Bundesgesundheitsministerin Warken plant ein neues Primärarztsystem: Wer zum Facharzt will, soll vorher grundsätzlich den Hausarzt aufsuchen – mit Ausnahmen z. B. bei Gynäkologie oder chronischen Erkrankungen (BMG, 2024). Ziel ist eine bessere Steuerung der Patienten, weniger Bürokratie und schnellere Termine.
Für gastroenterologische Praxen könnte das mehr Überweisungen und neue Patienten bringen. Laut Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (ZI) könnten je nach Fachrichtung 380 bis über 2.000 Fälle pro Jahr zusätzlich auftreten (ZI, 2024). Das heißt: mehr Koordination, mehr Gespräche mit Hausärztinnen und -ärzten, aber auch mehr organisatorischer Aufwand.
Hinzu kommt: Die gastroenterologischen Praxen arbeiten schon jetzt an ihrer Belastungsgrenze. Die Terminkalender sind voll, oft auf Monate hinaus. Eine zusätzliche Versorgung großer Patientengruppen ist unter den aktuellen Bedingungen nicht möglich – es sei denn, die Ärztinnen und Ärzte würden noch mehr arbeiten, was angesichts des Personalmangels und der bestehenden Belastung nicht realistisch ist.
Immer wieder ist von „Entbudgetierung“ die Rede. Aber: Für uns Fachärztinnen und -ärzte ist keine generelle Entbudgetierung geplant. Nur Hausärztinnen und -ärzte sollen in Zukunft aus dem Budget herausgelöst werden (BMG, Eckpunktepapier 2024). Für Fachärztinnen und -ärzte wird allenfalls geprüft, ob in unterversorgten Regionen (!) mehr gezahlt werden kann. In Regionen mit „Überversorgung“ sollen sogar Abschläge möglich sein (BMG, 2024).
Zudem ist klarzustellen: Patientinnen und Patienten, die Anspruch auf eine Vorsorge-Darmspiegelung haben, sollten dafür keine hausärztliche Überweisung brauchen. Die Inanspruchnahme dieser wichtigen präventiven Leistung sollte weiterhin direkt möglich bleiben – ohne zusätzliche bürokratische Hürden.
Es besteht die Gefahr, dass Hausarztengpässe zu längeren Wartezeiten oder schlechterer Versorgung führen. Auch der zusätzliche Koordinationsaufwand in unseren Praxen ist nicht zu unterschätzen. Andererseits: Wenn die Zusammenarbeit funktioniert, könnten Vorsorgeuntersuchungen wie die Darmkrebsvorsorge besser gesteuert werden. Digitale Lösungen wie ePA und elektronische Überweisungen könnten helfen – wenn sie richtig umgesetzt werden.
Das neue System bringt Veränderungen für unseren Praxisalltag – organisatorisch, aber auch wirtschaftlich. Eine klare Verbesserung der Honorierung ist aktuell nicht absehbar. Umso wichtiger ist es, dass wir Fachärztinnen und -ärzte unsere Interessen aktiv vertreten und die Umsetzung kritisch begleiten.
Ihr
Dr. med. Siegfried Heuer
Vorsitzender der Sektion Gastroenterologie
Erschienen in "Die Gastroenterologie" 5/2025