StartseitePresseKontakt

| Recht

Keine Bedenkzeit erforderlich!

Patienten dürfen nach dem Aufklärungsgespräch direkt behandelt werden. Zwischen der ärztlichen Aufklärung vor einer medizinischen Behandlung und der vom Patienten erteilten Einwilligung gibt es keine zwingend einzuhaltende Bedenkzeit. Es liegt beim Patienten, über den konkreten Einwilligungszeitpunkt zu entscheiden.

© Bits and Splits – stock.adobe.com

Der BGH vertritt die Auffassung, dass Patienten auch sofort nach erfolgter Aufklärung durch den Arzt oder die Ärztin entscheiden dürfen, eine Behandlung vornehmen zu lassen. Hiergegen sprechen keine gesetzlichen Vorschriften, insbesondere nicht § 630e Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Bürgerliches Gesetzbuch, der die Aufklärungspflichten für behandelnde Ärzte zum Gegenstand hat. 

Die ärztliche Aufklärung und die danach erteilte Einwilligung des Patienten sind rechtliche Voraussetzung einer jeden medizinischen Behandlung (informed consent). Gemäß § 630e Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BGB muss die Aufklärung über sämtliche für die Einwilligung wesentlichen Umstände so rechtzeitig erfolgen, dass der Patient seine Entscheidung über die Einwilligung wohlüberlegt treffen kann. 

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Fall einer Ohren- und Nasenoperation hatte der klagende Patient ein Klinikum wegen fehlerhafter ärztlicher Behandlung und unzureichender Aufklärung auf Zahlung von Schadensersatz verklagt. Er war zuvor von einer Ärztin über die Risiken des beabsichtigten Eingriffs aufgeklärt worden und hatte direkt im Anschluss an das Aufklärungsgespräch das Formular zur Einwilligung in den ärztlichen Eingriff unterzeichnet. 

Das Landgericht wies die Klage erstinstanzlich ab. Das Oberlandesgericht entschied in der Berufungsinstanz zugunsten des klagenden Mannes unter anderem mit der Begründung, dem Patienten sei keine Bedenkzeit zwischen der Aufklärung über die Risiken des Eingriffs und der Entscheidung über die Einwilligung eingeräumt worden. Von einer wohlüberlegten Entscheidung im Sinne des § 630e Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BGB könne somit nicht die Rede sein, 

Dagegen entschied der BGH, dass die Aufklärung und Einwilligung insgesamt ordnungsgemäß erfolgt waren, also auch mit ausreichend Bedenkzeit. Das OLG stelle mit seiner Rechtsauffassung zu hohe Anforderungen an die Pflichten zur Einholung einer Einwilligung des Patienten. Der Patient müsse vor dem beabsichtigten Eingriff stattdessen nur so rechtzeitig aufgeklärt werden, dass er durch hinreichende Abwägung der für und gegen den Eingriff sprechenden Gründe seine Entscheidungsfreiheit und damit sein Selbstbestimmungsrecht in angemessener Weise wahrnehmen kann. 

Mit dieser Entscheidung konstatiert der BGH, dass kein fester Zeitraum zwischen Aufklärung durch den Arzt und Einwilligung durch die Patienten liegen muss. Der Zeitpunkt der Entscheidung sei schlicht "Sache des Patienten/ der Patientin". Sehe sie/er sich bereits nach dem Aufklärungsgespräch zu einer wohlüberlegten Entscheidung in der Lage, sei es ihr/sein gutes Recht, die Einwilligung sofort zu erteilen. Wünscht er/sie dagegen noch eine Bedenkzeit, so könne er/sie von der Erteilung einer - etwa im Anschluss an das Gespräch ärztlicherseits erbetenen - Einwilligung zunächst absehen. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz sieht der BGH gegeben, wenn für den Arzt oder die Ärztin klar erkennbar sei, dass der Patient/ die Patientin noch Zeit benötigt. Dies sei dann zu berücksichtigen. 

Patienten dürfen nämlich nicht zu einer Entscheidung gedrängt oder "überfahren" werden. Ausgenommen von diesen Grundsätzen sind weiterhin medizinisch dringende Maßnahmen, so der BGH.  

Wir beraten Sie gerne in Fragen hierzu: rechtsberatung@noSpam.bdi.de