Das Nichtkleinzellige Bronchial
karzinom (NSCLC), macht sich
vermutlich einen Schutzmechanis
mus aus der Schwangerschaft zu
nutze. Zu Beginn der Schwanger
schaft schützt das Protein Glyco
delin den Embryo vor Abstoßung.
Das NSCLC sowie seine Metasta
sen schütten ebenfalls Glycodelin
aus und unterdrücken so wohl in
unmittelbarer Umgebung Abwehr
reaktionen des Immunsystems, teilt
die Uniklinik Heidelberg mit (Clin
Cancer Res. 2015 Aug 1;21(15):
352940). „Die Konzentration von
Glycodelin im Blut korrelierte sehr
gut mit dem Therapieansprechen
oder dem Fortschreiten der Erkran
kung“, wird Erstautor Dr. Marc
Schneider zitiert.
(eb)
Glycodelin
schützt Embryo
und Tumor
NSCLC
Die Chemoimmuntherapie mit Flu
darabin, Cyclophosphamid plus Ritu
ximab gilt als Standardtherapie bei
neudiagnostizierten CLLPatienten.
Langzeitergebnisse mit dieser Drei
fachkombination im Vergleich zur
Chemotherapie standen noch aus.
Diese wurden jetzt anhand einer aktu
ellen Auswertung der CLL8Studie
nach einem Protokoll der deutschen
CLLStudiengruppe veröffentlicht
(Blood 2015, online 20. Oktober).
An der prospektiven randomisierten
PhaseIIIStudie hatten 817 CLLPa
tienten in körperlich guter Verfassung
teilgenommen, die noch keine Thera
pie erhalten hatten. Primärer End
punkt war das progressionsfreie Über
leben (PFS). Die Patienten erhielten
in der ChemotherapieGruppe Fludar
abin plus Cyclophosphamid. In der
ChemoimmuntherapieGruppe wurde
zusätzlich zur Chemotherapie noch
Rituximab verabreicht. Eine antivirale
Prophylaxe oder die prophylaktische
Gabe von GCSF wurde nicht emp
fohlen. Bei längerer schwerer Neutrop
enie ( 7 Tage) wurde die Prophylaxe
einer PneumocystisPneumonie emp
fohlen.
Nach medianem Followup von 5,9
Jahren wurde in der Gruppe mit Che
moimmuntherapie ein PFS von 56,8
Monaten, in der Gruppe ohne Rituxi
mab von 32,9 Monaten erreicht. In
der ChemoimmuntherapieGruppe
wurde der Wert für das Gesamtüberle
ben (OS) noch nicht erreicht, in der
Vergleichsgruppe lag er bei 86,0 Mo
naten. In beiden Gruppen erwiesen
sich Mutationen der IGHVGene als
prognostisch günstig für PFS und Ge
samtüberleben. Der Patientenanteil
mit verlängerter Neutropeniedauer im
ersten Jahr nach Behandlungsende war
unter Chemoimmuntherapie signifi
kant größer (16,6 vs. 8,8 Prozent) als
unter alleiniger Chemotherapie.
(ple)
Fitte, unbehandelte Patien
ten mit CLL profitieren
mehr von der Chemo
immuntherapie als von
einer Chemotherapie allein.
CLL: Erfolg mit Chemoimmuntherapie
Es ist noch nicht lange her, da kannte
man Hochrisikogene nur bei fünf Pro
zent der Krebserkrankungen. Das hat
sich verändert! Es wird von einer Erb
lichkeit bei etwa 20 bis 30 Prozent der
Krebsfälle ausgegangen. Diese Zusam
menhänge näher zu definieren, um
dann risikoadaptierte Präventionskon
zepte umzusetzen, ist die Aufgabe der
nächsten Jahre.
Zugleich muss dringlich der Ausbil
dungsstand der Ärzteschaft in Bezug
auf genetische Zusammenhänge und
deren Bedeutung für die Prävention
angehoben werden. Das jedenfalls for
dert Professor Rita Schmutzler vom
Zentrum für familiären Brustund
Eierstockkrebs an der Uniklinik Köln.
Schmutzler konstatierte bei einem
Workshop am Deutschen Krebsfor
schungszentrum in Heidelberg eine
„Vielzahl von Unzulänglichkeiten und
Erkenntnisrückständen“, wenn es um
die klinische Implementierung der
Entwicklungen auf dem Gebiet der
HochdurchsatzGenomanalytik gehe.
Familienanamnese zu selten erhoben
Dr. Christa Maar vom Vorstand der
Felix Burda Stiftung und Präsidentin
des Vereins „Netzwerk gegen Darm
krebs“ wies darauf hin, dass Familien
anamnesen von DarmkrebsPatienten
regelhaft nicht erhoben würden. Und
dass, obwohl 25 bis 30 Prozent aller
Darmkrebserkrankungen auf ein fami
liäres Risiko zurückzuführen seien.
Darmkrebs ist ein gutes Beispiel,
weil für betroffene Familien bereits
vieles bekannt ist. So gibt es im US
Bundesstaat Utah eine populationsba
sierte Datenbank, in die per Gesetz
verpflichtend jede Krebserkrankung
eingepflegt werden muss. Aus diesem
riesigen Datenschatz lässt sich ablei
ten, dass etwa fünf Prozent der Darm
krebspatienten ein monogenetisches
Syndrom wie die familiäre adenomatö
se Polypose (FAP) oder ein Lynch
Syndrom haben, was mit einem 70
bis 100prozentigen Darmkrebsrisiko
einhergeht. Etwa 25 Prozent der Er
krankungen sind auf ein familiär er
höhtes Risiko zurückzuführen. Erst
gradige Verwandte von Darmkrebspa
tienten haben demnach ein etwa dop
pelt so hohes Darmkrebsrisiko als im
Bevölkerungsdurchschnitt, auch für
zweitgradige Verwandte ist das Risiko
noch um das 1,3fache erhöht, erklärte
in Heidelberg Professor Jewel Samad
der vom Huntsman Cancer Institute
der Universität Utah. Besonders ge
fährdet seien Verwandte von Patienten,
die im Alter von unter 40 Jahren er
krankt sind, so aktuelle Daten (Clin
Gastro Hepatol 2015; 13: 2305).
Verwandte von DarmkrebsPatien
ten benötigen also ein früheres Darm
krebsScreening als bislang empfohlen.
Liegt gar eine monogenetische Erkran
kung wie ein FAP oder ein Lynch
Syndrom vor, werden in Utah bereits
ab dem 12. Lebensjahr alle ein bis
zwei Jahre Koloskopien vorgenommen
sowie chemopräventive oder chirurgi
sche Maßnahmen ergriffen. Allerdings
ist selbst in Familien mit monogene
tisch bedingtem Risiko die Complian
ce hinsichtlich der Koloskopien
schlecht, so die Erfahrungen in Utah.
Womöglich wird man künftig auf ele
gantere Methoden – zumindest ergän
zend – zurückgreifen können. Denn:
„Molekulare und pathologische Merk
male von Patienten mit kolorektalen
Karzinomen können genutzt werden,
um Risiken von Verwandten zu identi
fizieren“, sagte Dr. Polly Newcomb
vom Fred Hutchinson Cancer Re
search Center in Seattle im USStaat
Washington.
Neue Klasse von Risikogenen
Sie und ihre Mitarbeiter haben bei
4800 IndexPatienten knapp 33500
Verwandte ersten Grades identifiziert,
von denen 1400 tatsächlich ein kolo
rektales Karzinom hatten (Gut 2015;
64:101). Diese Studie bestätigt die
Daten aus Utah in Bezug auf das Risi
ko von Verwandten. Und es wurde ei
ne GenKlasse identifiziert, die für die
Reparatur von DNASchäden eine
Rolle spielt, und die künftig ein Faktor
bei der Identifizierung von Menschen
mit erhöhten Krebsrisiko sein könnte,
so genannte Mismatch Repair Gene.
Bei deren Inaktivierung kann es zu po
tenziell kanzerogenen genetischen Al
terationen kommen. Unabhängig da
von hat bereits im Jahre 2014 ein in
ternationales Konsortium vier moleku
lare Subtypen kolorektaler Karzinome
definiert, die zudem eine bessere klini
sche Stratifikation für Therapieent
scheidungen ermöglichen soll.
Für die breite Implementierung
neuer Erkenntnisse in die klinische
Praxis bedarf es unter anderem struk
turierter Fortbildungen in der Ärzte
schaft, Gentests müssen außerhalb
kommerzieller Interessen evidenzba
siert angeboten und in ein Beratungs
konzept eingebettet werden.
Die Prävention von Krebs
erkrankungen muss auf
eine neue Qualitätsebene
gehoben werden. Denn rund
ein Drittel der Krebsfälle
insgesamt, so jüngste
Annahmen von Experten,
haben erbliche Ursachen.
Erbliches Krebsrisiko mehr in
den Fokus rücken
Von Thomas Meißner
Darmpolypen als Krebsvorstufe: Jede vierte Erkrankung ist erblich bedingt.
© PSDESIGN1 / FOTOLIA.COM
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Molekulare und
pathologische
Merkmale von
Patienten mit
kolorektalen
Karzinomen
können genutzt
werden, um Risiken
von Verwandten zu
identifizieren.
Dr. Polly Newcomb
Fred Hutchinson Cancer Research
Center, Seattle
10
BDI aktuell
Januar 2016
Medizin
Lebermetastasen von Patienten mit
KolonCa streuen intakte Tumor
zellen in die Blutbahn. Das könnte
zu weiteren Metastasen führen. Zu
diesen Erkenntnissen kommt ein
Team von Forschern am Dresdener
Uniklinikum (Ann Surg 2015; on
line 22. Oktober). Die Größe der
durch ein KolonCa gebildeten Le
bermetastase sei dabei entschei
dend für das Risiko, ob von dieser
Metastase Tumorzellen in die Blut
bahn gestreut werden. Das spreche
für eine engmaschige postoperative
Überwachung und gegebenenfalls
eine postoperative Chemotherapie
bei Patienten, denen große Metas
tasen chirurgisch entfernt wurden.
Die Studie, für die bei über 100
Patienten zirkulierende Tumorzel
len in unterschiedlichen Blutkom
partimenten intraoperativ unter
sucht wurden, fand in Kooperation
mit Heidelberger Kollegen der Kli
nischen Forschergruppe KFO 227
statt, teilt die Uniklinik Dresden
mit.
Durch Blutentnahmen während
der Operation konnten die Ärzte in
ihrer Studie die Anzahl von frei zir
kulierenden Tumorzellen vor und
nach dem Durchfluss der Leber in
Pfortader und Lebervene ermitteln.
So konnten sie aufzeigen, dass die
Lebermetastasen selbst intakte Tu
morzellen freisetzen, die ihrerseits
auch Fähigkeiten einer metastasie
renden Tumorzelle besitzen, und
somit möglicherweise zur weiteren
Metastasierung des ursprünglichen
Tumors beitragen können. Dabei
sollen die Forscher auch einen Zu
sammenhang zwischen der Größe
der Metastasen und dem Nachweis
freigesetzter Tumorzellen entdeckt
haben.
(eb)
KOLONKARZINOM
Metastasen in
der Leber setzen
Krebszellen frei
Die Größe der von einem
KolonCa gebildeten
Lebermetastase bestimmt
wohl das Risiko, ob von
dieser Metastase Tumor
zellen gestreut werden.