Für die nächtliche Atemtherapie
mittels CPAP ist belegt, dass sie au
ßer den Symptomen der obstrukti
vem SchlafapnoeSyndrom (OSAS)
– wie Tageschläfrigkeit – auch den
Blutdruck reduziert. Weniger gut
untersucht ist die Blutdruckwir
kung von Unterkieferprotrusions
schienen, die alternativ zur CPAP
Maskenbeatmung verwendet wer
den, um das Kollabieren der oberen
Atemwege zu verhindern. Ärzte der
Universität Zürich haben die bei
den Verfahren daher mit Schein
oder Nichtbehandlung verglichen
(JAMA 2015; 314 22802293). In
ihrer NetzwerkMetaanalyse erwie
sen sich die beiden Therapien in
Bezug auf die blutdrucksenkende
Wirkung als vergleichbar.
Das Besondere an dieser Form
der Metaanalyse ist, dass zwei The
rapien A und B auch dann vergli
chen werden können, wenn sie nie
direkt gegeneinander getestet wur
den. Stattdessen stützt sich der Ver
gleich auf Studien, in denen jeweils
A oder B gegen dieselbe Strategie C
geprüft wurde.
Für die NetzwerkMetaanalyse
von CPAP und Protrusionsschiene
konnten die Ärzte 51 Studien mit
4888 Patienten heranziehen. Nur in
vier Studien waren Maskenbeat
mung und Schiene gegeneinander
angetreten. In 44 war eine Über
druckbeatmung und in drei eine
Schiene jeweils mit einer inaktiven
Therapie verglichen worden. So
wohl mit einer CPAPTherapie als
auch mit einer Protrusionsschiene
ging der systolische Blutdruck sig
nifikant zurück, und zwar um 2,5
und um 2,1 mmHg. Der diastoli
sche Druck sank um 2,0 vs. 1,9
mmHg. Die Differenzen zwischen
den beiden OSASTherapien waren
nicht signifikant.
Die Blutdrucksenkung unter der
Atemtherapie war umso ausgepräg
ter, je länger die Patienten nachts
die CPAPGeräte anwendeten. Pro
zusätzliche Stunde gingen der sys
tolische und der diastolische Druck
um 1,5 und 0,9 mmHg zurück. Ein
höherer Ausgangsblutdruck war
ebenfalls mit einer stärkeren
CPAPabhängigen Reduktion ver
bunden. Dagegen hatten weder
ApnoeHypopnoeIndex noch die
Art der inaktiven Vergleichstherapie
einen Einfluss auf die Blutdruck
wirkung unter CPAP.
(bs)
OSAS: Schiene
so wirksam
wie CPAP
Ob eine OSAS mit CPAP
Beatmung oder Protrusi
onsschiene behandelt
wird, ist hinsichtlich des
Blutdrucks unerheblich.
BLUTDRUCKSENKUNG
Die europäische Leitlinie zur pulmo
nalen Hypertonie (PH) ist ein Ge
meinschaftsprojekt der Europäischen
Gesellschaft für Kardiologie (ESC)
und der Europäischen Gesellschaft für
respiratorische Erkrankung (ERS).
Unterschieden werden wie bisher die
pulmonalarterielle Hypertonie (PAH),
die PH infolge von Herz beziehungs
weise Lungenerkrankungen, die chro
nisch thromboembolische PH
(CTEPH) sowie sonstige Formen der
PH mit unterschiedlichen Patho
mechanismen (Eur Heart J. 2015;
online 29. August).
Die meisten Neuerungen betreffen
Patienten mit der relativ seltenen
PAH. Hier sei der bisherige Therapie
algorithmus nach vielen neuen Stu
dien zu komplex geworden, sagte Pro
fessor Marius Hoeper, Medizinische
Hochschule Hannover, der die Neu
fassung bei der ESCTagung in Lon
don vorstellte. An den allgemeinen
Empfehlungen hat sich wenig geän
dert. So sollten alle Patienten gegen
Influenza und Pneumokokken geimpft
werden und ein moderates Trainings
programm absolvieren.
Bei der supportiven Therapie wur
de die Empfehlung zur Antikoagulati
on abgeschwächt. Eine Antikoagulati
on könne bei sporadischen und erbli
chen Formen der PAH zwar erwogen
werden. Echte Evidenz gebe es aber
nicht, der Evidenzgrad wurde von IIa
auf IIb heruntergestuft. Komplett aus
dem Rennen ist die Antikoagulation
bei der PAH infolge kongenitaler
Herzerkrankungen, Bindegewebs oder
Lebererkrankungen. Dafür findet erst
mals der Ausgleich von Anämie/Eisen
defizit Eingang in die Leitlinie (Evi
denzgrad IIb).
Kombitherapien werden die Regel
Bei der Behandlung jener Mehrheit
der PAHPatienten, bei denen der
Vasoreaktivitätstest negativ ausfällt
und daher keine Kalziumantagonisten
zum Einsatz kommen, wird jetzt nach
individuellem Risiko stratifiziert. Neu
ist, dass bereits bei niedrigem und
mittlerem Risiko (WHOKlassen II
und III) als Option die initiale orale
Kombinationstherapie genannt wird.
Bislang ist das typischerweise ein En
dothelinrezeptorantagonist (ERA) und
ein PDE5Hemmer. Bei hohem Risiko
(WHOKlasse IV) sollte sofort kombi
niert werden, und zwar unter Einbe
ziehung von intravenösen Prostacycli
nanaloga.
„In der Praxis machen wir und die
meisten Kollegen das schon länger so.
Aber jetzt ist es auch schriftlich festge
halten“, betonte Professor Georg
Hansmann, Medizinische Hochschule
Hannover, gegenüber dem Internet
portal Kardiologie.org. Hansmann ist
einer der deutschen Leitlinienautoren
mit Hintergrund Kinderkardiolo
gie/angeborene Herzfehler. Besonders
wichtig ist die frühe Kombinations
therapie nach seiner Einschätzung bei
jüngeren Patienten unter 40 Jahren:
„Hier verläuft die PAH oft besonders
aggressiv.“
Ein „deutsches“ Problem
Ein „deutsches“ Problem sei, dass die
i.v. ProstanoidTherapie von jüngeren
Patienten mit geringer Symptomatik,
aber hoher Aktivität anfangs oft abge
lehnt werde: „In diesem Fall und auch
dann, wenn Patienten mit niedrigem
oder mittlerem Risiko auf die Zwei
fachtherapie nicht adäquat anspre
chen, ist eine oralinhalative Triple
Therapie indiziert“, so Hansmann.
„Ziel dabei ist, die Patienten durch die
Therapie zu Patienten mit niedrigem
Risiko zu machen. Denn das ist prog
nostisch günstig.“ Zur Risikostratifi
zierung bietet die ESCRichtlinie eine
Tabelle an.
Im Gegensatz zur PAH ist eine PH
auf Basis einer Linksherzoder Lun
generkrankung häufig. Diese Formen
der PH verliefen oft milder, so Profes
sor JeanLuc Vachiery von Erasme
Hospital Brüssel auf der ESCTagung
in London. Entscheidend dabei sei die
optimale Behandlung der kardialen
Grunderkrankung. Auch Komorbidi
täten wie COPD oder Schlafapnoe
syndrom sollten erkannt und thera
piert werden, bevor die belastende in
vasive Differenzialdiagnostik der PH
gestartet wird.
Nicht empfohlen werden bei diesen
Patienten Vachiery zufolge all jene
Medikamente, die bei der PAH zuge
lassen sind. Hansmann ist da weniger
kategorisch. Dieser Punkt sei ziemlich
umstritten, betonte er.
CTEPH: Op kommt vor Medikament
An eine CTEPH muss unter anderem
bei Patienten gedacht werden, die eine
Lungenembolie überlebt haben und
die danach an Belastungsdyspnoe lei
den. Der entscheidende Schritt im dia
gnostischen Algorithmus ist hier noch
immer die VentilationsPerfusions
Szintigrafie. Erst wenn diese patholo
gisch ausfällt, sieht die Leitlinie die
(CT)PulmonalisAngiografie bezie
hungsweise den Rechtsherzkatheter
vor.
Der komplett neue Therapiealgo
rithmus für CTEPHPatienten stützt
sich auf drei Säulen. Eine lebenslange
Antikoagulation wird empfohlen. Da
nach sollte abgeklärt werden, ob den
Patienten mit einer pulmonalen En
darteriektomie chirurgisch geholfen
werden kann. Ist das nicht der Fall
oder hat die Chirurgie nicht den ge
wünschten Erfolg, kommt die spezifi
sche medikamentöse Therapie, etwa
mit Riociguat, zu ihrem Recht.
Nach sechs Jahren wurden
die europäischen Leitlinien
zur pulmonalen Hypertonie
von Grund auf überarbeitet.
Neu sind unter anderem die
Therapiealgorithmen für
die pulmonalarterielle Hyper
tonie und die chronisch
thromboembolische pulmo
nale Hypertonie.
PAH: Kombinationstherapien
rücken nach vorn
Von Philipp Grätzel von Grätz
Häufig beeinträchtigt Atemnot die Lebensqualität von Patienten mit pulmonalarterieller
Hypertonie (PAH).
© CGC
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Besonders wichtig
ist die frühe Kombi
nationstherapie bei
jüngeren Patienten
unter 40 Jahren.
Professor Georg Hansmann
Medizinische Hochschule Hannover
Da zwischen COPDExazerbationen
und bakterieller Besiedelung der
Atemwege in den stabilen Phasen ein
Zusammenhang vermutet wird, gibt es
die Hoffnung, durch längerfristige An
tibiotikatherapie die Häufigkeit von
Exazerbationen einzudämmen. Zu
mindest für Azithromycin und Eryth
romycin wird diese Annahme durch
Studien gestützt.
Eine Untersuchung des Imperial
College London, die den Nutzen von
Antibiotika in dieser Situation rando
misiert und placebokontrolliert über
prüft hat, weckt jedoch Zweifel an der
Theorie: Keines der getesteten Anti
biotika senkte die Bakterienkonzentra
tion im Sputum (Thorax 2015; 70:
930938). Einziger Effekt der Lang
zeittherapie war eine Zunahme der
entsprechenden Antibiotikaresisten
zen. Letzteres ist auch der Grund, wa
rum in der Leitlinie der GOLD Anti
biotika ausdrücklich nicht bei stabiler
COPD empfohlen werden, sondern
nur im Fall einer infektiösen Exazerba
tion oder eines anderen bakteriellen
Infektes.
An der britischen Studie waren 86
mittelschwer bis schwer erkrankte Pa
tienten mit stabiler COPD beteiligt.
Sie hatten 13 Wochen lang Moxifloxa
cin (400 mg/d für 5 Tage alle 4 Wo
chen), Doxycyclin (100 mg/d), Azi
thromycin (3 x wöchentlich 250 mg)
oder Placebo erhalten. Primärer Studi
enendpunkt war die Veränderung der
Bakterienzahlen in Sputumkulturen.
Der größte Effekt im Vergleich zu
Placebo wurde mit Moxifloxacin er
zielt: ein Rückgang um 0,32 log10
cfu/ml, entsprechend einer 62prozen
tigen Reduktion. Der Unterschied zu
Placebo war allerdings ebenso wenig
signifikant wie bei den zwei anderen
Antibiotika. Auch mit Hilfe einer
quantitativen PCR auf Basis der bak
teriellen 16SrRNA ließ sich kein signi
fikanter Vorteil irgendeiner Antibioti
katherapie feststellen. Entzündungs
parameter, Lungenfunktion und
Gesundheitszustand wurden durch die
antibiotische Therapie ebenfalls nicht
signifikant verbessert.
Mit allen drei Antibiotika kam es zu
einer messbaren Zunahme von resis
tenten Bakterienisolaten. Die mittleren
Hemmkonzentrationen erhöhten sich
gegenüber der Placebotherapie min
destens um das Dreifache. Die meis
ten Nebenwirkungen, überwiegend
leichter Natur, wurden unter Moxiflo
xacin registriert.
(bs)
Eine AntibiotikaTherapie
bei COPD erhöht die Resis
tenzrate, ohne die Keimlast
signifikant zu mindern.
COPD: DauerAntibiose senkt nicht die Keimlast
12
Januar 2016
BDI aktuell
Medizin