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Vertragsärztliche Versorgung

Vertragsärztinnen und Vertragsärzte spielen eine entscheidende Rolle für die wohnortnahe Versorgung der Menschen in Deutschland. Um diese wichtige Funktion zu sichern, müssen gesundheitspolitische Rahmenbedingungen die vertragsärztliche Versorgung als unverzichtbares Element unseres Gesundheitssystems unterstützen, statt sie zu gefährden. Eine starke und unabhängige Selbstverwaltung ist dabei ebenso essenziell wie eine faire und attraktive Vergütung ärztlicher Leistungen.

Autonomie stärken

Die vertragsärztliche Versorgung ist eine tragende Säule des deutschen Gesundheitssystems. Sie gewährleistet eine wohnortnahe medizinische Betreuung und trägt maßgeblich zur Gesundheitsversorgung der Bevölkerung bei.

Gleichzeitig stehen die haus­- und fachärztlichen Praxen durch demografische Veränderungen, steigende Patientenzahlen sowie administrative Belastungen und Kostensteigerungen vor großen Herausforderungen. Besonders der steigende Bedarf an medizinischen Leistungen und der Fachkräftemangel machen es erforderlich, die Rahmenbedingungen für Vertragsärztinnen und ­-ärzte zu verbessern.

Unsere Forderungen im Detail


Um die haus- und fachärztliche Versorgung in Deutschland zukunftsfähig zu gestalten, sind aus Sicht des BDI folgende Voraussetzungen essenziell:

1. Freiberuflichkeit

Der ärztliche Beruf ist ein freier Beruf. Freiberuflichkeit ermöglicht Ärztinnen und Ärzten, ihre eigene Berufs- und Gebührenordnung (GOÄ) festzulegen beziehungs- weise aufzusetzen sowie die Qualitätskriterien ihrer Arbeit eigenständig zu definieren und zu kontrollieren. Sie sichert die Unabhängigkeit medizinischer Entscheidungen gegenüber Dritten. Die ärztliche Selbstverwaltung ist eine Konsequenz der Freiberuflichkeit.

Freiberuflichkeit gilt für alle Ärzte, unabhängig davon, ob sie angestellt oder selbstständig sind. Trotz des Trends zu Teilzeit und Anstellung bleibt die Selbständigkeit in einer eigenen Praxis ein hohes Gut. Sie fördert individuelle Gestaltungsmöglichkeiten in der ärztlichen Tätigkeit und Praxisorganisation und trägt so zu einer patientenorientierten Versorgung bei.

Freiberuflichkeit ist eine Voraussetzung für das Patientenwohl. Dennoch wird die ärztliche Berufsfreiheit zunehmend eingeschränkt: Bürokratie und staatliche Regulierung bedrohen den freien Arztberuf und wirken demotivierend.

Um die vertragsärztliche Versorgung zukunftsfähig zu machen, muss die Freiberuflichkeit geschützt und gefördert werden. Dies erfordert politische und finanzielle Rahmenbedingungen, die eine unabhängige ärztliche Tätigkeit und angemessene Vergütung sicherstellen – einschließlich einer modernen GOÄ.

Der BDI fordert, die ärztliche Freiberuflichkeit zu schützen und zu fördern.

2. Selbstverwaltungsprinzip

Im deutschen Gesundheitswesen gilt das Prinzip der Selbstverwaltung. Der Staat gibt die Rahmenbedingungen vor, aber die Träger des Gesundheitswesens organisieren sich eigenverantwortlich. Wichtige Entscheidungen werden von denen getroffen, die in der Versorgung tätig sind und die Patienten am besten kennen.

Zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung hat der Gesetzgeber den KVen den Sicherstellungsauftrag übertragen. Innerhalb des gesetzlichen Rahmens gestalten KVen und Krankenkassen die ambulante Versorgung gemäß den Bedürfnissen der Bürger vor Ort. In der Praxis wird dieser Spielraum jedoch durch staatliche Eingriffe kontinuierlich beschnitten.

Eine Aushöhlung der Selbstverwaltung schwächt die Eigenverantwortung der Ärzte und auch ihre Motivation, an innovativen Versorgungskonzepten mitzuwirken. Um die hohe Versorgungsqualität zu erhalten, müssen die Rahmenbedingungen für eine handlungsfähige Selbstverwaltung wiederhergestellt werden.

Der BDI fordert ein Ende der staatlichen Eingriffe in die Selbstverwaltung und eine Wiederherstellung ihres Handlungsspielraums.

3. Ambulantisierung

Der medizinische Fortschritt ermöglicht, auch komplexe Prozeduren ambulant durchzuführen. Ambulante Behandlungen sind wohnortnah, weniger belastend und kostengünstiger als stationäre Aufenthalte. Eine verstärkte Ambulantisierung und Verzahnung der Versorgungsbereiche ermöglichen eine kontinuierliche Betreuung der Patienten und entlastet auch die Krankenhäuser.

Es ist entscheidend, die ambulante Versorgung bei gesundheitspolitischen Großprojekten wie der Krankenhausstrukturreform mitzudenken. Statt Krankenhäuser zu ermächtigen, ambulante Leistungen zu erbringen, müssen vertragsärztliche Strukturen gestärkt werden. Das gilt insbesondere, weil die niedergelassenen Fachärzte eine komplementäre Struktur zum Krankenhaus darstellen. Die Einführung einer sektorengleichen Vergütung ist ein Schritt in die richtige Richtung, bedarf jedoch mehr politischen Mutes, um den Leistungskatalog zu erweitern. Die Ambulantisierung kann nur gemeinsam mit den Vertragsärzten gelingen.

Der BDI fordert die konsequente Umsetzung des Grundsatzes „ambulant vor stationär“.

4. Entbudgetierung

Um die Attraktivität der Niederlassung zu erhalten und dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, ist eine faire Vergütung vertragsärztlicher Leistungen unerlässlich. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass Inflation und Kostensteigerungen der letzten Jahre nicht angemessen refinanziert wurden. Um die Praxen vor den Auswirkungen wirtschaftlicher Krisen zu schützen, muss die Finanzierung an aktuelle wirtschaftliche Entwicklungen angepasst werden.

Die negativen Folgen der Budgetierung werden zunehmend spürbar. Obwohl der Großteil der Patienten in Praxen behandelt wird, sind die GKV-Ausgaben für die stationäre Versorgung trotz sinkender Fallzahlen doppelt so hoch. Vertragsärztinnen und -ärzte sind durch diese Entwicklung ausgezehrt und demotiviert. Eine Verlagerung des Leistungsgeschehens in die ambulante Versorgung ist daher nur mit einer Entbudgetierung haus- und fachärztlicher Leistungen möglich.

Die angekündigte Entbudgetierung der Hausärzte muss schnellstmöglich um- gesetzt werden. Anstatt die Vergütung erneut durch Pauschalen zu deckeln, wäre die Beibehaltung des Leistungsprinzips mit höheren Vergütungen für mehr Zeitaufwand in der Behandlung – auch im fachärztlichen Bereich – leistungsfördernd im Sinne einer patientenorientierten Versorgung.

Der BDI fordert die Entbudgetierung aller haus-­ und fachärztlichen Leistungen inklusive einer umfassenden EBM­Reform.

5. Weiterbildung

Mit der Ambulantisierung verlagert sich auch die ärztliche Weiterbildung zunehmend in den ambulanten Bereich. Im EBM wird jedoch weder die ärztliche Leistung des Weiterzubildenden noch der Aufwand für die Weiterbildung abgebildet. Die Finanzierung erfolgt daher durch eine gesonderte Förderung (s. § 75a SGB V), von der Internistinnen und Internisten sowohl im haus- als auch im fachärztlichen Bereich jedoch größtenteils ausgeschlossen sind.

Die Ausweitung der Weiterbildungsförderung wäre eine kurzfristig effektive Maßnahme, um dringend benötigte Weiterbildungskapazitäten zu schaffen. Zur Stärkung der hausärztlichen Versorgung, die fast zu einem Drittel von Internisten sichergestellt wird, wäre es notwendig, die ambulante Weiterbildung zum Facharzt für Innere Medizin analog zum Facharzt für Allgemeinmedizin zu fördern.

Insgesamt wird die bestehende Förderung dem steigenden Bedarf in allen Fachgruppen aber nicht mehr gerecht. Damit haus- und fachärztliche Praxen flächendeckend weiterbilden können, muss die fachärztliche Weiterbildung in der vertragsärztlichen Vergütungssystematik adäquat abgebildet werden.

Der BDI fordert eine nachhaltige Finanzierung der ambulanten Weiterbildung.