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| Gastbeitrag

TI? Am besten gemeinsam!

Nächstes Jahr soll auch die ambulante Pflege an die Datenautobahn im Gesundheitswesen angedockt werden. Die Motivation der Träger ist groß. Trotzdem sind einige Hürden zu nehmen.

© agenturfotografin – stock.adobe.com

Demografische Alterung, Fachkräftemangel, digitale Transformation. Das Gesundheitswesen ist einem enormen Wandel ausgesetzt. Digitalisierung scheint hier Teil der Herausforderung zu sein, könnte aber auch Teil der Lösung werden, wenn es uns gelingt, sie im Sinne einer dienenden Technik zu gestalten – gemeinsam und intersektoral. Dann könnten wir die Chancen von mehr Vernetzung, besseren Daten, effektiveren Medikationsplänen und effizienteren Prozessen hoffentlich flächendeckend spüren – von der Internistin, über den Pfleger bis zu den Bürgerinnen und Bürgern. Die Einbindung aller Akteure des Gesundheitswesens in die gemeinsame TelematikInfrastruktur (TI) ist dafür eine notwendige Voraussetzung. Das gilt auch für die Langzeit-Pflege.

Mit der gesetzlichen Rahmung, z.B. durch das DVPMG (Digitale Versorgung und Pflege Modernisierungsgesetz) und das PUEG (Pflegeunterstützungs- und -entlastungsgesetz) wurden nun Meilensteine und inhaltliche Entwicklungsschritte festgelegt. Das heißt konkret: Nächstes Jahr soll auch die ambulante Pflege an die TI angebunden sein.

Damit entsteht ein Vehikel, das eine sichere, digitale und intersektorale Kommunikation erlauben soll. Mit signierten „Nachrichten“ können verschiedenste Inhalte transportiert werden: vom Arztbriefen über Medikationspläne bis hin zu strukturierten Pflegeüberleitungsbögen. Damit dies gelingen kann, müssen die Akteure jedoch nicht nur finanziell, sondern auch mit Beratung und Schulung unterstützt werden. Zudem helfen transsektorale Vernetzungsformate, z.B. gemeinsame Workshops mit der niedergelassenen Ärzteschaft und der Pflege, den Krankenhäusern und Apotheken vor Ort. Denn erst wenn alle wirklich mitmachen, können sich auch für alle entsprechende Mehrwerte entfalten.

Um diesen gemeinsamen Weg erfolgreich zu gestalten, hat sich im Herbst 2022 auf Initiative des Landeskompetenzzentrum Pflege & Digitalisierung Baden-Württemberg sowie des Ministeriums für Soziales, Gesundheit und Integration Baden-Württemberg ein multiprofessionelles und sektorenübergreifendes Netzwerk gebildet: die TI-Steuerungsgruppe. In ihr sind Vertreter aller relevanten Akteure der Pflege (Leistungserbringer und -träger) und der mit ihr verbundenen Bereiche (z.B. Ärzteschaft und Apotheken) versammelt. Neben dem komplexen Installationsprozess – also der Beschaffung von Hard- und Software, elektronischem Heilberufeausweis (eHBA) und Institutionsausweis oder geeigneten Dienstleistern, dem Identitätsmanagement und nicht zuletzt der Finanzierung –, besteht eine weitere Herausforderung in der Schaffung entsprechender Rahmenbedingungen. Das geht mit einer Anpassung der Arbeitsorganisation einher und ist weitaus komplexer und langwieriger als die reine Implementation. Das sollte deshalb von Beginn an mitgedacht werden.

Während die großen Einrichtungen meist in große Trägerstrukturen und Wohlfahrtsverbände eingebunden sind, und zum Teil von dort zentrale Beratungsangebote erhalten, ist die Lage für die mehrheitlich kleineren Einrichtungen mit überschaubarer personeller Ausstattung und Infrastruktur eine ganz andere, was etwa die Informationstechnologie oder das Innovationsmanagement betrifft. Diese Einrichtungen gilt es im Besonderen zu unterstützen. Dabei hilft die aktuell vorhandene, große Motivation bei den Trägern. Spätestens mit der flächendeckenden Einführung der elektronischer Patientenakte (mit der geplanten Opt-Out-Regel) kann ein großer, gemeinsamer Datenraum entstehen, der die Mehrwerte für alle Beteiligten zusätzlich erhöhen wird. Damit wichtige Daten sektorübergreifend immer genau da vorhanden sind, wo sie in der Versorgung gebraucht werden. Dann könnte manches schon kurzfristig effektiver und langfristig vieles effizienter werden

Ein Gastbeitrag von Prof. Dr. Daniel Buhr und Thomas Heine, beide tätig im Landeskompetenzzentrum Pflege & Digitalisierung Baden-Württemberg (Tübingen), erschienen in der BDI aktuell 06/2023