Grundlage der Krankenhausreform ist die Einführung von 65 Leistungsgruppen mit bundeseinheitlichen Qualitätskriterien. Leistungen sollen künftig nur noch in Krankenhäusern erbracht werden, die über das notwendige Personal, eine adäquate apparative Ausstattung sowie erforderliche Fachdisziplinen zur Vor-, Mit- und Nachbehandlung verfügen. Die Krankenhäuser können seit einem Monat die gewünschten Leistungsgruppen beantragen, in den meisten Ländern startet dieser Prozess Mitte des Jahres. Nordrhein-Westfalen ist Vorreiter und hat für die Leistungsgruppe „Komplexe Endokrinologie und Diabetologie“ bereits 43 Standorte in insgesamt 500 Kliniken beantragt. Die Voraussetzung dafür beinhaltet zwei Vollzeitstellen der Facharztkompetenz Innere Medizin und Endokrinologie und Diabetologie. Eine stichprobenartige Einsicht in die Fachabteilungen dieser Krankenhäuser zeigt jedoch, dass abgesehen von den Universitätskliniken in der Regel die Fachabteilung Diabetologie (nicht Endokrinologie) im Spektrum der Krankenhäuser aufgeführt wird.
Diabetologinnen und Diabetologen sowie Internistinnen und Internisten mit der Zusatzbezeichnung Diabetologie sind im Krankenhausversorgungverbesserungsgesetzt (KHVVG ) in der Leistungsgruppe „Komplexe Endokrinologie und Diabetologie“ aber nicht vorgesehen.
Laut einer Pressemitteilung der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG), die sich auf die Ärztestatistik 2023 vom 18.4.2024 der Bundesärztekammer beruft, sind derzeit in Deutschland aber nur 150 Ärztinnen und Ärzte mit der Facharztweiterbildung Endokrinologie/Diabetologie in der stationären Patientenversorgung tätig (1). Es ist also zu vermuten, dass sich nach korrekter Analyse der tatsächlich vorhandenen Facharztkompetenzen in den Kliniken, die die Leistungsgruppe „Komplexe Endokrinologie und Diabetologie“ beantragt haben, die Anzahl von 43 Kliniken in Nordrhein-Westfalen deutlich reduzieren wird. Denn wenn man sich auf die offizielle Ärztestatistik der Bundesärztekammer bezieht, wären dann von den 150 Endokrinologen und Diabetologen, die in ganz Deutschland tätig sind, allein 86 Kolleginnen und Kollegen in Nordrhein-Westfalen tätig.
Die Selbstauskunft der Krankenhäuser zur Erfüllung der Qualitätskriterien in der Leistungsgruppe soll entsprechend der Gesetzesvorlage vom medizinischen Dienst überprüft werden. Die Länder müssen bis spätestens Ende Oktober 2026 mit der Zuweisung der Leistungsgruppe fertig sein. Aktuell sind die wissenschaftlichen Fachgesellschaften im Gespräch darüber, wie mögliche Engpässe überwunden und Kompromisse gefunden werden könnten.
Wie schon früher berichtet, bietet das KHVVG aber trotz dieser Anfangsschwierigkeiten Chancen, die Bedeutung des Schwerpunktes Endokrinologie und Diabetologie für die Patientenversorgung zu stärken.
Analysen zur tatsächlichen Versorgungssituation in Deutschland mit Fachärztinnen und Fachärzten im Schwerpunkt Endokrinologie und Diabetologie sind in Planung, um den Bedarf korrekt zu berechnen. Aktuelle Zahlen sind aus verschiedenen Gründen unzuverlässig. Dazu gehört, dass zum Beispiel Kolleginnen und Kollegen mehrere Schwerpunktbezeichnungen besitzen, aber nur in einem Schwerpunkt tätig sind. Ebenso tauchen Diabetologen ohne den Schwerpunkt Endokrinologie /Diabetologie in den Statistiken auf. Die geplante Versorgunganalyse ist politisch wichtig, um Strukturen auf allen Gebieten, beginnend von der Weiterbildung bis hin zu neuen Versorgungsformen ambulant/stationär und idealerweise sektorenübergreifend zu entwickeln.
Ihre
Dr. med. Cornelia Jaursch-Hancke
Vorsitzende der Sektion Endokrinologie/Diabetologie
Erschienen in "Die Diabetologie" 3/2025