Erinnerungen sind nicht wie abgespei
cherte Dokumente auf einer Festplatte.
PROF. ONUR GÜNTÜRKÜN, BIOPSYCHOLOGE AUS BOCHUM
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Klinikqualität: Das Messwerkzeug
für Zu und Abschläge macht noch
Probleme.
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BERUFSPOLITIK
SPRINTStudie: Ist es an der Zeit,
die antihypertensive Therapie
umzukrempeln?
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MEDIZIN
aktuell
MITGLIEDERZEITUNG BERUFSVERBAND DEUTSCHER INTERNISTEN BDI E.V.
PVST 58132 NR. 1, JANUAR 2016
DIE INHALTE VON BDI AKTUELL FINDEN SIE AUF
Die Vertreterversammlung der Kas
senärztlichen Bundesvereinigung
(KBV) hat am 4. Dezember 2015 ge
tagt. Wichtigster Tagesordnungs
punkt war die Umsetzung der gesetz
lichen Vorgabe, dass Hausärzte für
ihre Belange von Fachärzten getrennt
und umgekehrt abstimmen sollen.
Und dass eine Parität zwischen bei
den Fachgruppen hergestellt werden
soll. Vom Bundesgesundheitsministe
rium (BMG) wurde diese Entschei
dung ausdrücklich für diese Vertre
terversammlung angemahnt. Die
Drohung, eine Ersatzvornahme ein
zuleiten oder einen Staatskommissar
einzusetzen, stand im Raum, wenn
die Vertreterversammlung die Sat
zung der KBV nicht im Sinne des
Gesetzes anpassen würde. Kurz: Die
Vertreterversammlung hat es nicht
getan. Sie hat sich mit allem mögli
chen wie Personalfragen und OIII
Labor beschäftigt, aber nicht mit die
ser gesetzlichen Vorgabe.
Die KBV befindet sich nicht nur
wegen der sattsam bekannten Perso
nalquerele in einem miserablen Zu
stand. Der ehemalige Vorstandsvor
sitzende ist vom BMG wegen Un
treue angezeigt worden. Viele Mit
glieder der Vertreterversammlung
scheinen vor einer Vorverurteilung
nicht zurückzuschrecken und beim
Führungsduo Gassen / Feldmann
hängt der Haussegen schief. Jetzt ver
weigert auch noch der „Aufsichtsrat
der KV“, Vertreterversammlung ge
nannt, die Umsetzung gesetzlicher
Vorgaben. Viele sehen deshalb die
KBV am Ende.
Verteilungskämpfe vorprogrammiert
Doch wie ist es zu dieser Situation
gekommen? Und wer trägt die
Schuld am Niedergang der Körper
schaft?
Wie immer bei solchen Entwick
lungen gibt es nicht nur einen Schul
digen. Die Kassenärztliche Vereini
gung war ordnungspolitisch janus
köpfig angelegt. Sie sollte einerseits
die gesetzlich fixierte Sicherstellung
der ambulanten Versorgung inhalt
lich und in der Fläche umsetzen, an
dererseits aber auch die Interessen
ihrer Zwangsmitglieder vertreten.
Damit waren Konflikte vorprogram
miert, die innerhalb der Körperschaft
gelöst werden sollten. Man hatte die
Hoffnung, dass die Kassenärztliche
Vereinigung in das System ärztlichen
Sachverstand einbringt, um eine Ba
lance zwischen Medizinischer Versor
gung einerseits und Finanzierbarkeit
der gesetzlichen Krankenversiche
rung andererseits herzustellen.
Dieser Ansatz ist nach der derzeiti
gen Sachlage glatt gescheitert. Dabei
ist die Vorgabe der einnahmeorientie
ren Ausgabenpolitik mit konsequent
umgesetzter Budgetierung der ambu
lanten Versorgung sicher der Haupt
auslöser der Misere. Es ist der Politik
und den Kassen gelungen, die Verant
wortung für die eigentliche medizini
sche Versorgung der KBV zu übertra
gen. Unabhängig davon können sie
gleichzeitig die Ausgaben steuern.
Der Körperschaft kam die unan
genehme Aufgabe zu, das Honorar
unter ihren Zwangsmitgliedern zu
verteilen und dabei die ambulante
Patientenversorgung komplett zu si
chern. Bei knapper werdenden Res
sourcen waren Verteilungskämpfe im
KVSystem vorprogrammiert.
Die Politik hat über Jahrzehnte
den Ursprungsgedanken der Körper
schaft zusätzlich konterkariert. Ne
ben der einnahmenorientierten Aus
gabenpolitik wurden die gesetzlichen
Vorgaben immer enger und restrikti
ver, der Handlungsspielraum der
Kassenärztlichen Vereinigung damit
mehr und mehr eingeengt. Für die
Interessensvertretung der Mitglieder
blieb immer weniger Raum. Faktisch
ist die Körperschaft damit zu einer
reinen Gesundheitsbehörde degra
diert worden. Dafür trägt alleine die
Politik die Verantwortung.
Aber auch die KBV selbst trägt
Mitschuld. Sie hat die Defizite des
Systems nicht ausreichend benannt,
im Gegenteil, sie hat noch so abarti
ge Vorgaben von Politik und Kassen
intern gangbar gemacht. Damit ent
stand bei ihren Zwangsmitgliedern
der Eindruck, dass die eigene Inter
essensvertretung zum Claqueur der
Kostenträger geworden ist. Dies
führte zu einer immer tiefer werden
den Vertrauenskrise zwischen Mit
gliedern und der Institution KV.
Den Schein wahren?
Auch entsteht nach Außen der Ein
druck, dass der medizinische Sachver
stand bei den Verhandlungen mit Po
litik und Kassen immer weniger ein
gebracht wurde. Es ging dabei nur
noch um eine angeblich gerechte Ver
teilung des zur Verfügung stehenden
Honorars. Versorgungskonzepte spiel
ten dabei eine immer geringere Rolle.
Der innere Verteilungskampf um
die Honorare fand mit der Haus
arzt/FacharztAuseinandersetzung
seinen Höhepunkt. Die Definition
eines Trennungsfaktors der Honora
re hat das Problem nur scheinbar ge
löst. Faktisch ist aber damit der
Grundstein für eine Spaltung der
Körperschaft gelegt worden. Die ge
forderte Korrektur der Satzung mit
quasi zwei getrennten Kassenärztli
chen Vereinigungen ist nur noch die
logische Konsequenz des Honorar
trennungsbeschlusses. Es entsteht
der Eindruck, dass vielen KVFunk
tionären das durch diesen Beschluss
entstandene Chisma jetzt erst be
wusst wird. Man vermeidet die Sat
zungsdiskussion, um den Schein der
Einheit der Vertragsärzte noch auf
recht zu erhalten.
Damit droht der Zerfall der KBV.
Ein Drehund Angelpunkt unseres
Systems gesetzlicher Krankenversi
cherung scheint verloren zu gehen.
Es stellt sich die Frage, wer am Er
halt der Kassenärztlichen Vereini
gung am meisten interessiert ist. Die
Antwort ist recht simpel: Die Politik
wird so lange wie möglich diese Kör
perschaft erhalten, ist sie doch eine
Art Garant für eine gute medizini
sche Versorgung bei gleichzeitiger
Finanzierbarkeit des Systems. Wenn
etwas im System schief geht, dient
die Körperschaft zudem als wertvol
ler Sündenbock in der öffentlichen
Diskussion. Diese Vorzüge einer
KBV wird die Politik nie aufgeben.
KBV: Götterdämmerung
Interne Querelen, eine
Anzeige des BMG gegen
den ehemaligen KBVChef
Köhler und nun auch noch
das: Die Vertreterversamm
lung hat es zum dritten
Mal abgelehnt, die Parität
zwischen Haus und Fach
ärzten herzustellen. Droht
der KBV der endgültige
Zerfall?
Von Dr. HansFriedrich Spies
Hagelt es bald noch schärfere Blitze auf die KBV? Das BMG zieht zwar die Ersatzvor
nahme durch, verzichten will es auf die KBV aber nicht.
© JÜRGEN FÄLCHLE / FOTOLIA.COM
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Gröhe greift durch
Dreimal hat sich die Vertreter
versammlung der KBV gewei
gert, die gesetzliche Vorgabe
zur Herstellung der Parität
zwischen Haus und Fachärz
ten in dem Beschlussgremium
herzustellen, zuletzt am
4. Dezember. Nun hat das
Bundesgesundheitsministerium
mit einer Ersatzvornahme
durchgegriffen.
Danach wird das Ungleichge
wicht der haus und fachärztli
chen Vertreter wie folgt berei
nigt: Einmal, und zwar zu Be
ginn einer Legislaturperiode fin
det eine Stimmgewichtung der
Haus und FachärzteVertreter
statt, die dann für die gesamte
Amtsperiode der Vertreterver
sammlung gilt.
(af)
Der Berufsverband Deut
scher Internisten e.V. (BDI)
wünscht seinen Mitgliedern
und ihren Angehörigen ge
ruhsame Weihnachtstage und
einen guten Start ins Jahr
2016.
Einen guten Start
ins neue Jahr!
BDIaktuell setzt sich in dieser
Ausgabe ausführlich mit der No
vellierung der Gebührenordnung
für Ärzte (GOÄ) auseinander. Die
Redaktion hat das Ziel, sachlich
und anhand schriftlicher Unterla
gen die Mitglieder über den Inhalt
und eventuelle Folgen der geplan
ten Novellierung zu informieren.
Dabei geht es nicht um Legenden
und Bewertungen, somit nicht
ums Honorar und nicht um Per
sonen in verantwortlicher Position
in der Bundesärztekammer, son
dern nur um die ordnungspoliti
schen Folgen für unsere Patien
tenversorgung. Aber auch um den
Status des Arztes im Rahmen der
freien Berufe.
Der Sonderärztetag am 23. Ja
nuar macht Sinn, wenn er die Fra
gen, die hinter der GOÄNovellie
rung stehen, auch klar beantwor
tet. Ist das Ärzteparlament für die
Konvergenz von privater und ge
setzlicher Krankenversicherung,
die durch die angedachte Selbst
verwaltungslösung in Gang gesetzt
werden kann? Hat die Freiberuf
lichkeit der ärztlichen Tätigkeit in
Klinik und Praxis für die deut
schen Ärzte noch eine Bedeutung
oder ist sie schon jetzt ein Ana
chronismus? Die Leser von BDI
aktuell sind auf alle Fälle gut infor
miert. Die Entscheidung des Son
derärztetages zur Novellierung der
GOÄ wird wegweisenden Charak
ter haben.
(HFS)
SEITEN 4, 8, 9
Besteht noch
Interesse am
Freiberufler?
GOÄNOVELLE
2016 finden beim Berufsverband
der Internisten (BDI) satzungsge
mäß die Neuwahlen zum Vorstand
statt. Die Geschäftsstelle des BDI
möchte ihre Mitglieder daher da
rum bitten, ihren Wahlvorschlag
für den BDIVorstand frühzeitig
einzureichen. Gewählt wird der
neue Vorstand im April im Rah
men des Internistenkongresses in
Mannheim von der BDIDelegier
tenversammlung.
SEITEN 3, 7
Geben Sie Ihren
Vorschlag ab
VORSTANDSWAHL