Von Jesper Juul Larsen und Thomas A. Schmidt
Um einer Überfüllung der Notaufnahmen entgegenzuwirken, dürfen Bürgerinnen und Bürger in Dänemark seit 2005 die Notaufnahmen mit akuten, nicht lebensbedrohlichen Erkrankungen oder Verletzungen nur dann aufsuchen, wenn sie eine Überweisung von ihrer eigenen Ärztin / ihrem eigenen Arzt (Hausärztin/-arzt), einem Bereitschaftsarzt oder einer Unfall-/Notrufnummer erhalten haben.
Obwohl eine solche Gatekeeping- Funktion, die eine übermäßige Inanspruchnahme der Notaufnahme verhindern soll, eine gute Idee zu sein scheint, gibt es dennoch eine unstillbare Nachfrage nach medizinischer Notfallversorgung. So ist in Dänemark die Zahl der Anfragen von Notfallpatienten von 1.067.390 im Jahr 2005 auf 1.221.601 im Jahr 2016 gestiegen. Dies entspricht einer Zunahme von 154.211 Patientenkontakten (14 %) bei einer Bevölkerungszunahme im gleichen Zeitraum von nur 5 %.
Was kann man aus den dänischen Erfahrungen nun lernen? – Eine Unfall-/ Notrufnummer, um eine Überweisung in die Notaufnahme zu erhalten, ist eine gute Idee, wenn sie gleichzeitig in der Lage ist, erste medizinische Hilfestellungen zu geben. Um voll funktionsfähig und effizient zu sein und eine gefährliche und stressige Überfüllung der Notaufnahme zu vermeiden, sollte eine prähospitale Vermittlungsstelle nicht nur ein Überweisungszentrum für Krankenhäuser sein, sondern auch die Behandlung einfacher Beschwerden wie Hautausschläge, Blasenentzündungen bei gesunden Frauen, Halsschmerzen, Augeninfektionen, Herpes, Schmerzen im unteren Rückenbereich usw. anbieten.
Behandlung verweigern?
Darüber hinaus sollte sie eine „Behandlungsverweigerungsfunktion“ bieten, um sicherzustellen, dass Bürger zu Hause bleiben, wenn keine echte Indikation oder Notwendigkeit für eine Behandlung besteht. Ein prähospitaler ärztlicher Bereitschaftsdienst sollte also gerade nicht einfache Erkrankungen in die Notaufnahmen verlagern. Es ist unvernünftig, die Ressourcen der Notaufnahme für leichte Erkrankungen zu nutzen und die Notaufnahme mit relativem Wohlbefinden zu überfluten. Der Weg in die Notaufnahme sollte Bürgerinnen und Bürger mit akuten Erkrankungen, bei denen eine Krankenhauseinweisung prognostisch sinnvoll ist, vorbehalten bleiben.
Die Behörden können etwa durch Informationskampagnen an die Bürger appellieren, sich zu mäßigen und die Notaufnahme nur dann aufzusuchen, wenn ihr Zustand akut oder lebensbedrohlich ist. Ein solcher erzieherischer Ansatz funktioniert aber nie allein. Wir sind der Meinung, dass es den Bürgern egal ist, wer die von ihnen benötigte Gesundheitsdienstleistung erbringt, solange das Problem in dem Moment gelöst wird, wenn sie die Zeit und das Bedürfnis dazu haben. Daher sollte die Vermittlungsstelle leicht verfügbar sein, um die Anforderungen des modernen Bürgers zu erfüllen.
Das bedeutet aber auch, man muss anerkennen, dass die Begriffe akut oder lebensbedrohlich individuell sehr unterschiedlich gewichtet werden. Und dass in einer fortschrittlichen und modernen Gesellschaft die Bürger rund um die Uhr ein Bedürfnis nach medizinischem Fachpersonal für jedes Leiden haben.
Gleichzeitig gilt es wie gesagt zu berücksichtigen, dass die Notaufnahme nur echten Notfällen vorbehalten sein sollte. Also solchen Bürgern, bei denen die Krankenhauseinweisung prognostisch sinnvoll ist.