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Praxenkollaps! Im Protest vereint

© Neumann-Grutzeck

Die ständige Missachtung und Geringschätzung der Politik gegenüber den Vertragsärztinnen und -ärzten ist unerträglich. Jüngstes Beispiel ist das “Daten- und Faktenblatt zur ambulanten ärztlichen Versorgung”, welches das Bundesministerium für Gesundheit pünktlich zu den Honorarverhandlungen zwischen GKV-Spitzenverband und Kassenärztlicher Bundesvereinigung (KBV) veröffentlicht hat. Das Papier mutet wie eine einseitige Argumentationshilfe für die Krankenkassen an, um die überfällige Anpassung des Orientierungspunktwertes zu relativieren. Das stellt nicht nur einen schwerwiegenden Eingriff in die gemeinsame Selbstverwaltung dar, sondern verstößt auch gegen das staatliche Neutralitätsgebot. Als Allianz Deutscher Ärzteverbände haben wir unseren Unmut über dieses tendenziöse Vorgehen in einem offenen Brief an Bundeskanzler Olaf Scholz zum Ausdruck gebracht.

Gemeinsam protestiert haben wir auch in Berlin. Rund 800 Kolleginnen und Kollegen aus allen Länder-KVen und den Berufsverbänden waren am 18. August auf der Krisensitzung der KBV, um für die Zukunft der ambulanten ärztlichen und psychotherapeutischen Versorgung zu kämpfen. Die Stimmung war laut und kampfeslustig. Die Einigkeit war groß – etwas, das ich in dieser Form bisher nur selten erlebt habe. Das war beeindruckend und macht Mut, dass wir gemeinsam etwas bewegen können.

Das Krisentreffen in Berlin war ein guter Auftakt. Insbesondere, weil auch ein Katalog von sieben Forderungen inklusive konkreter Lösungsvorschläge verabschiedet wurde, wie ein Praxenkollaps aus ärztlicher Sicht verhindert werden kann. Als BDI unterstützen wir die Forderungen, die sich mit unseren Stellungnahmen und Positionspapieren weitgehend decken. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat bis 13. September Zeit, hierzu Stellung zu beziehen.

Die große Protestbereitschaft unterstreicht, wie ernst die Lage ist und welcher akute Handlungsbedarf auf Seiten der Politik besteht: Fachkräftemangel, Kostensteigerungen in allen Bereichen und Investitionsstau sowie eine fehlende Patientensteuerung sind alles keine neuen Entwicklungen. Die Auswirkungen spüren nicht nur die Patientinnen und Patienten, sondern sie gefährden auch die berufliche Perspektive junger Kolleginnen und Kollegen. Wie will man noch Interesse an der Niederlassung wecken?

Deswegen ist es wichtig und richtig, dass wir uns geschlossen gegen diese Politik wehren und gegenüber den politischen Entscheidungsträgern in Berlin und in den Bundesländern, den Kassen und für die Gesellschaft ein deutliches Zeichen setzen.

Wichtig ist, dass wir jetzt nicht lockerlassen und wir uns auch öffentlich wehren! An vielen Orten in Deutschland sind für die kommenden Tage und Wochen Aktionen der Niedergelassenen geplant. Dabei ist auch Ihr Einsatz entscheidend. Schließen Sie sich den Protestaktionen an, informieren Sie uns über geplante Aktionen und erheben Sie gemeinsam mit uns Ihre Stimme für ein System, in dem wir wertgeschätzt werden und wieder eine gute Patientenversorgung möglich ist.

Ihre

Christine Neumann-Grutzeck
Präsidentin

Erschienen in der BDIaktuell 9/2023