BDI aktuell 01_2016 - page 3

Die Neuordnung der Wirtschaftlich­
keitsprüfung durch das Versorgungs­
stärkungsgesetz beinhaltet die Mög­
lichkeit, ärztlich verordnete Leistungen
allein auf der Basis regional vereinbar­
ter Regularien zu kontrollieren. Damit
kann die bisher sozialrechtlich vorge­
schriebene Richtgrößenprüfung durch
andere Prüfmaßstäbe abgelöst werden.
Auch die bislang obligatorische Stich­
probenprüfung wird ab 2017 im Sozi­
algesetzbuch V lediglich noch für ärzt­
liche Leistungen, nicht jedoch mehr
für Verordnungen vorgeschrieben sein.
KBV und GKV­Spitzenverband ha­
ben sich jetzt auf Mindeststandards für
regionale Prüfvereinbarungen geeinigt.
Breiten Raum nimmt dabei die Kon­
kretisierung des Grundsatzes „Bera­
tung vor Regress“ ein:
Da regionale Prüfvereinbarungen
für sämtliche Verordnungsarten gelten
sollen, wird auch die vorgängige Bera­
tung künftig nicht mehr allein auf Arz­
neiverordnungen anzuwenden sein.
Zudem soll „Beratung vor Regress“
für jeden Verordnungsbereich geson­
dert gelten. Erstmals in Sachen Arz­
neiverordnung auffällig zu werden,
schließt also nicht aus, zu anderer Zeit
etwa auch in der Heilmittelverordnung
erstmals aufzufallen.
Die „Erstmaligkeit“, die den Aus­
schlag für eine „Beratung vor Regress“
gibt, soll fünf Jahre nach einer be­
standskräftigen Nachforderung oder
einer ersten Beratung neu anlaufen.
Etliche Elemente des alten Paragra­
fen 106 SGB V haben Eingang in die
Rahmenvereinbarung gefunden. So et­
wa, dass bei Nachforderungen der Prü­
fungsstelle Rabattvertragspräparate
durch einen Pauschalabzug zu berück­
sichtigen sind. Oder dass maximal fünf
Prozent einer Fachgruppe einer Auffäl­
ligkeitsprüfung unterzogen werden.
Ausdrücklich wird in der Vereinbarung
ein Korridor für „Auffälligkeit“ defi­
niert. Demnach sollen den Verordnern
unter anderem „Abweichungen von
vereinbarten Zielwerten in einem ange­
messenen Umfang ermöglicht werden“.
Ärzte, die wenig verordnen oder geringe
Fallzahlen haben, können sogar „von
der Durchführung einer Wirtschaftlich­
keitsprüfung ausgeschlossen werden“.
Der wichtigste Passus findet sich in
den Anhängen der Vereinbarung: Dort
steht, dass die Wirtschaftlichkeit der
Arzneiverordnung künftig anhand der
regionalen Arzneivereinbarung definiert
werden kann. „Hierfür kann auch die
Erfüllung von Zielkriterien auf Basis ei­
nes Katalogs für eine indikationsgerech­
te wirtschaftliche Wirkstoffauswahl in
versorgungsrelevanten Indikationen he­
rangezogen werden“, heißt es.
(cw)
Die Selbstverwaltung hat
den Rahmen für regionale
Vereinbarungen zur
Wirtschaftlichkeitsprüfung
gesetzt.
Regionale Quoten lösen Richtgrößen ab
Delegation und Substitution ärztli­
cher Leistungen bleiben weiterhin
vorerst in der Warteschleife. Ein Di­
rektzugang zu Physiotherapeuten
steht nicht auf der Agenda der Re­
gierung. Das geht aus einer Antwort
von Staatssekretär Lutz Stroppe auf
eine Kleine Anfrage der Linken her­
vor. Vielmehr streicht Stroppe den
Arztvorbehalt stark heraus.
(af)
Stroppe stärkt
Arztvorbehalt
DELEGATION
Berufspolitik
BDI aktuell
Januar 2016
3
Das Bundesverfassungsgericht in
Karlsruhe hat eine Verfassungsbe­
schwerde gegen die weitreichenden
Rechte des Gemeinsamen Bundesaus­
schuss der Ärzte und Krankenkassen
(GBA) abgewiesen. Rechtliche Zweifel
an seiner demokratischen Legitimation
müssen sich auf einzelne Entscheidun­
gen beziehen, heißt es in dem Ende
November veröffentlichten Beschluss.
Der GBA in seiner gegenwärtigen
Konstruktion wurde 2004 gebildet.
Ursprünglich gehörten ihm nur Ver­
treter der niedergelassenen Ärzte und
Zahnärzte, der Krankenhäuser sowie
der Krankenkassen an. Inzwischen
nehmen auch Patientenvertreter an
den Beratungen teil, diese haben aber
kein Stimmrecht.
Zweifel an der Legitimation
Trotz der enormen Macht und der ho­
hen Summen, über die der Ausschuss
entscheidet, ist er bei den Bürgern und
Versicherten weitgehend unbekannt.
Daher gibt es seit Jahren Zweifel an
der demokratischen Legitimation des
GBA. Zu einem seiner Vorgänger, dem
Bundesausschuss der Ärzte und Kran­
kenkassen, hatte bereits am 23. Febru­
ar 2000 das Landessozialgericht Nie­
dersachsen­Bremen die Auffassung
vertreten, die Richtlinien des Aus­
schusses seien wegen unzureichender
demokratischer Legitimation nicht
bindend. Das Bundessozialgericht in
Kassel war dem allerdings nie gefolgt.
Auch in dem hier angegriffenen Urteil
hatten die Kasseler Richter die Kom­
petenzen des GBA 2012 nochmals
ausdrücklich bestätigt.
Die Beschwerdeführerin leidet an
einer chronischen Erkrankung der
Harnblasenwand. Diese führt zu einer
erheblichen Verringerung der Blasen­
kapazität, ausgeprägten Schmerzen
und starkem Harndrang. Bei chroni­
schem Verlauf kann eine Schrumpfbla­
se entstehen, die bei unglücklicher
Entwicklung der Krankheit eventuell
operativ entfernt werden muss.
Der Arzt verordnete der Frau 2006
das Mittel Gepan
®
instill. Es handelt
sich um eine als arzneiähnliches Medi­
zinprodukt eingestufte Natrium­
Chondroitinsulfat­Lösung, die Linde­
rung bringen soll. Die Krankenkasse
wollte allerdings die Kosten nicht
übernehmen. Der GBA habe das Mit­
tel nicht in die Liste der verordnungs­
fähigen Medizinprodukte aufgenom­
men. Die dagegen gerichtete Klage
blieb in allen Instanzen ohne Erfolg.
Nikolaus­Beschluss als Vorlage
In ihrer Verfassungsbeschwerde stützte
sich die Frau zunächst auf den soge­
nannten „Nikolausbeschluss“ des
Bundesverfassungsgerichts vom 6. De­
zember 2005. Danach müssen die
Kassen in Einzelfällen auch alternative
Behandlungsmethoden bezahlen,
„wenn eine nicht ganz entfernt liegen­
de Aussicht auf Heilung oder auf eine
spürbare positive Einwirkung auf den
Krankheitsverlauf besteht“. Vorausset­
zung ist, dass es sich um eine lebens­
bedrohliche Krankheit handelt und
dass es keine anerkannten Behand­
lungsmethoden gibt.
Das Bundesverfassungsgericht be­
tonte nun, dass der verfassungsrechtli­
che Anspruch auf solche lebensbe­
drohlichen Krankheiten beschränkt
bleibt. Das Bundessozialgericht und
der Gesetzgeber hätten dies zwar spä­
ter auf andere schwere Erkrankungen
ausgeweitet, dies sei hier aber noch
nicht anwendbar. Einen solchen An­
spruch unmittelbar aus dem Grundge­
setz abzuleiten, würde die Kompeten­
zen des Gesetzgebers zu sehr ein­
schränken. Zudem habe die Frau nicht
dargelegt, dass das von ihr begehrte
Mittel zumindest die Aussicht auf Lin­
derung bringt.
Im zweiten Schritt argumentierte
die Beschwerdeführerin auch mit der
aus ihrer Sicht unzureichenden demo­
kratischen Legitimation des Gemein­
samen Bundesausschusses. Auch hier
sei die Beschwerde nicht ausreichend
begründet, erklärten die Karlsruher
Richter. Sie führe zwar „durchaus ge­
wichtige“ aber nur „generelle und all­
gemeine“ Zweifel an.
Wie eng ist der gesetzliche Rahmen?
Das reiche nicht aus, so die Karlsruher
Richter. Eine Verfassungsbeschwerde
müsse sich hier unmittelbar mit der
einzelnen vom GBA getroffenen Ent­
scheidung auseinandersetzen. Maß­
geblich sei dann, ob diejenigen, die
von der Entscheidung am stärksten
betroffen sind, ausreichend daran mit­
wirken konnten. Zudem komme es da­
rauf an, wie eng die gesetzlichen Vor­
gaben für die Entscheidung sind. Bei­
des aber könne von Regelung zu Rege­
lung unterschiedlich sein.
Grundsätzlich hatte das Gericht be­
reits 2002 in seinem Festbetrags­Ur­
teil die Legitimation des Gemeinsa­
men Bundesausschusses für Entschei­
dungen zulasten Dritter, damals der
Pharma­Industrie, bejaht.
(mwo)
Urteil des Bundesverfassungsgerichts;
Az.: 1 BvR 2056/12
Das Bundesverfassungs­
gericht hat es abgelehnt,
sich erneut mit der Legi­
timation des Gemeinsamen
Bundesausschusses zu be­
fassen. Das Gremium kann
damit weiter über Kassen­
leistungen bestimmen.
GBA: Karlsruhe zieht sich
aus der Affäre
Der Gemeinsame Bundesausschuss bleibt bis auf weiteres Taktgeber im Gesundheitswesen.
© GEMEINSAMER BUNDESAUSSCHUSS
Legitimation
Zweck des GBA
ist die
Festlegung untergesetzlicher
Normen. Unstrittig ist die
Legitimation mit Wirkung für
die im GBA sitzenden
Beteiligten: Kassen, Ärzte,
Kliniken.
Strittig
ist immer wieder die
Legitimation von Entscheidungen
mit Wirkung für Dritte, etwa für
Patienten.
11. Delegiertenversammlung
des Berufsverbandes Deutscher
Internisten e.V.
Samstag,9.April2016,
09:00 Uhr, Congress Center
Rosengarten Mannheim,
Raum 2.1, Johann Wenzel
Stamitz Saal,
Rosengartenpatz 2,
68161 Mannheim
Tagesordnung:
Top 1
Begrüßung
Top 2
Genehmigung des
Protokolls der 10. Delegierten­
versammlung
Top 3
Ehrungen
Top 4
Bericht des Präsidenten
zur aktuellen berufspolitischen
Lage
Top 5
Berichte des Geschäfts­
führers zum Geschäftsjahr 2015
und des Schatzmeisters (Kassen­
bericht)
Top 6
Beschlussfassung über
die Entlastung von Präsidium,
Vorstand und Geschäftsführung
Top 7
Anträge
Top 8
Verschiedenes
Mittagspause
Top 9
Erläuterung des Wahlver­
fahrens
Top 10
Neuwahl des Vorstandes
Dr. med. Wolfgang Wesiack
Präsident
Bekanntmachung
1,2 4,5,6,7,8,9,10,11,12,13,...24
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