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Weiterbildung

Eine hochwertige Patientenversorgung braucht gut aus- und weitergebildete Ärztinnen und Ärzte. Die geplante Krankenhausstrukturreform und die zunehmende Verschiebung des Leistungsgeschehens in den ambulanten Bereich haben unmittelbaren Einfluss auf die Struktur der ärztlichen Weiterbildung. Damit diese auch in Zukunft sichergestellt werden kann, muss die Weiterbildung nicht nur sektorenübergreifend gedacht, sondern auch angemessen finanziert werden.

Die Zukunft der Weiterbildung ist sektorenübergreifend

Der medizinische Fortschritt macht es möglich: In nahezu allen Fachgebieten verlagert sich das Leistungsgeschehen mehr und mehr in den ambulanten Versorgungsbereich. Diagnostische Eingriffe aber auch komplexere Interventionen werden zunehmend ambulant durchgeführt. Dabei entscheidet nicht mehr der geplante Eingriff, sondern der fallindividuelle Kontext, in welchem Versorgungsbereich Patientinnen und Patienten behandelt werden.

Auch der Zuschnitt von Krankenhausabteilungen trägt dieser Entwicklung bereits Rechnung. Insbesondere Fachgebiete wie die internistischen Schwerpunkte Angiologie, Rheumatologie, Endokrinologie und Diabetologie, die in dem bestehenden Fallpauschalen-System nur unzureichend abgebildet werden und für die Kliniken wirtschaftlich unattraktiv sind, wurden auf diese Weise mittlerweile fast vollständig aus der stationären Versorgung verdrängt.

Mit der geplanten Krankenhausstrukturreform, die zudem eine deutliche Reduktion von Standorten sowie eine Leistungskonzentration vorsieht, wird sich diese Problematik massiv verschärfen. Zukünftig sollen Krankenhäuser nur noch Leistungen anbieten dürfen, die ihnen gemäß Landeskrankenhausplanung zugewiesen wurden. Das ist im Sinne der Qualitätssicherung und Ressourceneffizienz zwar sinnvoll. Dadurch schwinden aber zwangsläufig in allen Versorgungsstufen Krankenhäuser, in denen überhaupt noch eine vollumfängliche, fachärztliche Weiterbildung absolviert werden kann. Das kann sogar auch Universitätskliniken betreffen, die einfache Leistungen nicht mehr stationär anbieten können.

Weniger Weiterbildungsmöglichkeiten haben unmittelbaren Einfluss auf den ärztlichen Nachwuchs. Damit auch in Zukunft ausreichend Ärztinnen und Ärzte auf dem erforderlichen Qualifikationsniveau verfügbar sind, müssen Bund und Länder die ärztliche Aus- und Weiterbildung grundsätzlich bei allen Reformvorhaben von Beginn an mitdenken. Der Grundsatz bleibt aber trotzdem: Die Hoheit über die Struktur und Inhalte der ärztlichen Weiterbildung ist uneingeschränkt Aufgabe der Ärztekammern.

Die Zukunft der Patientenversorgung in Deutschland ist sektorenübergreifend. In einem funktionierenden System dürfen die Sektorengrenzen weder für Patienten noch für Ärzte spürbar sein. In der Weiterbildung braucht es dafür das Zusammenwirken von Krankenhäusern aller Versorgungsstufen und des ambulanten Bereichs in Form von Weiterbildungsverbünden. Verbünde schaffen nicht nur eine bessere Vernetzung der Strukturen und ermöglichen das Wissen über die regionalen Akteure, sondern erhöhen auch die Planbarkeit für die Weiterbildungsstätten und die Weiterzubildenden.

Mit der neuen kompetenzbasierten Weiterbildungsordnung hat der Deutsche Ärztetag die Weiterbildung an moderne Versorgungsformen angepasst und für die ambulante Weiterbildung geöffnet. Um dieses Potenzial abzurufen, braucht es jedoch eine umfassende Finanzierung. Das DRG-System und insbesondere der einheitliche Bewertungsmaßstab (EBM) in der vertragsärztlichen Versorgung bilden die realen Kosten für die ärztliche Weiterbildung nicht angemessen, beziehungsweise gar nicht, ab. Die Qualität der Weiterbildung leidet unter diesem finanziellen Druck. Deshalb braucht es nachhaltige Lösungen jenseits bestehender Förderprogramme, wie die ärztliche Weiterbildung in Zukunft sektorenübergreifend angemessen vergütet wird.

Unsere Forderungen im Detail

Eine hochwertige Patientenversorgung braucht erstklassig weitergebildete Ärztinnen und Ärzte. Um die ärztliche Weiterbildung sektorenübergreifend sicherzustellen, sind aus Sicht des BDI folgende Maßnahmen notwendig:

1. Transparenz

Eine gute Weiterbildung braucht ausreichend Zeit, um die vorgegebenen Inhalte und Kompetenzen zu erlernen. Neben der Frage, ob die Kompetenzen innerhalb der vorgegebenen Mindestweiterbildungszeit auch tatsächlich erlernbar sind, benötigen Ärztinnen und Ärzte in Weiterbildung die Sicherheit, dass die Weiterbildungsstätte auch tatsächlich über die notwendigen Befugnisse verfügt. In einer Medizin, in welcher der Segmentierungsgrad innerhalb einzelner Fachgebiete kontinuierlich steigt, beinhaltet diese Transparenz, welche Kompetenzen Weiterbilder – insbesondere mit eingeschränkter Befugnis – vermitteln können.

Der BDI fordert die Landesärztekammern auf, die Befugnisverzeichnisse um eine Darstellung der erlernbaren Kompetenzen zu erweitern.

2. Planbarkeit

Viele junge Ärztinnen und Ärzte sind mit den derzeitigen Rahmenbedingungen in der Weiterbildung unzufrieden. In Zeiten von Fachkräftemangel sowohl im ärztlichen Dienst als auch in anderen Gesundheitsberufen sowie zunehmender Arbeitsverdichtung leidet die Weiterbildung häufig als erstes. In vielen Krankenhausabteilungen läuft die Weiterbildung weitestgehend zufällig ab (s. BDI Weiterbildungsmonitor Innere Medizin 2023), das Supervisionsverhältnis ist schlecht und Weiterbildungspläne sowie Rotationen in einzelne Fach- und Funktionsbereiche erfolgen häufig nur unzuverlässig.

Dabei ist die Planbarkeit der Weiterbildung sowohl aus Sicht der Ärztinnen und Ärzte in Weiterbildung als auch aus Sicht der Weiterbildungsstätten (Kliniken und Praxen) ein wichtiger Produktivitäts- und Erfolgsfaktor. In einem sektorenübergreifenden Setting können vor allem Weiterbildungsverbünde, in denen sich
Praxen, Ärztenetze und Kliniken auf regionaler Ebene zusammenschließen, für Struktur, Kontinuität und Planbarkeit sorgen. Anstatt die unterschiedlichen Stationen in der Weiterbildung in Eigenregie zu absolvieren, bietet die Verbundweiterbildung Ärztinnen und Ärzten die Möglichkeit, alle ambulanten und stationären Einrichtungen strukturiert, qualifiziert hochwertig und lückenlos zu durchlaufen. Hierfür wird ein Rotationsplan mit den individuell abgestimmten Weiterbildungsabschnitten erstellt, der eine flexible Gestaltung der Weiterbildung gemäß der Weiterbildungsordnung ermöglicht.

Weiterbildungsverbünde sind in einigen Fachgebieten bereits etabliert. Zukünftig sollte dieses Modell auch für alle anderen Fachgebiete flächendeckend ermöglicht werden. Neben einheitlichen Kriterien bei der Befugniserteilung ist der Ausbau von standortübergreifenden Verbundbefugnissen dafür essenziell.

Der BDI fordert die Landesärztekammern auf, flächendeckend sektoren- und kammerübergreifende Verbundweiterbildungen zuzulassen.

3. Finanzierung

In den bestehenden Finanzierungsmodellen in der stationären und ambulanten Versorgung fehlt der Anreiz, Zeit und Ressourcen in die Weiterbildung junger Ärztinnen und Ärzte zu investieren. Umwälzungen sowohl in der stationären als auch der ambulanten Versorgungslandschaft bedingen, dass in diesem Kontext auch die Strukturen der Weiterbildung und ihrer Finanzierung angepasst werden. Der Ausbau bestehender Förderprogramme, wie zum Beispiel eine bessere Abbildung der Inneren Medizin bei der Förderung der ambulanten Weiterbildung nach § 75a SGB V, wären eine kurzfristige Zwischenlösung. Langfristig werden diese Insellösungen in einem sektorenübergreifenden System diesem Anspruch aber nicht gerecht.

Vor diesem Hintergrund müssen Wege gefunden werden, die Finanzierung der Weiterbildung stationär und ambulant sicherzustellen. Eine neue Vergütungssystematik im Rahmen der Krankenhausstrukturreform in Form von Vorhaltekosten und DRGs muss dies zwingend abbilden. In der vertragsärztlichen Versorgung wird eine leistungsgerechte Finanzierung der Ärztinnen und Ärzte in Weiterbildung einerseits durch die Budgetierung und andererseits durch die Vergütungssystematik, die auf dem Facharztstatus beruht, verhindert. Das heißt, zahlreiche Leistungen sind an die persönliche Leistungserbringung durch den Facharzt oder die Fachärztin gekoppelt. Unter der Prämisse, dass Weiterzubildende für bestimmte Leistungen den Facharztstandard gewährleisten können – so genannte anvertraubare professionelle Tätigkeiten (APT) – sollten Praxen, die weiterbilden, zukünftig extrabudgetäre Honorarzuschläge erhalten.

Der BDI fordert kurzfristig eine angemessene Finanzierung der ärztlichen Weiterbildung in der ambulanten und stationären Versorgung.