderung
bei stationärer Behandlung nach Para­
graf 6a GOÄ“. Für die liquidationsbe­
rechtigen Ärzte am Krankenhaus be­
deutet dies, dass bei Überschreiten der
25­Prozent­Grenze ohne entsprechen­
de Anpassungen der Abgaberegelung
bei einem Teil der auch anspruchsvol­
len technischen Leistungen (z.B. Ge­
fäßinterventionen) kein ärztliches Ho­
norar mehr erzielt werden kann.
Es wäre vermessen, zu glauben,
dass in Zeiten finanziell gefährdeter
Krankenhäuser seitens der Kranken­
hausträger und ihrer Verbände (DKG)
hier auf Abgaben verzichtet wird, um
Fehlentwicklungen der „GOÄneu“ zu
korrigieren. Vielmehr hat die Bundes­
ärztekammer durch ihre Strategie der
Aufteilung der Gebührenpositionen in
einen ärztlichen und in einen techni­
schen Teil bei der PKV insofern Be­
gehrlichkeiten geweckt, als dort der
Eindruck entsteht, dass der technische
Teil der GOÄ ja schon durch die
DRGs bezahlt sei.
Dies war auch bei der bisherigen
GOÄ nie der Fall. Vielmehr war diese
Strategie wohl ursprünglich zur wirt­
schaftlichen Begründung des robusten
„Einfachsatzes“ gedacht, entpuppt
sich im Krankenhaussektor aber auf­
grund der auf der bisherigen GOÄ ba­
sierenden Abgabestruktur der Chef­
ärzte als Eigentor und möglichen To­
desstoß für die privatärztliche Liquida­
tion im Krankenhaus. Hier leistet die
BÄK den Vorstellungen Vorschub,
dass die Privatliquidation im Kranken­
haus zugunsten eines Festgehaltes ab­
geschafft werden soll: Damit ist auch
die Ausübung des freien Berufes als
Arzt im Krankenhaus infrage gestellt.
In großer Scheinheiligkeit versendet
dann das Krankenhaus aber an den
Patienten „im Auftrage“ seines jeweili­
gen Arztes Rechnungen. Welche den
Eindruck einer persönlichen Rech­
nungsstellung durch den jeweiligen li­
quidationsberechtigten Arzt erwecken
soll, – trotz über Festgehaltsregelungen
und fehlender persönlicher Liquidati­
on faktisch schon abgeschaffter per­
sönlicher Arzt­Patienten­Beziehung.
Weniger Arbeit für die Kostenträger
Dieser Entwicklung zu einer nicht per­
sönlichen Arzt­Patienten­Beziehung
auf der Basis eines Zweitarifkranken­
versicherungssystems leisten die neuen
Vorschläge zur GOÄ auch offensichtli­
chen Vorschub, wenn ausführlich über
eine ganze Folie Vorschriften zur Ma­
schinenlesbarkeit und Formulartreue
der Rechnungen festgeschrieben wer­
den. – Zur Erleichterung der Bearbei­
tung bei einem Kostenträger. Die Vor­
stellung eines freien, nicht komplett
geregelten Arzt­Patienten­Verhältnis­
ses und seiner Gebührentaxe als der
eines freien Berufes kommt in diesem
Zusammenhang überhaupt nicht mehr
vor. Von dieser Gefahr für die Kran­
kenhausärzte hatten bereits der BDI,
der BDC und der VLK in einer ge­
meinsamen Stellungnahme im Januar
2014 hingewiesen.
Einigkeit ist gefragt
Diesen nachteiligen Paradigmenwech­
sel, mit einer Gefährdung der privat­
ärztlichen Tätigkeit im Krankenhaus­
sektor und der GKV­Annäherung im
niedergelassenen Bereich, überwiegen
erheblich die von der Ärzteschaft ur­
sprünglich gewünschten Verbesserun­
gen im Bereich von Detailrechtssicher­
heit und Situationsanpassung. Es
bleibt nur zu hoffen, dass die Ärzte­
schaft aller Sektionen insgesamt sich
solidarisch bei der Überprüfung der
„GOÄneu“ gegen die massive Ver­
schlechterung der Liquidationssituati­
on großer Arztgruppen einsetzen wird
und die Verhandlungsergebnisse auch
dahingehend überprüft, dass nicht nur
für zwei Jahre geltende Beschwichti­
gungsversuche festgeschrieben wer­
den.
Professor Hans Martin Hoffmeister ist Mit­
glied des Vorstandes des BDI, Sprecher
der Sektionen und Arbeitsgemeinschaften
und Vorsitzender der Sektion Kardiologie
im BDI. Zudem ist er im Vorstand der
Krankenhaus­Kardiologen (ALKK) aktiv.
Die privatärztliche Tätigkeit im
Krankenhaus ist in Gefahr
Die Patienten werden
sicherlich weiterhin „im
Auftrag“ eines jeweiligen
Arztes Rechnungen von
Kliniken erhalten. De facto
stellt die GOÄ­Novelle aber
auch die Ausübung des
freien Arztberufes im
Krankenhaus infrage.
Von Hans Martin Hoffmeister
Prozent vom Rechnungsbetrag
aus privatärztlicher Tätigkeit
gehen Klinikärzten schon heute
verloren.
75
arztzentrierten oder facharztzentrierten
Versorgungsverträgen befassen, durch­
aus denkbar. Stellt man nun einen Zu­
sammenhang zwischen Paragraf 11
und 11b her, gehört nicht viel Fantasie
dazu, dass in diesen Verträgen gegebe­
nenfalls auch Honorarbeträge unter­
halb der angeblich nicht unterschreit­
baren Gebührensätze verhandelt wer­
den könnten. Zwar lässt die BÄK ver­
lautbaren, sie habe in diesem Punkt
nachgebessert, da jedoch keinem Ver­
band die aktuellen Beratungsunterla­
gen und der Text der Vereinbarung zu­
gänglich gemacht werden, muss diese
Frage offen bleiben.
(TR)
Die Ausgaben für Leistungen in
der privaten Krankenversiche­
rung (PKV) sind 2014 schneller
gestiegen als die Prämieneinnah­
men. Das geht aus dem aktuellen
Zahlenbericht des PKV­Ver­
bands hervor. Die Versiche­
rungsleistungen inklusive der
Schadenregulierungsaufwendun­
gen stiegen demnach um 1,78
Prozent und lagen bei circa 24,8
Milliarden Euro. Die Beitrags­
einnahmen wuchsen dagegen
nur um 0,76 Prozent und betru­
gen etwa 36,3 Milliarden Euro.
Bei den Aufwendungen fiel
mit 10,7 Milliarden Euro der
größte Anteil auf ambulante
Leistungen. Im stationären Be­
reich sind die Ausgaben mit
rund 7,1 Milliarden Euro um
1,2 Prozent gestiegen.
Die Zahl der Vollversicherten
ging erneut zurück, und zwar um
0,6 Prozent auf 8,83 Millionen
Personen. Gleichzeitig erhöhte
sich die Zahl der Versicherten im
Notlagentarif um 22 Prozent auf
114400 Personen.
Auch die Zahl der im Basista­
rif versicherten Personen hat zu­
genommen.
(acg)
PKV­Ausgaben
steigen schneller als
Einnahmen
Berufspolitik
BDI aktuell
Januar 2016
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