Umso erfreulicher ist es, dass sich eine ganze Reihe von Vorschlägen und Kernforderungen des BDI im neuen Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD wiederfinden. Natürlich sind wir nicht mit allen Punkten einverstanden und manches ist auch nicht (mehr) so weit gediehen, wie erhofft. Doch der Grad an Übereinstimmung in vielen Bereichen ist beachtlich. Man könnte sogar behaupten: So viel BDI steckte bislang in keinem Koalitionsvertrag!
Verbindliche Patientensteuerung
Wovon reden wir konkret? An erster Stelle steht die im Vertrag angekündigte Steuerung der Patienten durch Haus- und Fachärzte. Seit Jahren fordert der BDI verbindliche Versorgungspfade, die Patientinnen und Patienten sowohl im Akutfall als auch in der Regelversorgung bedarfsgerecht in die richtige Struktur lotsen. Inzwischen ist die Notwendigkeit breiter politischer Konsens. Die Koalition plant ein verpflichtendes Primärarztsystem – und greift dabei eine zentrale BDI‑Forderung auf, indem internistische Fachärztinnen und Fachärzte systematisch in die Steuerung chronisch Erkrankter eingebunden werden. Dieser Passus entspricht der BDI-Position, dass Steuerung allein über Hausärzte weder realistisch noch sinnvoll ist.
Entbudgetierung: Schritt vor, halber Schritt zurück
Für das Ziel, Wartezeiten auf Arzttermine zu verkürzen, hatte der BDI schon in der vergangenen Legislatur für die Entbudgetierung gekämpft – mit Erfolg zunächst bei den hausärztlichen Leistungen. Der nächste konsequente Schritt, nämlich auch Fachärztinnen und Fachärzte von Budgets zu befreien, wird im Koalitionsvertrag allerdings nur noch „geprüft“ und nicht mehr – wie im vorbereitenden AG-Papier zumindest für unterversorgte Gebiete – verbindlich zugesagt. Das ist ein klarer Rückschritt, der korrigiert werden muss. Denn der BDI ist überzeugt: Wird eine fachärztliche Leistung auf Veranlassung eines Primärarztes erbracht, ist ihr Bedarf bereits nachgewiesen. Deshalb haben Budgets in einem Primärarztsystem keinen Platz!
Digitale Ersteinschätzung und Notfallreform
Der Verband hat früh betont, dass Patientensteuerung ohne strukturierte – idealerweise digitale – Ersteinschätzung nicht funktioniert. Dafür braucht es nicht nur Willenskundgebungen im Koalitionsvertrag, sondern konkrete Anwendungen, die alle Versorgungsbereiche einbeziehen. Gerade in der Notfallversorgung ist das entscheidend, weil Doppelstrukturen zwischen Klinik und Praxis viel Geld, Personal und Zeit kosten. Dass die Reform der Notfallversorgung „zeitnah umgesetzt“ werden soll und die Sozialversicherungsfreiheit für Ärztinnen und Ärzte im KVBereitschaftsdienst kommt, ist daher ein wichtiger Erfolg kontinuierlicher BDIArbeit.
Investorengetragene MVZ: Regulierung in Sicht
Ein weiterer Punkt ist die geplante strengere Regulierung investorengetragener MVZ (iMVZ), um rein renditegetriebene Strukturen zu verhindern. Schon 2023 haben wir eine BDI-Position zur Eindämmung dieser Art von MVZ veröffentlicht und damit den Grundstein gelegt. Jetzt sieht es so aus, als fände unsere Kritik endlich Gehör.
Krankenhausreform weiterdenken
Schließlich hat der BDI wichtige Argumente für die Weiterentwicklung der Krankenhausreform geliefert. Bei allem Reformdrang darf es nicht zu einer kalten Strukturbereinigung kommen, bei der vor allem kleine Häuser geschlossen werden müssen, ohne dass Alternativen bestehen. Dass jetzt eine Übergangsfinanzierung und flexible Ausnahmeregelungen im Koalitionsvertrag stehen, werten wir ebenfalls als unsere Handschrift.
Könnte an mancher Stelle mehr drin sein? Sicher. Zum Beispiel bei der Finanzierung vieler Vorhaben oder die Weiterentwicklung der Leistungsgruppen in der Inneren Medizin, wo wir immer noch großen Nachbesserungsbedarf sehen. Dennoch zeigt das Gesamtbild: Der BDI war präsent, hartnäckig und hat sein Know-how eingebracht – und das nicht nur punktuell, sondern kontinuierlich über Jahre hinweg.
Ja, politische Arbeit ist langwierig – man braucht Geduld und muss immer wieder gegen neue Widerstände anrennen. Aber sie zahlt sich aus. Internistinnen und Internisten sind eine zentrale Säule der Versorgung. Und mit dem BDI steht ihnen ein starker Berufsverband zur Seite, der ihre berufspolitischen Interessen wirksam vertritt.
Erschienen in BDIaktuell 5/2025