„Es geht heute um ein sehr wichtiges, aber unterschätztes Thema“, begann Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach sein Statement zur neuen Digitalisierungsstrategie. Es stimmt: Das riesige Potenzial digitaler Anwendungen für das Gesundheitswesen wird immer noch unterschätzt. Was möglich ist, zeigen unsere europäischen Partner. In vielen Ländern sind ePA oder E-Rezept bereits seit Jahren angekommen – der Weg zurück zum Analogen ist undenkbar.
Wenn wir unsere Gesundheitsversorgung auf das nächste Level bringen wollen, dann müssen wir nachziehen. Das Bundesgesundheitsministerium hat das verstanden. Die neue Digitalisierungsstrategie ist ein wichtiges Signal. Dabei liegt der Fokus, richtigerweise, auf den Nutzern. Wir können nur gute Anwendungen entwickeln, wenn wir Digitalisierung aus ihrer Perspektive betrachten. Als gematik machen wir das schon seit längerer Zeit. Wir gehen aktiv in den Austausch mit Ärzten, den Apotheken oder den Patienten. Ein Beispiel: In unserem aktuellen Discovery-Prozess zur ePA erarbeiten wir gemeinsam mit Fachgesellschaften, u.a. der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin, wie eine ePA optimal in den Praxisalltag integriert werden kann. Die Digitalisierungsstrategie bestärkt uns auf diesem Weg. Ebenso bestärkt uns der offene Austausch mit den Fachgesellschaften und ihre hohe Bereitschaft zum Mitgestalten. Die Hinweise sind sehr wertvoll für die Entwicklung digitaler Anwendungen.
Ein weiterer wichtiger Aspekt der Digitalisierungsstrategie ist der Zugang zu digitalen Anwendungen, der aktuell oft noch zu beschwerlich ist. Das liegt vor allem an den verschiedenen regulatorischen Vorgaben in Deutschland.
Wir haben zum Beispiel den strengsten Datenschutz in Europa, gehen sogar noch über die EU-Vorgaben hinaus. Das macht die Nutzung digitaler Anwendungen oft unattraktiv. Hier ist endlich ein Umdenken geplant. Wenn ein Patient sich in seiner ePA-App anmeldet, muss das schnell und einfach gehen – zum Beispiel mit einer digitalen Identität, durch Fingerabdruck-Scan oder Face-ID. Wir hoffen, dass mit der Digitalisierungsstrategie ein Knoten gelöst wurde, damit Nutzerfreundlichkeit und Datenschutz nicht mehr im Widerspruch zueinanderstehen.
Die Digitalisierungsstrategie gibt uns als gematik Rückenwind und neue Handlungsspielräume. Durch die noch engere Anbindung ans Bundesgesundheitsministerium werden wir schlagfertiger. Wir können digitale Innovationen dadurch zielgerichteter vorantreiben. Als Internisten werden Sie davon profitieren. Sie haben direkten Zugang zu Dokumenten, ohne ihren Kollegen hinterhertelefonieren zu müssen. Sie können sich schnell austauschen und mit wenigen Klicks E-Rezepte ausstellen. Der Wegfall telemedizinischer Begrenzungen schafft beste Voraussetzungen, damit sich Anwendungen wie das E-Rezept oder die ePA etablieren können. Durch die Stärkung der Genommedizin sowie der Datennutzung zu Forschungszwecken eröffnen sich Therapiemöglichkeiten, von denen wir vor einigen Jahren noch nicht einmal geträumt haben.
Die Ziele des Ministers sind ambitioniert und zeigen eine klare Vision auf. Wir arbeiten schon seit Jahren auf diese Vision hin. Schaffen können wir das aber nur gemeinsam.
Ein Gastbeitrag von Dr. med. Markus Leyck Dieken, Alleingeschäftsführer der gematik, erschienen in der BDI aktuell 04/2023