Die Ergebnisse der SPRINTStudie
sind ohne Zweifel richtungsweisend
für das künftige Management bei Pati
enten mit Bluthochdruck. Dafür, dass
eine striktere Blutdrucksenkung mehr
kardiovaskuläre Ereignisse inklusive
Todesfälle verhindert als eine modera
tere Behandlungsweise, liefert die
Studie einen Beleg. Patienten mit Hy
pertonie und weiteren kardiovaskulä
ren Risikofaktoren, bei denen im
Schnitt ein systolischer Wert von
121,4 mmHg erreicht wurde, profitier
ten von einer signifikanten Reduktion
der Gesamtmortalität um 27 Prozent
und einer Abnahme des Herzinsuffizi
enzRisikos um 38 Prozent – jeweils
im Vergleich zu Patienten, bei denen
mit einer antihypertensiven Standard
therapie eine Senkung auf 136,2
mmHg erzielt worden war.
Das wird unweigerlich zu Modifi
zierungen der Leitlinien führen. Doch
wie am Ende die SPRINTErgebnisse
in konkrete Handlungsempfehlungen
für die antihypertensive Therapie
transformiert werden, ist derzeit un
klar. Sicher ist, dass es keinen allen
Hypertonikern übergestülpten Univer
salBlutdruckzielwert von 120 mmHg
systolisch geben wird. In SPRINT war
dieser Wert im Übrigen ein anzustre
bendes Ziel, aber kein Qualitätskriteri
um für die Therapie: Selbst im
Studienarm mit intensiver Blutdruck
senkung wurden Werte unter 120
mmHg bei mehr als der Hälfte aller
Patienten nicht erreicht.
Bedeutung für die tägliche Praxis
Um die Bedeutung der Studie für die
tägliche Praxis ermessen zu können,
müssen vor allem zwei Fragen beant
wortet werden:
In welchem Maß sind die Ergebnis
se auf die große und sehr heterogene
Population der Menschen mit Blut
hochdruck übertragbar?
Wie sicher ist eine intensivere Blut
drucksenkung im normalen Praxisall
tag umsetzbar, ohne dass ihr unter
streng kontrollierten Studienbedin
gungen erzielter Nutzen durch eine
gleichzeitige Zunahme von klinischen
Komplikationen geschmälert oder
gar zunichtegemacht wird?
Den SPRINTEinschlusskriterien
ist unschwer zu entnehmen, dass die
Studie auf Hypertoniker mit hohem
kardiovaskulärem Risiko fokussiert
war. Damit scheint die Zielgruppe für
eine intensivere Blutdrucksenkung klar
umrissen zu sein. Dennoch dürften
künftige LeitlinienKomitees schon an
dieser Stelle ins Grübeln kommen.
Diabetiker, die einem beim Stichwort
Hochrisikopatient sofort einfallen, wa
ren von der Studie ausgeschlossen.
Klar, die ACCORDStudie, die bezüg
lich der Blutdrucksenkung ähnlich an
gelegt war wie SPRINT, hatte zuvor
bei hypertonen Diabetikern keinen
Vorteil einer intensiveren Blutdruck
senkung nachweisen können. Doch
schon wird diskutiert, wie stichhaltig
die Daten dieser deutlich kleineren
Studie angesichts statistischer Limitie
rungen für sich genommen eigentlich
sind und ob im Licht der SPRINT
Daten nicht doch über eine Extrapola
tion ihrer Ergebnisse auch auf Diabeti
ker nachgedacht werden müsse.
Preis intensiverer Blutdrucksenkung
Die stärkere Senkung des Blutdrucks
hatte auch ihren Preis. Zum einen war
in SPRINT nicht überraschend eine
Zunahme unerwünschter Effekte wie
Hypotonien, Synkopen und Elektrolyt
störungen zu verzeichnen – und das
bei einer im Vergleich zum normalen
Praxisalltag engmaschigeren Kontrolle
und Überwachung der Patienten. Ob
etwa die beobachtete Zunahme renaler
Komplikation wie akute Nierenschädi
gung oder Nierenversagen langfristig
ungünstige Folgen hat oder nicht, lässt
sich aufgrund der relativ kurzen Dauer
der vorzeitig beendeten Studie nicht
beurteilen. Insgesamt überwog jedoch
der Nutzen der Behandlung.
Zum anderen hatten die Patienten
eine vermehrte „Last“ zu tragen: im
Schnitt drei Tabletten pro Tag allein
zur Blutdrucksenkung statt zwei wie
bei antihypertensiver Standardthera
pie. Auch hier dürften die Studienbe
dingungen für einen besonderen Grad
an Motivation zur Therapiebefolgung
gesorgt haben. Die Studienautoren be
tonen zwar, dass es nur eines zusätzli
chen Blutdrucksenkers bedurfte, um
die Mortalität deutlich zu verringern.
Doch am Ende ist es immer der Pati
ent, der ihn auch täglich schlucken
muss. Da wird es in der Praxis künftig
noch stärker darauf ankommen, im
Gespräch mit dem Patienten heraus
zufinden, ob Einsicht und Wille vor
handen sind, ein noch komplexeres
Therapieregime zu schultern.
Auch ist zu bedenken, welche Sorg
falt in SPRINT auf die Blutdruckmes
sung verwendet wurde. Gemessen
wurde erst, nachdem die Patienten
fünf Minuten ruhig und entspannt ge
sessen hatten, dann erfolgten drei
Messungen, aus denen der Durch
schnittsblutdruckwert errechnet wurde
– und das alles automatisiert. In der
Hektik des normalen Praxisalltags
dürften die Messungen gewöhnlich
anders aussehen. Dann besteht jedoch
die Gefahr, dass die Höhe des Blut
drucks überschätzt und therapeutisch
mehr als nötig unternommen wird.
Schließlich ist daran zu erinnern,
dass noch längst nicht alle SPRINT
Ergebnisse – so etwa jene zum Einfluss
auf die kognitive Funktion im Allge
meinen und bei älteren Patienten im
Besonderen – bekannt sind.
Es gibt also gute Gründe, nicht
gleich morgen den SPRINTErgebnis
sen therapeutische Taten folgen zu las
sen. Für den SPRINT in eine neue
Ära der Bluthochdrucktherapie sollte
man sich besser Zeit nehmen.
Die jüngst vorgestellte
SPRINTStudie belegt eine
deutlich stärkere Reduktion
der Mortalität durch inten
sivere Blutdrucksenkung
mit 120 mmHg systolisch
als Zielwert. Ist es an der
Zeit, die antihypertensive
Therapie umzukrempeln?
SPRINT in eine neue Ära der
antihypertensiven Therapie?
Von Peter Overbeck
Hypertonie: Die SPRINTStudie setzt neue Maßstäbe.
© GETTY IMAGES /ISTOCKPHOTO
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27%
um so viel sank
in der SPRINT
Studie die Gesamtmortalität von
Patienten mit Hypertonie und
weiteren kardiovaskulären Risiko
faktoren, bei denen ein systolischer
Wert von 121,4 mmHg erreicht
wurde.
Immer weniger Menschen weltweit er
kranken und sterben an Malaria. Ein
Großteil der betroffenen Länder habe
die Zahl der Neuerkrankungen zwi
schen 2000 und 2015 um mindestens
die Hälfte senken können, teilte die
Weltgesundheitsorganisation (WHO)
mit. 18 von 106 betroffenen Ländern
haben demnach die Zahl der Neu
infektionen um mindestens 50 Prozent
gesenkt, in 57 Ländern waren es sogar
mindestens 75 Prozent. Für dieses
Jahr rechnet die WHO mit etwa 214
Millionen Neuinfektionen und unge
fähr 438000 Todesfällen weltweit.
„Seit Beginn dieses Jahrhunderts
haben Investitionen in Malariavorsor
ge und behandlung über sechs Millio
nen Todesfälle verhindert“, erklärte
WHOGeneraldirektorin Margaret
Chan zur Vorstellung des neuen Welt
MalariaReports. Demnach wurde das
Millenniumsziel erreicht, die Ausbrei
tung von Malaria bis 2015 weltweit zu
stoppen und den Trend umzukehren.
Dabei waren vor allem effektive und
günstige Mittel erfolgreich: So seien in
den letzten 15 Jahren fast eine Milliar
de mit Insektiziden behandelte Moski
tonetze in Afrika südlich der Sahara
verteilt worden, hieß es.
In der Region Afrika registrierte die
WHO in diesem Jahr 88 Prozent aller
Neuinfektionen und 90 Prozent der
Todesfälle. In vielen stark betroffenen
Ländern erschweren schlechte Ge
sundheitssysteme Fortschritte bei der
MalariaKontrolle.
Zudem gibt es neue Herausforde
rungen bei der Bekämpfung von Mala
ria. „In vielen Ländern wird der Fort
schritt durch die schnelle Entwicklung
und Ausbreitung von Resistenzen bei
Moskitos gegen Insektizide gefährdet“,
erklärte Pedro Alonso, Direktor des
WHOWeltmalariaprogramms. Auch
Resistenzen gegen Medikamente
könnten demnach die jüngsten Erfolge
gefährden.
(dpa)
Ein Großteil der von Malaria
betroffenen Länder konnte
die Zahl der Neuinfektionen
stark senken.
WHO: Kampf gegen Malaria erfolgreich
Lesetipp
Der „Lung clearance index“ (LCI)
ist die am häufigsten berichtete
Messgröße des MehratemzugGas
auswaschtests (MBW) und erfasst
als globaler Marker Verteilungsstö
rungen der Ventilation. In den letz
ten Jahren wurde gezeigt, dass sich
die LCIMessung bei Kindern mit
zystischer Fibrose (CF) zur Frühdia
gnostik und zum Monitoring einer
milden Lungenbeteiligung besser
eignet als die Spirometrie. Der LCI
wird bei CFPatienten mit normalem
FEV1 als Outcomeparameter für kli
nische Studien empfohlen. Der
Stellenwert der LCIMessung bei
anderen Erkrankungen ist nicht ge
sichert.
Es gibt Anhaltspunkte, dass der
LCI grundsätzlich zur Früherken
nung und/oder zum Monitoring von
Erkrankungen der kleinen Atemwe
ge geeignet ist. Dazu ist eine Kom
bination des LCI mit zusätzlichen,
für die peripheren Atemwege spezi
fischeren MBWIndizes sinnvoll. Bei
fortgeschrittenen obstruktiven
Atemwegserkrankungen ist die LCI
Messung in der klassischen Form
wenig praktikabel und hilfreich.
Husemann K et al. Lung clearance
index Messung und Anwendung.
Pneumologe 2015; 12: 490499
Infektionen mit humanen Papillom
viren (HPV) spielen in der Pathoge
nese von Plattenepithelkarzinomen
des oberen Aerodigestivtrakts eine
wichtige Rolle. Dagegen sind das
Auftreten und die Bedeutung einer
HPVInfektion für gutartige Papillo
me weit umstrittener und unklarer.
Die vorliegende Studie belegt,
dass eine HPVInfektion eine wichti
ge Rolle für die Entstehung von Pa
pillomen des oberen Aerodigestiv
trakts spielt. Dabei besteht eine As
soziation zwischen HPVInfektion
und Rezidiven. Eine molekularmor
phologische HPVAnalyse von Papil
lomen kann somit wichtige prognos
tische Hinweise geben.
Andratschke M et al. HPVInfektion
in oralen, pharyngealen und
laryngealen Papillomen. HNO 2015;
63: 768772
Eine frühe zielgerichtete hämodyna
mische Stabilisierung kann im sep
tischen Schock zu einer reduzierten
Letalität beitragen. Nach der viel zi
tierten Studie von Rivers aus dem
Jahr 2001 wurden nun 2014 und
2015 drei große randomisierte Stu
dien publiziert (ProCESS, ARISE,
ProMISe), welche die von Rivers et
al. postulierte „early goaldirected
therapy“ in der Notaufnahme infra
ge stellen.
In der vorliegenden Übersichtsar
beit werden diese drei Studien zur
Therapie der Sepsis in der Notauf
nahme vorgestellt. Es wird disku
tiert, welche Konsequenzen für die
klinische Praxis daraus abgeleitet
werden können.
Bernhard M et al. Frühe innerklini
sche Sepsistherapie Ist nach
ProMISe, ARISE und ProCess alles
anders? Notfall Rettungsmed 2015;
18: 595–605
HPVInfektion in oralen,
pharyngealen und
laryngealen Papillomen
Lung cleareance index
Frühe innerklinische
Sepsistherapie
Medizin
BDI aktuell
Januar 2016
11